Maik Klingenberg ist nicht gerade der Beliebteste in seiner Klasse. Er ist der klassische Außenseiter, hat nicht wirklich Glück bei den Mädels und fällt auch sonst kaum auf. Kein Wunder, dass ihn das schönste Mädchen in der Schule nicht bemerkt. Doch eines Tages betritt „Tschick“ die Klasse. Der Junge aus Russland wirkt unzugänglich, trägt furchtbare abgetragene Klamotten und bringt selbst die coolen Jungs aus der höheren Stufe dazu, die Straßenseite zu wechseln. Maik findet Tschick seltsam. Doch Tschick findet Maik interessant. Und so steht er zu Beginn der Sommerferien vor Maiks Haustür. Die Mutter, die zuviel trinkt, ist mal wieder auf Entzug, der Vater auf Geschäftsreise. Für Tschick ist die Sache klar: Maik und er sollten raus hier, einfach mal weg. Das passende Gefährt dafür, einen alten Lada, hat Tschick schon „geliehen“, und Maik steuert das Geld bei, das sein Vater ihm dagelassen hat. Tschick scheint jedoch so gar keinen Plan zu haben, wo es überhaupt hingehen soll. Maik ist skeptisch. Und weiß noch nicht, dass er diesen Sommer nie mehr vergessen wird. Der Erfolgsroman TSCHICK von Wolfgang Herrndorf erschien im Jahr 2010 und wurde bis heute weit über 2 Million Mal verkauft. Nun hat sich Fatih Akin der Vorlage angenommen und aus der Geschichte über die Freundschaft zweier Jungs, die gegensätzlicher nicht sein können, einen herrlich beschwingten Road Trip gemacht. Die Geschichte lebt von der Spontaneität und Unerwartbarkeit der Ereignisse, von der Sommerstimmung der großartigen Bilder des Kameramanns Rainer Klausmann und von den sensationellen Darstellern, die ihre Rollen federleicht verkörpern. Tristan Göbel ist Maik, der als unscheinbarer Junge im Laufe des Films erwachsener, reifer und ein großes Stück selbstbewusster wird. Und Anand Batbileg ist Tschick, der nach außen hin furchtbar cool tut und dennoch nach und nach ganz viel Wärme und echte Gefühle offenbart, wozu auch Ängste und Selbstzweifel gehören. Zusammen entwickeln die beiden eine großartige Chemie, perfekt ergänzt durch ein stimmiges Ensemble. Als Road Movie funktioniert TSCHICK ebenso gut wie als Coming-Of-Age-Geschichte, denn zusammen mit den Beiden begibt sich der Zuschauer auf eine Reise und sieht ihnen dabei zu, wie sie an ihren Erlebnissen und Erfahrungen reifen und dabei herrlich skurrilen und doch authentischen Figuren begegnen. Der Soundtrack steckt voller guter Tracks, wobei die Auswahl des Titeltracks, Richard Claydermans „Pour Adeline“, dem Trip einen ganz besonders nostalgisch-verdrehten Charme verleiht. Nicht alle kleinen Geschichten in diesem großen Film werden am Ende auserzählt. Doch viel wichtiger erscheint es sowieso, mit Maik und Tschick die wunderschönen Momente auf der Reise zu erleben. Fatih Akins TSCHICK ist eine kongeniale und stimmungsvolle Umsetzung der gefeierten Vorlage. Spannend, unterhaltsam und mitreißend. Und dazu ein Film, der zu Herzen geht.
Jurybegründung:
Wolfgang Herrndorfs Buch Tschick ist nicht nur eines der erfolgreichsten Jugendbücher der letzten Jahre, sondern erfreut sich auch in seiner Bearbeitung für das Theater größter Beliebtheit und zählt hierzulande zu den meistgespielten Bühnenstücken überhaupt. Klar, dass das Interesse an der filmischen Umsetzung entsprechend groß ist, zumal sich mit Fatih Akin nicht gerade ein Leichtgewicht des Stoffes angenommen hat. Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen und fängt den zärtlich-anarchistischen Geist der Vorlage kongenial ein.
Kurz vor Beginn der Sommerferien kommt ein neuer Mitschüler in die Klasse des 14-jährigen Maik Klingenberg. Wie dieser ist auch Tschick (eigentlich Andrej Tschichatschow) ein Außenseiter, was sich unter anderem darin äußert, dass alle Mitschüler von der Klassenschönheit Tatjana, in die Maik heimlich verliebt ist, zu deren großer Party eingeladen werden - außer dem „Assi“ (Tschick) und dem „Psycho“ (Maik, der diesen Spitznamen seit einem schonungslos offenen Aufsatz über seine alkoholkranke Mutter innehat). Eher widerwillig freundet sich Maik mit dem jungen Spätaussiedler an, der gerne mal betrunken in der Schule erscheint. Doch als Maiks Mutter ein weiteres Mal in eine Entzugsklinik muss und sein Vater sich mit seiner blutjungen und bildhübschen Assistentin auf eine „Dienstreise“ begibt, muss Maik die Zeit totschlagen - und da kommt Tschick wie gerufen, der eines Tages mit einem automobilen Ungetüm, einem Lada Niva, vor der Tür steht und sich in den Kopf gesetzt hat, seinen Onkel in der Wallachei zu besuchen. Also geht es los - ohne einen Plan, nahezu ohne Geld und natürlich ohne Führerschein.
„Der süße Sommer der Anarchie“ - so könnte man die Handlung und die Atmosphäre von Fatih Akins gelungener Verfilmung des kultisch verehrten Buchs umschreiben. Und der Hamburger Regisseur erweist sich - man ahnte es bereits - als wahrer Glücksgriff für Herrndorfs Vorlage. Der Film ist treffsicher und punktgenau besetzt. Die jugendliche Auf- und Ausbruchsstimmung wird kongenial von einer treffenden Songauswahl unterstützt, die das Lebensgefühl sowohl der Protagonisten wie auch des anvisierten Publikumssegments auf den Punkt bringt. Auch fürs Auge hat der Film einiges zu bieten: Sehenswert sind die Locations, die Fatih Akin und sein Team gefunden haben, dezent werden hier Themen wie Vermüllung und Umweltverschmutzung eingeschoben, ohne dabei den moralischen Zeigefinger zu heben. Unterstützt von einer ausgezeichneten Kamera- und Schnittarbeit entwickelt TSCHICK einen Rhythmus und Drive, der Wolfgang Herrndorfs Vorlage gerecht wird, ohne diese stur nachzuahmen. Vielmehr hat man das Gefühl, dass sich Autor und Regisseur hier gesucht und gefunden haben. Schön, dass der vor kurzem aus dem Leben geschiedene Schriftsteller solch eine Würdigung erfährt - und noch schöner, dass das Publikum im Kino daran teilhaben darf.
FBW-Jugend-Filmjury:
(www.jugend-filmjury.com)
„Wir können nicht jedes Mal, wenn das Benzin alle ist, ein neues Auto klauen!“ Der 14 jährige Tschick ist der Neue in Maiks Klasse. Beide sind nicht gerade beliebt und verstehen sich erst auch nicht besonders gut. Maik ist in den Ferien alleine und hat keinen Plan, was er machen soll. Sein Vater ist für 14 Tage mit seiner Kollegin Mona auf einer „Geschäftsreise“ und seine Mutter in einer Entzugsklinik. Doch als Tschick mit einem geklauten Auto vor seiner Haustür steht, beginnt eine abenteuerliche Reise durch die ostdeutsche Provinz. Während der Reise entwickelt sich Maik vom unauffälligen Außenseiter zum selbstbewussten Jugendlichen und zwischen ihm und Tschick entsteht eine gute Freundschaft. Doch die Reise endet abrupt. Wenn man sich dazu entschließt, in den Film „Tschick“ zu gehen, sollte man keinen „Feel-Good“ Film erwarten. Dieser Film hat Höhen und Tiefen, die der Zuschauer dank der atemberaubenden Kameraführung und der passend ausgewählten Musik miterleben darf. Die schauspielerische Leistung beider Hautdarsteller hat uns überzeugt, denn sie spielen auch die schwierigsten Szenen sehr überzeugend. Um von dem Film begeistert zu sein, muss man nicht unbedingt das Buch von Wolfgang Herrndorf gelesen haben. Gut gefallen hat uns auch, dass in dem Film nichts geschönt wurde und er dadurch realitätsnah war. An dem Jugend-Abenteuer „Tschick“ können nicht nur Jugendliche ab 12 Jahren Gefallen finden, sondern auch Erwachsene. Wer sich diesen Film nicht anschaut, verpasst eine rührende Geschichte mit zwei tollen Jungs.
melancholisch: 4 Sterne
spannend: 4 Sterne
unterhaltsam: 5 Sterne
traurig: 3 1/2 Sterne
abenteuerlich: 4 1/2 Sterne
Gesamtbewertung: 4 Sterne.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)