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Boxhagener Platz: Noch keine Beschreibung

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Handlung und Hintergrund

1968, Ostberlin, Boxhagener Platz, Familie Jürgens. Junior Holger versucht, die Kindheit hinter sich zu lassen und erste Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht zu machen. Die hat ihm Oma Otti voraus, die bereits fünf Ehemänner beerdigt hat - und Nummer sechs ist auch schon mit einem Bein im Jenseits. Weil sich seine Eltern häufiger streiten, flüchtet Holger immer öfter zur Großmutter. Dann wird ein ehemaliger Nazi erschlagen aufgefunden. Mit der Suche nach dem Täter wird so manches intime Geheimnis hochgespült.

1968. Ost-Berlin, Boxhagener Platz. Familie Jürgens. Junior Holger versucht, die Kindheit hinter sich zu lassen und erste Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht zu machen. Die hat ihm Oma Otti voraus, die bereits fünf Ehemänner beerdigt hat - und Nummer sechs ist auch schon mit einem Bein im Jenseits. Weil sich seine Eltern häufiger streiten, flüchtet Holger immer öfter zur Großmutter. Dann wird ein ehemaliger Nazi erschlagen aufgefunden. Mit der Suche nach dem Täter wird so manches intime Geheimnis hochgespült.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Matti Geschonneck
Produzent
  • Jakob Claussen,
  • Nicole Swidler,
  • Uli Putz
Co-Produzent
  • Torsten Schulz
Darsteller
  • Gudrun Ritter,
  • Michael Gwisdek,
  • Samuel Schneider,
  • Jürgen Vogel,
  • Meret Becker,
  • Milan Peschel,
  • Horst Krause,
  • Matthias Matschke,
  • Ingeborg Westphal,
  • Hans-Uwe Bauer,
  • Claudia Geisler,
  • Hermann Beyer,
  • Klaus Manchen,
  • Dieter Montag,
  • Volkmar Kleinert,
  • Winnie Böwe,
  • Sebastian Hülk,
  • Thomas Bading
Drehbuch
  • Torsten Schulz
Musik
  • Florian Tessloff
Kamera
  • Martin Langer
Schnitt
  • Dirk Grau
Casting
  • Simone Bär
Buchvorlage
  • Torsten Schulz

Kritikerrezensionen

    1. „Boxhagener Platz“ ist wie die gleichnamige Romanvorlage von Torsten Schulz, der auch das Drehbuch schrieb, eine skurrile Ostberliner Kiezgeschichte. Obwohl es das Jahr 1968 ist und im DDR-Fernsehen berichtet wird, dass der große Bruder Sowjetunion die Konterrevolution in Prag zerschlagen konnte, interessiert sich Oma Otti nicht für Politik. Ihr zwölfjähriger Enkel erfährt in ihrem aus der Zeit gefallenen Alltag dafür Wichtiges über die Liebe, die Verdauung und die Männer. Die nahe Kneipe „Feuermelder“ ist zum Refugium alter Trinker geworden, die die sozialistische Gesellschaft nicht mitgestalten. Doch was der Ex-Spartakist Karl Wegner erzählt, schärft Holgers Blick für die Gegenwart.

      Regisseur Matti Geschonneck, der selbst am Boxhagener Platz aufwuchs, inszeniert die schrullige Komödie im Stil der Buchvorlage. Oma Otti und die nicht immer jugendfreien Weisheiten, die sie ihrem Enkel Holger zumutet, sorgen auch im Film für Verblüffung und gute Laune. So unkorrekt redet man heute nicht, so oft gibt es nicht mehr Kohlrouladen mit Kartoffeln, die Möbel sind nicht mehr so riesig und dunkel, dass man sich wie in einem Lagerraum vorkommt. Oma Ottis Welt ist nur irrtümlich in der DDR gelandet. Von einer Kontinuität der Geschichte kann hier nicht die Rede sein, das neue System mit seinen Fortschrittsparolen ist, das zeigen diese Bilder, nicht organisch gewachsen. In diesem Kiez wird für ein paar Momente Geschichte von unten sichtbar, ein Bruchstück der 68er, zu wenig wichtig, um irgendwo dokumentiert worden zu sein.

      Rudi, der sechste Gatte von Oma Otti, wird von ihr kurz gehalten. Wenn er sich vom Schlafzimmer aus an den Gesprächen von Großmutter und Enkel beteiligen will, macht sie schon mal die Tür zu. Und selbst seine Trauerfeier bricht Oma Otti ungeduldig ab. Gudrun Ritter spielt die berlinernde Seniorin voller Energie und mit dieser praktisch veranlagten Sachlichkeit, die wenig Rücksicht auf Gefühle nimmt. Sie bringt ihre Figur viel besser zur Geltung als das geschriebene Wort. Michael Gwisdek spielt ihren neuen Partner Karl Wegner als weichherzigen Mann, der Holger mehr Wahrheiten anvertraut, als die anderen Erwachsenen.

      Jürgen Vogel stellt völlig uneitel Holgers Vater dar, den Wachmann des Viertels und eine vorwärtsstrebende, aber geduckte Figur. Eifrig darum bemüht, sich als wichtiges Mitglied von Polizei und Gesellschaft zu beweisen, erntet er nur die Verachtung seiner Frau. Das Zerwürfnis seiner Eltern kann Holger nicht dechiffrieren, denn die suchen ihre Rolle in der jungen DDR auch noch: innere Opposition oder Zustimmung um den Preis moralischer Widersprüche.

      Holgers Mutter Renate, gespielt von Meret Becker, rebelliert gegen den Ehemann, gegen die Anpassung: Sie flüchtet in die Disco, wo eine Gruppe braves, volkstümliches Liedgut vorträgt, welches aber ganz herrlich in einen schnellen Beat mündet, zu dem Renate wild, fast so wild als wäre sie im Westen, abtanzen kann. In solchen Szenen erreicht der kenntnisreiche Film eine bezaubernde Qualität. Der 14-jährige Newcomer Samuel Schneider spielt Holger als weitgehend stummen Zuhörer, der im Laufe des Geschehens aber wie im Buch eine richtige coole Aura bekommt.

      Fazit: Gudrun Ritter nimmt als Oma Otti kein Blatt vor den Mund und sorgt für frischen Wind in dieser stimmungsvollen Kiezkomödie aus dem Ostberlin des Jahres 1968.
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      1. Der heranwachsende Holger erlebt die aufwühlenden politischen Veränderungen des Jahres 1968 im Kiez am Boxhagener Platz in Ostberlin. Revolte, Linientreue und Flucht in den Westen sind die zentralen Themen in diesem Mikrokosmos, der plötzlich durch einen rätselhaften Mord an einem Fischhändler aus der Nachbarschaft in Unruhe gerät. Regisseur Matti Geschonneck zeichnet nach der gleichnamigen Romanvorlage von Torsten Schulz ein dichtes Sittenbild der Ostberliner Gesellschaft mit einer beeindruckend authentischen Ausstattung nach. Gudrun Ritter als Oma Otti und der Newcomer Samuel Schneider als Holger sowie seine Eltern gespielt von Meret Becker und Jürgen Vogel bieten eine brillante schauspielerische Leistung, die abgerundet wird von namhaften, ehemaligen DEFA-Darstellern in stimmig eingeflochtenen Nebenrollen. Eine hervorragende Melange aus privater Geschichte und politischen Umständen!

        Jurybegründung:

        BOXHAGENER PLATZ ‚der erste Kinofilm des Regisseurs seit MOEBIUS (1991) - allerdings nach einer stattlichen Anzahl vorzüglicher Fernsehfilme - ist für Matti Geschonneck ein ‚Heimatfilm‘. In mehrfacher Hinsicht. Geschonneck wuchs in unmittelbarer Nähe auf, erlebte in den erzählten Jahren seine DDR-Sozialisation. Es ist ein Blick zurück, nicht im Zorn, aber auch nicht mit einem ‚Ostalgie‘-Etikett. Es ist schon eine besondere, ganz eigene und persönliche Reflexion.
        BOXHAGENER PLATZ erinnert an das Lebensgefühl einer versunkenen Welt, mit ihren Abschottungen und Limitierungen, dem sich einrichten in Nischen, dem Balancieren zwischen Räsonieren, Aufmüpfigkeit und Schweigen. Es geht um kleine Freuden und große Sehnsüchte.

        Wir sehen mit den Augen eines 12-Jährigen auf diese Welt, lernen mit ihm die wundervolle, lebensschlaue Oma Otti kennen, die mehrere Ehemänner überlebt hat und wieder die Liebe wagt. Es kommt zur Begegnung mit dem einstigen Spartakisten Karl Wegner (‚…ist immer alles schief gegangen, was wir uns erträumt hatten.‘), bei dem die einstigen Utopien und Träume der Ernüchterung weichen.

        Das Biotop des Kiezes wird aber auch von der ‚großen Zeitgeschichte berührt: Von den Dächern regnen Flugblätter gegen den Einmarsch der ‚Bruderländer‘ in die CSSR, in Westberlin revoltieren die Studenten. Der ‚Heimatfilm‘ fügt sich zu einem markanten filmischen Sittenbild der DDR. Es ist keine grelle, plakative Zeichnung, kein Gestus hysterischer Polemik oder ein Baden in Betroffenheiten. Es ist ein eher stilles, grüblerisches Nachdenken, ein Nachdenken über innere Befindlichkeiten, die das System überlebt haben. Die ‚Enge‘ des Boxhagener Platzes ist keine Enge des Films. Der Film öffnet Räume der Assoziationen und Reflexionen. Er gibt z.B. Anlass, über Adornos berühmten Satz ‚Es gibt kein richtiges Leben im falschen‘ zu meditieren.

        Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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