Bruno Ganz muss man eigentlich gar nicht mehr in einem Film besetzen, vor allem nicht als Politiker. Zu sehr ist er A. Hitler, auch wenn bei ihm hier als Schweizer Bundespräsident der Schnauzbart etwas breiter ist.
Und: Wenn Bruno Ganz dabei ist, ist klar, dass der Film ernst sein will, eine menschlich-dramatische Botschaft ausdrücken will, gerade auch in diesem Fall vom großen Kater, erster Mann im Staate, der sich durch private Probleme und politische Intrigen durchkämpfen muss. Da wollen die Filmemacher etwas aussagen, wollen in die Grundfeste der condition humana eindringen. Und merken nicht, dass der Stoff in einer Komödie viel besser aufgehoben gewesen wäre; und dass mit satirischem Ansatz das Anliegen des Films viel treffender hätte verfolgt werden können.
So aber, wie er ist, bemüht sich der Film um philosophische Fragen über die Zeit, die dem Menschen zugeteilt ist, und über den Willen und wie frei man ihn ausüben kann. Zeigt den Präsidenten Kater ganz menschlich in den zwei Tagen, die der Film erzählt, in denen sich für Katers Karriere wie für sein Menschbleiben alles entscheidet. Zeigt ihn in einer Krise, nicht nur in einer Krise seiner Umfragewerte, auch in einer seiner Beziehung mit Ehefrau Marie und seiner eigenen Persönlichkeit: er merkt, dass er dabei ist, sich selbst zu verlieren; so wie er seinen achtjährigen Sohn verliert, der todkrank mit Krebs im Endstadium in einer Klinik liegt. Und zudem will der Film einen Blick hinter die Kulissen eines hochoffiziellen Staatsbesuches werfen, auf die Rädchen im politischen Getriebe, auf die Intrigen der Ehrgeizlinge und schnell Beleidigten.
Ach, und dabei ist der Film so verlogen! Kater macht eine Wandlung durch, er, der die Einfachheit des Lebens und des Denkens vermisst, wie er sie in seiner Kindheit erlebt und gefühlt hat, der deshalb Zweifel bekommt, Skrupel wegen seiner Amtsführung, der das Opfer einer Machtrintige wird. Und so im Kontrast zu den Usurpatoren am Ende als der Reine und Gute dasteht. So läuft das aber mit Sicherheit nicht im Politbusiness, seine Rückkehr am Ende zu anfänglicher Unschuld ist betuliche Beschwichtigung, wo der Film eigentlich auch wahrhaftig das Politische und Private eines Staatsmannes hätte ausleuchten können. Regisseur Wolfgang Panzer hat eine Entscheidung getroffen wie das Ehepaar Kater am Krankenbett des Sohnes: zu lügen, die grausame Wahrheit zu verschweigen, Positives darzustellen, wo nur Negatives wartet.
Womit der Film den Tod des Kindes genauso instrumentalisiert, wie er dies eigentlich in seiner Handlung verurteilt. Da ist Marie äußerst sauer, weil sie ihren Mann verdächtigt, aus der Krankheit des Sohnes einen Mitleidsbonus für die Wählerschaft herausholen zu wollen nichts anderes aber tut Der große Kater, wenn er das private Leiden der Katers zur Zuschaueremotionalisierung benutzt und zum Hebel macht für Katers Wandlung zum Guten.
Gegen Anfang des Films läuft Kater, der Bundespräsident, mit schüchtern gemurmelter Entschuldigung mitten durch eine Schülergruppe, die gerade den Palast besichtigt: schon in dieser Szene verliert der Film seine Glaubwürdigkeit.
Fazit: Zwar hat Der große Kater Qualitäten: Schauspieler, Kamera, Inszenierung, alles solide. Aber der Film weicht mit seiner Betulichkeit allzu sehr vom harten Politischen ins Allzumenschliche aus und wäre sicher auf einem 20.15 Uhr-Programmplatz im Fernsehen besser aufgehoben.