Wenn einer seinen Freund davon überzeugt, wie wichtig es ist, endlich mal wieder Sex zu haben, und der sich dann nach Kräften und weils eine Komödie ist vergeblich bemüht: Dann ist das eigentlich ein Plot für eine Teeniekomödie mit den typischen Zutaten von Highschool, Party und den Versuchen, irgendwo zu landen. Gianni Di Gregorio übernimmt diese Muster verändert aber die Zielgruppe. Denn bei ihm geht es um die Generation 60 plus mit all ihren sexuellen, finanziellen und beziehungstechnischen Nöten inklusive Generationenstreit, denn Gianni hat im Film einige Reibereien mit seiner Mutter er ist 60, und sie über 90.
Gianni und die Frauen ist keine Fortsetzung, kein Spin Off zu Di Gregorios vorherigem Erfolgsfilm Ein Festmahl im August. Aber dennoch spielt er wieder die Hauptrolle des Gianni, und Valeria Di Franciscis Bendoni spielt wieder seine Mutter und was für eine. Aufgedonnert in extravaganten Kleidern, mit heftig blondiertem Haar über kräftig gebräuntem faltigem Gesicht gibt sie ihr Geld in vollen Zügen aus, lässt auch mal Hummer und Champagner verderben und lebt ihr dolce vita was bedeutet, dass Gianni wegen jeder Kleinigkeit bei ihr antanzen darf. Während Gianni von seinem besten Freund darauf gestoßen wird, was ihm im Leben so alles fehlt, nämlich eine Geliebte. Sogar der Schlurfi im Trainingsanzug, der die ganze Zeit vorm Tabakladen hockt, hat eine, und wie er rangeht! Und Gianni? Er ist ein Nichtstuer in Frührente, sieht seine berufstätige Frau morgens und abends und hat mit der fast erwachsenen Tochter weniger zu tun als mit deren Freund, den er eigentlich für einen Loser hält, in dem er sich aber ziemlich spiegelt.
Das Schöne am Alter ist, dass man abgehoben ist von der Aufgeregtheit, und dass sich Verzweiflung nicht mehr in aktionistische Hektik auswachsen muss. Weshalb der Film auch anders als Highschool-Comedies nicht überdreht wirkt, sich nicht in Klamauk ergibt. In der Ruhe liegt die Kraft: Denn das Unterspielte steht in schönem Kontrast zum Aufruhr der Hormone, der Gianni antreibt
Zwar gibt es auch hier Situationen mit drastischer Komik doch das ist das Schöne an diesem Film, dass er auch eine Autofahrt unter Viagraeinfluss nicht mit der Komik der Peinlichkeit anfüllt, sondern sie relativ dezent aber mit Platz für Imaginationen des Zuschauers auslaufen lässt.
Gianni Di Gregorio, der Regisseur, spielt die Hauptrolle gleichen Namens, auch bei allen anderen Figuren stimmen Schauspieler- und Rollenname überein. Das soll die Nähe der Spieler zu ihren Figuren bezeugen, soll Authentizität bringen und ist zugleich ein kokettes Spiel mit der Möglichkeit des Realen im Filmischen. Ähnlich wie Woody Allen oder Nanni Moretti, die immer wieder die Kunstfiguren ihrer Alter Egos inszenieren, baut sich Di Gregorio eine Film-Welt auf, die scheinbar mit seinem realen Dasein ziemlich deckungsgleich ist gedreht hat er etwa im römischen Stadtteil Trastevere, wo er sein Leben lang gelebt hat. Und natürlich arbeitet er mit Improvisationen, lässt seine Darsteller ihre Szenen selbst erarbeiten und ihre Dialoge in eigenen Worten wiedergeben.
Die Spritzigkeit, die Leichtigkeit, der Charme, die neckische Frivolität des Films kommen auch von dieser Reibung des Realen mit den fast schon skurrilen Versuchen Giannis, Frauen aufzureißen; und dabei immer wieder abzublitzen. Die Pflegerin der Mutter, die Tochter einer Freundin der Mutter, eine alte Jugendfreundin; oder die Nachbarin, für die Gianni die Hunde ausführt? Oder die Zwillinge, die sein Freund, der Lebemann mit so vielen amourösen Abenteuern, anschleppt? Ist die Welt nicht angefüllt von jungen, schönen Menschen? Oder vielleicht doch nur von alten, schwachen Typen, die den ganzen Tag auf den Parkbänken rumhängen und an denen das Leben vorbeiläuft? Gianni läuft einem Traum hinterher, den er zu träumen müssen glaubt und der Film selbst wirkt wie ein solcher schöner Traum, der sich von der Realität absetzt und ein Eigenleben beginnt. Ein Traum, der bis zum Ende ganz unverhohlen die Sehnsucht des Mannes nach ihm zugetanen schönen Frauen feiert das wäre ja tatsächlich nicht das schlechteste aller Leben.
Fazit: Chercher la femme auf italienisch: Ein leichter, höchst vergnüglicher Sommerfilm über das Eine, das einen auch im Alter nicht loslässt. Und weil der Film so lustig ist, ist er nicht nur was für die sogenannten Best-Ager.