Wo Marvel mit Captain America, Thor und den X-Men First Class dieses Jahr auftrumpft, will DC, der zweite große US-Comicverlag, nicht zurückstecken. Ehe der DC-Held Batman unter Christopher Nolan 2012 zum dritten Mal auftritt, hat man nun Green Lantern ins Rennen und auf die Kinoleinwand geschickt. Unter anderem Grüne Leuchte hieß die Figur in den Comics hierzulande, und der Name ist quasi Programm: entsprechend farblich ist der Heroe gekleidet, entsprechend leuchtet sein außerirdischer Super-High-Tech-Zauberring, der es ihm gestattet, zu fliegen und sich alles, was er sich vorzustellen vermag, Gestalt annehmen lässt. Grüne Gestalt, natürlich.
Klingt beknackt, und wer vorab Trailer oder Kinoplakat zum Green Lantern-Film sah, kam aus dem Kopfschütteln nicht heraus: Nicht euer Ernst, oder?! Denn auf den ersten Blick erscheint das Ganze als kunterbunt-grüner Plastikhumbug mit einem Overkill an CGI, und das in 3-D, klar. Und, was soll man sagen, der Eindruck täuscht nicht. Freilich: Der ganze grüne Käse macht auf seine Art durchaus Spaß.
Wäre ja auch verwunderlich, wenn Green Latern so völlig in die Hose gegangen wäre, denn niemand anderes als Martin Campbell hat Regie geführt, und der hat nicht nur mit GoldenEye und Casino Royale zweimal die James-Bond-Filmreihe neuerfunden (oder: aus dem Dreck gezogen), sondern auch schon mit den Zorro-Filmen mit Antonio Banderas bewiesen, dass er famoses schwungvolles Popcornkino kann. Wozu stets auch sein Vorzugs-Cutter Stuart Baird beiträgt, der nun Green Lantern geschnitten hat.
Eine anspruchsvoll-düstere Batman-Bildergeschichten, einen ausgefeilten halbrealistischen Marvel-Epos oder sonstein Comic-Charakterdrama wie es momentan Mode ist, darf man hier nicht erwarten: Green Lantern ist ganz klassisches, fast traditionell zu nennendes Superhelden-Storygarn, gerade zum Ende hin sehr fusselig und dünn, eines der Sorte Fantasy-Science-Fiction, dazu getränkt mit einer altmodischen Heroen-Ideologie: Als kruder Mix aus Farbberatung (Grün sind die Guten, Gelb die Schlechten) und naiver Besinnungs- und Gefühlsenergetik wird ein Welt- und Wertbild gezeichnet, das einer Thea von Harbou (Metropolis Das Herz als Mittler zwischen Unternehmer-Hirn und Arbeiter-Hand) zur Ehre gereicht hätte: Grüne Energie = Wille, Wille = gut; Furcht = schlechte (gelbe) Energie = lähmt Wille. Dann kommt Hal, der latent Furchtsame, der Unwürdige, Nicht-Spartaner (so wird ihm nach seinem ersten im wahrsten Sinne [i]Ausflug[/i] nach Oa von Ober-Green-Lantern-General Sinestro, souverän gespielt von Mark Strong, klargemacht). Aber zuletzt ist es gerade Jordans Obacht! [i]Mut[/i], der ihm als schwächlichen Menschling den Sieg beschert. Weil: Mut überwindet Angst.
Kurzum, nur die Harten kommen in den (grünen) Garten, kriegen die Maid (nie aber, nie nie nie der hässliche, mutierte Wissenschaftler-Nerd!), und Furcht ist nur dazu da, überwunden zu werden, ansonsten ehrlos, ganz pfui. Das Marine-Corps hat sicher seinen Spaß an diesen naiv-simplen Gut-Böse-Modell und Stein-Schere-Papier-Spiel. Und wo schon intergalaktische erdverschlingende und seelenaussaugende Monster aus Energie und amorpher Masse mit grünen Riesenfäusten aus Licht (aus grünem, genauer: aus grünem Ring-Licht!) verhauen werden, da ist ohnehin schon alles egal.
Nein, bei Green Lantern ist in diesem sinnfreien Durcheinander und Aufeinanderlos von Emotionsenergien, Strahlen und Materie, mit dem SciFi-Konzept von alten Weisen und Grünen Leuchtern (die alle von je einem anderen Planeten kommen und das große kurze Krisentreffen auf Oa erscheinen lässt, als hätte man nochmal die ganze Star-Wars-Figurenkiste ausgeleert) nein, also, wer da was ernste nimmt ist selber schuld und sei hiermit gewarnt. Zu genießen gibt es einen hirn- und sinnfreien Augenschmaus; ein bisschen sowas wie die Batman-Film-Tollereien von Joel Schumacher in den 1990ern.
Und Green Lantern ist ein Augenschmaus und eine Sause ganz für sich, auch wenn nicht wirklich Kapitalgeschlagen und erst im Nachhinein auffällt, dass eigentlich der ganze Film nur aus Origin-Story besteht und Hal gar nicht so richtig zum Einsatz kommt. Die Inszenierung lässt nicht meckern, die GCI-Welten und -Ideen funktionieren überraschen gut, von der gar nicht so schlimmen (und nicht so, wie im Trailer, hypergrünen) Oa-Welt bis hin zu den leuchtenden lebendenden Heldenanzügen, die ebenfalls komplett aus dem Computer stammen und in mehrfacher Hinsicht prima passen. Man sollte man Green Lantern einfach lieb haben wir eine begabte Kinderkritzelei, vor allem aber sollte man, wenn überhaupt, ihn in 3-D sehen: Von einer Perspektive durch eine Windschutzscheibe, auf der die Regentropfen hängen bis hin zu diversen Energieleuchtkugeln und Flugstunden hier (endlich mal) macht die Sonnenbrille auf der Nase Sinn, das heißt: 3-D funktioniert in Green Lantern, ist überzeugend eingesetzt und macht extra Spaß.
Dazu kommen tolle Schauspieler, eine wahnsinnshübsche Blake Lively, Charakterdarsteller wie Tim Robbins und Angela Bassett in Nebenrollen, und vor allem: Peter Saarsgard (Knight and Day, Flightplan). Er legt die Rolle des ewig missachteten, ignorierten und nun rachsüchtigen, größenwahnsinnigen Hector Hammond so tragisch und intensiv an, das sie schon zu gut und echt ist für diesen Film und die dadurch und nicht nur wegen der vielen Erzählzeit, die Green Lantern Hector einräumt, quasi zur zweiten Hauptfigur wird (die freilich auch am Ende viel zu schnell und fast beiläufig abserviert wird).
Und Hauptdarsteller Ryan Reynolds (Buried, Selbst ist die Braut)? Der ist eine gelungene Besetzung des beschädigten Hoppla-jetzt-komm-ich-Piloten und Helden wider Willen, wie auch zwischen ernstem Comic-Superkerl und dessen gleichzeitiger ironischer Kommentierung. Denn schließlich macht auch das Green Lantern so prächtig genießbar: dass er sich und seinen Nonsens hinreichend auf die Schippe nimmt, ohne gleich das Kinderstaunen, mit dem er haussiert, ganz zu verraten. Da wird die Sinnhaftigkeit der typische Gesichtslarve als Teil der Superheldenverkleidung und zur Anonymisierung des Helden knallhart auf Korn genommen, da wird mit der grünen Leuchte auf dem Couchtisch gehadert, der man den Eid schwören muss und an der man den Ring wieder auflädt, wenn der nach dem Herumfliegen, die Kumpel-Freundin-Herzensdame retten und böse Bullies verhauen mal wieder alle ist.
Man kennt das ja.
Alles in allem leuchtet Green Lantern nicht am hellsten unter den Comic-Helden-Filmen, aber eine ganz trübe Funzel ist der Film auch nicht. Eher eine Lava-Lampe nicht jedem sein Ding und gewiss nicht ganz geschmackssicher, aber ulkig, ein bisschen Retro und was für Partys allemal.
Übrigens: Eine Fortsetzung ist trotz des lahmen Kinoergebnisses in den USA schon fest geplant. That´s the spirit!
Fazit: Fröhlich zwischen Mumpitz und Selbstironie herumtaumelnder grün-bunter Comichelden-Humbug alter Schule, einer der ohne viel Anspruch schlicht großen sinnfreien Spaß machen kann und der wenn, dann dank des hier tatsächlich mal sehenswerten und unterhaltsamen 3-D-Gebrauchs nur in entsprechenden Kinos angeschaut werden sollte.