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Halt auf freier Strecke: Frank und Simone haben sich einen Traum erfüllt und leben mit ihren beiden Kindern in einem Reihenhäuschen am Stadtrand. Sie sind ein glückliches Paar, bis zu dem Tag, an dem bei Frank ein inoperabler Hirntumor diagnostiziert wird. Die Familie ist plötzlich mit dem Sterben konfrontiert.

„Halt auf freier Strecke“ im Kino

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Handlung und Hintergrund

Der 40-jährige Frank hat einen Gehirntumor und nur noch wenige Monate zu leben, wie man ihm im Krankenhaus lapidar mitteilt. Er will die Zeit, die ihm bleibt, bei Frau und Kindern zu Hause verbringen, im erst kürzlich gebauten Häuschen am Stadtrand - eine emotionale Herausforderung für die ganze Familie. Seine Frau Simone kommt bei der Pflege an die Grenzen ihrer Kraft. Der achtjährige Sohn kümmert sich liebevoll um den Papa, der langsam die Beherrschung über seine körperliche Funktionen und auch das Gedächtnis verliert. Die pubertierende Tochter flüchtet sich in den Sport.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Andreas Dresen
Produzent
  • Peter Rommel
Darsteller
  • Milan Peschel,
  • Steffi Kühnert,
  • Talisa Lilli Lemke,
  • Mika Seidel,
  • Ursula Werner,
  • Marie Tietjen,
  • Otto Mellies,
  • Christine Schorn,
  • Bernhard Schütz,
  • Thorsten Merten,
  • Inka Friedrich
Drehbuch
  • Andreas Dresen,
  • Cooky Ziesche
Kamera
  • Michael Hammon
Schnitt
  • Jörg Hauschild

Kritikerrezensionen

    1. Andreas Dresen zeigt das Sterben. Von der Verkündung der Diagnose Hirntumor durch einen Arzt, der ruhig, sachlich und gleichzeitig stockend und emotional das schwere Gespräch führt, bis zu den gestammelten Wirrnissen aus dem Kopf von Frank Lange, der dann, irgendwann nach Silvester, seinen letzten Atemzug tut. Dass es keine Hoffnung gibt, ist von Anfang an klar, Zweckoptimismus ist unangebracht, der Kranke weiß es, die Familie weiß es. Und nur karikaturesk werden zwei Eso-Psychotanten gezeigt, mit ihrem professionellen Trost und den phrasenhaften Aufmunterungen von der Freundlichkeit des Krebses, der ein Alarmsignal für fehlende Lebensharmonie sei – solcher esoterisch-verlogener Quatrsch ist sinnfrei und hilft nicht. Nur langsam findet die Familie den richtigen Weg, mit dem Schicksal umzugehen. Diesen Weg, dieses Suchen und Finden, zeigt Dresen.

      Milan Peschel spielt den kranken Frank, Peschel, der sonst eher der hippeligen, quirlige Typ ist mit immanenter Komik. Steffi Kühnert ist seine Frau, die geduldige, fürsorgliche, liebevolle Begleiterin, die genervte, verzweifelte, unendlich traurige Hinterbliebene schon zu Lebzeiten des Todgeweihten. Wobei Dresen jede Sentimentalität, Kitsch und Schmalz und geheuchelte Hymnisierung liebevoller Familienwerte vermeidet. Er folgt schlicht der Krankheit, mit allen Aufs und Abs, mit Krisen und Beruhigungen – durchaus realistisch, nie stilisiert, überglänzt oder unterbelichtet.

      Es ist ein Vortasten auf unbekanntes Gebiet, das Dresen beschreibt. Und auch der Film selbst, in seiner Machart, ist ein stetiges Forschen, ein langsam suchendes Vorwärtskommen – zusammen mit den Protagonisten haben Dresen und Cooky Ziesche, Stoffentwicklerin und Dramaturgin, die Figuren und den Handlungsgang entworfen, die Szenen wurden großteils improvisiert. Diese Inszenierungsweise weiß Dresen kunstvoll um- und einzusetzen, der damit Unmittelbarkeit, Frische des Spiels und über die direkten Reaktionen der Schauspieler eine immense Nähe zu den Figuren erreicht. Wirklichkeit wird in den Film überführt, und die Fiktion des Films grenzt an die Realität – der Arzt der Eröffnungsszene ist echt, er führt ein Gespräch mit den sichtlich betroffenen, mitgenommenen Peschel und Kühnert, wie er mehrmals wöchentlich eines führen muss. Und wird zwischendurch gar durch einen realen, nicht inszenierten Anruf über banale OP-Belegungen unterbrochen…

      Dazwischen führt Frank ein Videotagebuch per I-Phone, mehr für sich als für die Hinterbliebenen; dadurch sieht man die Welt mit seinem Blick, erlebt seine Gefühle; doch Dresen geht noch weiter, um in sein Inneres, in seinen Kopf zu blicken. Denn er lässt den Hirntumor selbst auftauchen, gespielt von Thorsten Merten, der in der Harald-Schmidt-Show interviewt wird und später schlagzeilenhaft in den Radionachrichten, gleich nach dem Nato-Russland-Verhältnis, vermeldet wird. Das ist von bitterer Komik – die kein comic relief ist –, mit diesen zarten poetisch-surrealen Mittel, das den Realismus des Spiels und der Erzählung durchbricht, erreicht Dresen eine Maximierung der Einfühlung: weil beide Ebenen ineinander gebettet sind und nicht gegeneinander stehen.

      Eine Ärztin für häusliche Pflege – auch sie von einer „echten“ Home-Care-Ärztin durchaus nicht laienhaft, sondern höchst wahrhaftig gespielt – ist die positive Kraft des Films, die mit Pragmatik und Mitgefühl die schwere Zeit zu meistern versteht, die beisteht und hilft. Sie weiß: Es wird immer schlimmer werden in der Tendenz, mit Schwankungen zum Besseren und Schlechteren. Und sie weiß: Man darf das Sterben nicht verbergen, auch wenn es für alle unerträglich scheint. „Wenn er jetzt ins Hospiz kommt, werden die Kinder das Sterben immer mit Schreien, Schmerzen und Qual verbinden“, sagt sie nach einer der schlimmen Nächte von Frank Lange. „Sie werden ihr Leben lang Angst vor dem Sterben haben, weil sie erfahren, dass der Patient dann wegkommt und man ihn erst tot wiedersieht.“ Dresen holt auf seine Art, durch seinen Film, das Sterben aus der dunklen Ecke. Und ja: Indem sich der Zuschauer selbst in die Situation hineinprojiziert, und indem man dieser Sterben ungeschönt miterlebt, kann man tatsächlich so etwas wie Trost empfinden.

      Fazit: Ein Film vom Tod, vom Sterben, der nie in Sentimentalität und Melodramatik verfällt, sondern realistisch, mitfühlend, einfühlsam den Prozess des langsamen Schwindens eines Menschen zeigt.
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      1. Frank hat einen Gehirntumor und nur noch wenige Monate zu leben. Diese erschütternde Diagnose trifft den Familienvater zweier Kinder und seine Frau schockartig. Von nun an ist der Alltag aller geprägt von der Erkrankung des Vaters und dem Versuch, den Abschied aus dem Leben so würdevoll wie irgend möglich zu gestalten. Dabei stößt jedoch jeder einzelne schon bald an seine psychischen und physischen Grenzen. Der neue Film von Andreas Dresen liefert ein unglaublich authentisches Porträt des quälenden Prozesses einer unerbittlichen Krankheit. Dabei nimmt jedoch auch das lebensbejahende Miteinander aller Figuren einen großen Stellenwert ein, brillant verkörpert von den intensiv aufspielenden Darstellern. Neben allem Leid gibt es immer wieder starke Momente des Zusammenhalts und der Kraft der Familie. Durch die exzellente Regie- und Kameraführung wirken die Szenen beinahe dokumentarisch, der authentische Eindruck des sehr persönlichen Films wird unterstützt durch den Einsatz echter Mediziner und Fachleute. Man kommt den Figuren extrem nah, wahrt aber auch stets eine respektvolle Distanz zum Geschehen. Ein facettenreicher Film über einen langen Abschied mit der Botschaft: Das Leben geht weiter. Immer und irgendwie.

        Jurybegründung:

        Schonungslos erzählt Andreas Dresen, wie der an einem bösartigen Gehirntumor erkrankte Frank Lange gemeinsam mit der Familie die schwere „Arbeit“ seines Sterbens leistet. Um es vorwegzunehmen: Dieser Film ist ein Meisterwerk realistischer Darstellungskunst. Er führt den Zuschauer sehr nah heran an das Leid und zeigt, welche Möglichkeiten der Lebensgestaltung in der Endphase einer solch tödlichen Krankheit verbleiben. Mit Präzision und konzentrierter Sachlichkeit wird der Alltag gezeigt. Der behandelnde Arzt hat zum Auftakt den Rat gegeben, auch den Kindern die Wahrheit über die verhängnisvolle Diagnose zu sagen, wenn sie fragen, was mit ihrem Vater ist. „Was man wissen will, das verkraftet man auch.“ Diesem Leitspruch folgt der Film. Den Zuschauern dürfte es freilich nicht leicht fallen, das zu verkraften, was ihnen gezeigt wird. Auch sie müssen imaginäre „Sterbearbeit“ leisten. Die emotionalen Belastungen sind enorm und rational lassen sich die hier dargestellten Probleme nur mühsam verarbeiten. Doch solche Anstrengungen werden mit gehaltvollen Resultaten belohnt. Dresen öffnet dem aufgeschlossenen Betrachter Erfahrungsräume, die in verschiedenen Dimensionen liegen. Dazu gehört u. a. auch das Videotagebuch, welches Frank mit seinem I-Phone aufnimmt. Vereinzelt sind es Witze, die in den tiefsten Ernst führen. Immer wieder entfaltet die Mimik von Milan Peschel eine gewaltige Ausdruckskraft. Viel erfährt man beim Beobachten der Therapeuten, deren Ratschläge hilflos wirken. Es wird virtuos erzählt. Stadtansichten und Landschaftsbilder entfalten ihre Poesie. Baum und Schnee besitzen Symbolkraft. Surreal erscheint dann der Tumor als halluzinierte Person in der Show von Harald Schmidt, in den Nachrichten, auf dem Smartphone-Bildschirm und schließlich quasi real im Krankenbett. Diese Komponente wirkt als Gegengewicht zur naturalistischen Inszenierung. Musik steigert die Emotionen, doch nie versinkt man im Brei der Gefühlsduselei. Künstlich wirkende Affekte oder blindes Mitleid werden durch diesen ergreifenden, aber durch seine Authentizität und strenge Sachlichkeit ausgezeichneten Film, wohl kaum ausgelöst. Was er wissen will, erfährt der Zuschauer aus diversen Perspektiven. Die Blicke der Schauspieler „sprechen Bände“, die Dialoge haben Tiefe, gute Einfälle (z.B. Klebezettel zur Gedächtnisstütze) und verfremdete Gegenstände machen mehr sichtbar als im Alltag üblich. Insbesondere eine kluge Ärztin gibt wertvolle Ratschläge, die man ihr abnimmt. Dresen gelingt es, die dichte Semantik mit einer komplexen Syntax zu verbinden. Nicht nur der Regisseur arbeitet meisterlich, auch die Darsteller sind überzeugend. Kamera und andere filmtechnische Hilfsmitel tragen ebenso zum Gelingen dieses Filmkunstwerkes bei. Die FBW-Jury votierte einmütig für das höchste Prädikat.

        Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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