Plastik ist billig, praktisch, bunt perfekt für eine perfekte Kindheit. Dachte Werner Boote immer, dessen Großvater Leiter einer deutschen Kunsstofffabrik war, an die Zukunft von Plastik geglaubt hat und ihm eine Menge Plastikspielzeug geschenkt hat wodurch Werner der Held der Nachbarschaftskinder wurde.
Jetzt will es Werner Boote aber genauer wissen, und er befragt John Taylor, Chef des Verbands der europäischen Kunststofferzeuger, einen verbindlichen, freundlichen Lobbyisten, der jeden von den Vorzügen des Plastiks überzeugen kann. Jeden, der nicht sehr genau recherchiert.
Und das tut Werner Boote, er reist überall in der Welt herum, um dem Plastik auf die Spur zu kommen. Die Sahara, am damaligen Filmset von Lawrence von Arabien, ist total zugemüllt. Im Pazifik fischt Boote aus scheinbar klarem Meerwasser viele, viele Plastikteile. In einem englischen Fluss sterben die Fische wegen gewisser im Kunststoff enthaltenen Weichmacher und Zusatzstoffe. Boote recherchiert weitfassend, und er erklärt sein Thema auch genau: Wie Plastik überall auf der Welt zu finden ist, und wie die verschiedenen, geheimen Inhaltsstoffe die Gesundheit von Mensch und Tier gefährden können: Phtalate, Quecksilber, Bisphenol A
Er befragt Chemiker, Umweltanalysten und -aktivisten, Ärzte, Anwälte, besucht eine Kunststofffabrik in China. Was zunächst eine unhaltbare, nun ja, Inhaltsstoffparanoia zu sein scheint, entpuppt sich als echtes Problem: Niemand weiß genau, was in der Plastikfolie drinsteckt, mit der unsere Lebensmittel eingepackt sind. Und niemand weiß, was der ganze Plastikmüll in der Umwelt anrichtet, wenn er von Wind und Wetter zerrieben wird, sich als kleine Teilchen, als Staub überall niedersetzt und nie wieder verschwindet. Plastik tötet nicht aber es scheint schleichend zu wirken, ist wohl krebserregend, scheint die Fortpflanzungskeime zu beeinträchtigen, erzeugt Allergien, Asthma, Fettleibigkeit etc.
Und natürlich weiß die Kunststoffindustrie das. Aber die Chemielobby ist stark, bedauert die zuständige EU-Kommissarin, gerne würde sie alle möglichen Stoffe verbieten, aber die politische Realität
Werner Boote, der in der Rolle des Plastikliebhabers beginnt, wandelt sich zum Kritiker, zum Sprachrohr der Kunststoffgegner, und versammelt in seinem Film eine Menge Argumente gegen die Plastikisierung der Welt und deutet manche gar nur an, den Verbrauch von endlichen Ressourcen sprich: Erdöl bei der Herstellung etwa. Vielleicht ist er hier zu sehr auf seinen Blickpunkt auf die Kunststoff-Zusätze focussiert, lässt andere Probleme außen vor.
Er bereitet eben seinen mit seinem ganz persönlichen Blickwinkel auf, den er immer wieder betont, mit seinem offenen Auftreten gegenüber seinen Interviewpartnern; er lockert seinen Film zudem auf mit verschiedenen Haushalten in verschiedenen Gegenden der Welt, die all den Kunststoff im Haus rausschaffen und präsentieren und das ist eine erstaunliche Menge. Und manchmal wandelt sich alles in einen Cartoon, der die Zusammenhänge näher erklärt.
Vor allem: Der Film ist ehrlich. Boote erkennt das Problem, zeigt es auf und weiß keine Lösung (worin er Michael Moore um einiges voraus ist, der meist ganz hanebüchene, unrealistische Meinungen hat, von denen er auch nie abweicht). Das einzige, was vielleicht aus dem Dilemma führen könnte, ist Bioplastik aus nachwachsenden Rohstoffen. Doch der wird derzeit nur in Kleinstmengen hergestellt 100.000 Tonnen jährlich gegen 800 Milliarden Tonnen herkömmlichen Plastik jährlich allein in Europa. Und: Würde mehr vom Bioplastik auf Stärkebasis hergestellt, würden die Rohstoffe vermutlich die Herstellung von Nahrungsmitteln verdrängen; und man bräuchte vermutlich eine Menge genmanipulierter Kartoffeln und Mais, um die nötige Stärke zu gewinnen was der Film nicht einmal anspricht.
Einmal sieht man Boote in einem japanischen Supermarkt, er hat sich Aktivisten angeschlossen und ruft den Kunden Botschaften zu wie Plastic will kill you!. Und zwar durch ein Megaphon aus Kunststoff.
Fazit: Film über Kunststoff, über die Probleme, die Plastik schafft. Sehr gut und umfassend recherchiert, aber ein bisschen zu wenig breitgefächert aufbereitet. Dafür aber sehr ehrlich.