In einem kleinen Dorf in Algerien leben Mitte der Neunziger Jahre neun Trappistenmönche in einem Kloster und verrichten in stiller Einigkeit mit den muslimischen Dorfbewohnern ihre tägliche Arbeit. In diese kleine harmonische Welt stößt eines Tages der gewaltsame Konflikt, der zwischen algerischen Regierungstruppen und GIA-Rebellen herrscht. Algerische Freiheitskämpfer bedrohen die Mönche und verlangen die Herausgabe aller Medikamente. Die Mönche widersetzen sich, bieten aber ärztlichen Beistand an, wenn Verletzte zu ihnen ins Kloster kommen. So, wie sie jedem Menschen helfen, der zu ihnen kommt. Parallel wächst der Druck der Regierung auf die Mönche, das Land zu verlassen. Regisseur Xavier Beauvois schafft es, mit einer unaufdringlichen leisen Erzählweise und einem fast schon elegischen Gefühl für Zeit und Raum den gewaltlosen Widerstand der Mönche in Bilder zu packen. Die Entscheidungsfindung jedes Einzelnen, im Kloster zu bleiben oder es zu verlassen, wird klar herausgearbeitet - am Ende entscheiden sich alle zum Bleiben, denn jetzt und hier werden sie am meisten gebraucht, ungeachtet der Gefahr, der sie sich persönlich aussetzen. Die liturgische Musik spiegelt die meditative Lebensweise der Mönche und dennoch liegt die Bedrohung immer diffus im Raum. Wer sich dann noch darüber bewusst wird, dass es sich hier um eine wahre Geschichte handelt, der begreift das ganze Ausmaß der Tragödie. Ein Film über Mut in der Ausweglosigkeit. Stark, emotional und tieftraurig.
Jurybegründung:
VON MENSCHEN UND GíTTERN ist ein Denkmal für neun Trappistenmönche, die sich in Algerien in ihrem Kloster trotz ärgster Bedrohungen dafür entscheiden, Menschlichkeit, Nächstenliebe und Glaube höher zu stellen als die Angst vor einem gewaltsamen Tod. Sie leben schon lange in der Nähe eines Dorfes in voller Harmonie mit ihren muslimischen Bewohnern, stehen ihnen mit Rat und Tat in allen Lebenslagen zur Seite. Nur die politische Lage spitzt sich zu, radikale Rebellentruppen ziehen marodierend durch das Land, ermorden kroatische Arbeiter. Die Regierung setzt die Mönche unter Druck, sie sieht sich nicht im Stande, das Kloster zu schützen. Aus ihrem tiefen Glauben heraus helfen die Mönche allen ohne Ansehen der Person, auch den Rebellen. Tag für Tag rückt die Bedrohung näher, die Konflikte außerhalb der Klostermauern verschärfen sich und brechen dramatisch in den Mikrokosmos der Tagesabläufe des Klosters ein.
Wir bekommen einen beeindruckenden Einblick in den Alltag der Mönche, die wie in einer großen Familie zusammen stehen. VON MENSCHEN UND GíTTERN ist auch ein Film über die Zeit. Mit großer Ruhe folgt die Kamera in klaren unverkrampften Einstellungen dem Rhythmus von täglichen Verrichtungen und religiöser Hingebung, aus der diese Menschen ihre Kraft beziehen, um den Weg in ihre ungewisse Zukunft gehen zu können. Wir begreifen, wie sich Zweifel und Ängste ausdrücken. Selbst in größter Bedrohung zeigen die Mönche Stärke, nehmen am Ende gelassen ihr Schicksal an. Als sie entscheiden müssen zu bleiben oder aufzugeben, hören wir acht Minuten ein Stück aus Tschaikowskis ?Schwanensee‘ ohne Kürzungen, dazu die Gesichter der Mönche in Großaufnahme. Wohl wissend, dass das die letzte friedliche und fröhliche Zusammenkunft sein wird, drücken sie mit ihrem Lächeln eine fast übernatürliche Glückseligkeit aus, der aus dem Inneren ihres Glaubens kommt.
Auch wenn man die Klostergründungen in islamischen Staaten als Bestandteil des Kolonialismus begreift, die politischen Hintergründe der Gegenbewegungen in Algerien um 1996 mit einbezieht und man selbst kaum Bezüge zur Tiefe der religiösen Botschaft hat, ist das Miterleben der genauen Beschreibung des gewaltlosen Widerstands der Mönche, ihrer in meditativen liturgischen Gesängen und Ritualen erreichten Festigkeit gegen die allgegenwärtige Bedrohungen, ein starkes in sich geschlossenes Bekenntnis. Es zeigt, wie Menschen auch in ausweglosen Situationen den Mut aufbringen können, standhaft zu bleiben. Auch wenn die Ausweglosigkeit und die Folgen für das eigene Leben klar erkennbar sind. Dass der Film eine historisch reale Tragödie in Algerien nachzeichnet, macht umso mehr betroffen.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)