In „Benedetta“ porträtiert Regisseur Paul Verhoeven eine Nonne, die im 17. Jahrhundert einen Skandal auslöst. Ob dahinter eine wahre Geschichte steckt, lest ihr hier.
Als Novizin kommt Benedetta Carlini (Virginie Efira) ans Kloster in der italienischen Gemeinde Pescia. Zu dieser Zeit tobt in der Toskana bereits die Pest, die junge Nonne wird zunehmend von verstörenden Visionen geplagt. Doch nicht nur das treibt die Geistliche um – auch erotische Fantasien spielen sich in ihren Gedanken ab. Eine Vertraute findet sie in Schwester Bartolomea (Daphné Patakia), mit der sie schließlich ihre fleischlichen Gelüste auslebt. Ein Skandal im 17. Jahrhundert, der Folgen für die Ordensschwestern hat. Aber wie viel wahre Geschichte steckt in dem historischen Drama „Benedetta“?
Wer sich „Benedetta“ anschauen möchte, findet das Historiendrama bei Amazon Prime und iTunes im Kauf- oder Leihstream. Mehr Filme, die auf wahren Begebenheiten beruhen, zeigt euch das Video:
Die wahren Hintergründe zu „Benedetta“
Tatsächlich erzählt „Benedetta“ im Kern eine wahre Geschichte, basiert der Film doch lose auf dem Sachbuch „Schändliche Leidenschaften: Das Leben einer lesbischen Nonne in Italien zur Zeit der Renaissance“. Judith Cora Brown, ihres Zeichens Historikerin und Autorin, hat darin einen echten und zugleich einzigartigen Fall aufgegriffen. Die damals so skandalöse Angelegenheit um Benedetta Carlini ist deswegen ein Novum, weil die Verhandlung gegen die Ordensschwester als einzig bekannter Prozess gilt, der jemals gegen eine lesbische Frau in der katholischen Kirche geführt wurde. Wie Collider anmerkt, handelt es sich bei Browns Arbeit hauptsächlich um Abschriften gerichtlicher Dokumente, die die Stanford-Historikerin laut New York Times im Staatsarchiv von Florenz ausfindig gemacht hat. Die von Brown verwendeten Abschriften besagen, dass der Geistlichen nicht nur die Affäre mit einer anderen Theatiner-Ordensschwester angelastet wurde, sondern auch fingierte Stigmata.
„Benedetta“: Die Unterschiede zwischen Film und wahrem Fall
Da sich das von Judith Brown schon 1986 publizierte Buch vornehmlich auf Gerichts-Mitschriften stützt, kann davon ausgegangen werden, dass Paul Verhoeven viele Aspekte um die erotische Annäherung zwischen den beiden Nonnen erzählerisch ausgeschmückt hat. Zumindest existieren keine Dokumentationen über das intime Liebesspiel, das der Regisseur in gewohnter „Basic Instinct“-Manier hier so explizit, provokant und geradezu genüsslich zelebriert. Die „Irish Society for Christian Civilisation“ sah sich daraufhin gar genötigt, den irischen Kinostart per Petition verhindern zu wollen. Ein Sprecher der Organisation bezeichnete es gegenüber dem Belfast Telegraph als „berechnete Beleidigung von Christen“, den Film ausgerechnet am Karfreitag in die Lichtspielhäuser zu bringen.
Künstlerische Freiheit hat sich der Filmemacher auch bei den zeitlichen Abläufen erlaubt. In der kinematografischen Adaption des Stoffes warnt die Nonne 1619 vor einer Plage, die die Menschheit für all ihre Sünden ereilen wird. Historisch ist diese Mahnung sogar belegt und im Film greift die Pest dann auch unmittelbar um sich. Tatsächlich hat sich Benedettas Vision aber erst wesentlich später bewahrheitet – nämlich 1630 und 1631, als die Pestepidemie ihren Höhepunkt erreichte.
In der Bilderstrecke entdeckt ihr die wahre Geschichte hinter den Filmen über den Serienmörder Charles Manson:
„Benedetta“: Die wahre Geschichte als Sozialkritik
Auch wenn Paul Verhoeven die wahre Geschichte um „Benedetta“ zu Gunsten der Dramaturgie mit allerlei fiktiven Handlungssträngen ausstaffiert, kann man dem Niederländer den sozialkritischen Anspruch sicherlich nicht absprechen. Denn bei aller Liebe zum erotischen Skandalfilm bleibt am Ende ein Werk, das sich ungeniert mit Eitelkeit, Doppelmoral, Geldgier und vor allem institutioneller Macht befasst.
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