Mit diesem dreistündigen epischen Melodrama gelingt Drehbuchautor Paul Thomas Anderson ein Ausnahmewerk, das sich von anderen Hollywood-Filmen abhebt.
Regisseur und Drehbuchautor Paul Thomas Anderson vernetzt in „Magnolia“ das Leben von neun verschiedenen Personen, die alle ein Durchschnittsleben in Los Angeles führen. Der Off-Erzähler leitet durch die Handlung und berichtet in Form einer Fernsehshow über die unglaublichen Erlebnisse, die den Protagonist*innen widerfahren. Sämtliche Geschichten sind entweder durch berufliche oder private Verbindungen miteinander verknüpft.
Auch sogenannte Mindfuck-Filme haben eine besondere Erzählstruktur, die in Hollywood eher ungewöhnlich ist. Die besten neun zeigen wir euch in unserem Video.
Komplexe Handlung: Wie sind die Schicksale miteinander verknüpft?
Zunächst wäre da Earl Patridge (Jason Robards). Einst ein berühmter Fernsehproduzent, ist seine Zeit nun vorbei und er liegt im Sterben. Seine um einiges jüngere Frau Linda (Julianne Moore) hat ihn nur wegen des Geldes geheiratet und oft mit anderen Männern betrogen. Mit seinem Tod konfrontiert, merkt sie jedoch, dass sie ihren Mann wirklich liebt. Das schlechte Gewissen plagt sie und sie bittet ihren Rechtsanwalt Alan Kligman (Michael Murphy), das Testament ihres Mannes umschreiben zu lassen, sodass sein Vermögen an den nächsten Erben geht. Dabei handelt es sich um seinen Sohn Frank T.J. Mackey (Tom Cruise). Dieser ist jedoch ein Macho und hat sich nie um seinen sterbenden Vater gekümmert. Er leitet eine TV-Show, die Männer darin bestärkt, sich egoistisch und toxisch zu verhalten.
Das Motiv der TV-Sendung zieht sich als roter Faden durch die Handlung. Jimmy Gator (Philip Baker Hall) ist bei einer TV-Show als Moderator tätig, die von Earl Patridge produziert wird. Auch verbindet beide Patriarchen das gleiche Schicksal, denn auch Gator leidet an einer unheilbaren Krankheit. Nachdem Gator sich mit seinem Tod konfrontiert sieht, sucht er nach Vergebung. Er will den Streit mit seiner Tochter Claudia (Melora Walters) beenden. Doch die drogensüchtige junge Frau will nichts mehr von ihrem Vater wissen, der sie als Kind missbraucht hat. Also wendet Gator sich stattdessen an seine Frau Rose (Melinda Dillon). Er gesteht ihr, sie mehrmals betrogen zu haben. Rose verlässt ihren Mann, als sie von dem Missbrauch an seiner Tochter erfährt. Deren Leben scheint eine Wendung zu nehmen, als der Polizist Jim Kurring (John C. Reilly) wegen einer Beschwerde über Lärmbelästigung in ihr Leben tritt. Er bemerkt ihre Drogensucht nicht und die beiden gehen am Abend miteinander essen.
Ein weiteres Kind, das unter seinem Vater leidet, ist das Wunderkind Stanley Spector (Jeremy Blackman), das in einer weiteren TV-Sendung von Jimmy Gator auftritt und alle Fragen richtig beantwortet. Auch sein Vater Donnie Smith (William H. Macy) war einst ein gefeierter Kinderstar, dem eine große Karriere vorausgesagt wurde. Da dies nicht eingetreten ist, drangsaliert der Vater seinen Sohn, bis dieser sich weigert, das Spiel weiter mitzuspielen. Er hört auf, die Frage der Quizshow zu beantworten und fordert seinen Vater auf, nett zu ihm zu sein.
Nicht nur Paul Thomas Anderson produziert moderne Film-Klassiker am laufenden Band:
Entstehung des Films: Warum die Musik in „Magnolia“ die eigentliche Protagonistin ist
Wie die komplexe Handlung zeigt, ist „Magnolia“ kein gewöhnlicher Film, sondern ein episches Melodrama. Die Handlung wird immer wieder unterbrochen, um surrealistische Sequenzen einzuschieben. Darunter ist auch eine biblische, in der Filmgeschichte viel diskutierte Szene, in der Frösche vom Himmel fallen. Neben dem roten Faden der TV-Show in der Handlung und den verbundenen Schicksalen der Figuren sorgen die Kameraarbeit und der Schnitt mit Parallelmontagen und Plansequenzen für einen Zusammenhang im Narrativ. Doch das wichtigste erzählerische Mittel ist die Musik, die von Aimée Mann geschrieben wurde. Regisseur Paul Thomas Anderson ist ein großer Fan der Sängerin und schrieb den Film zu ihrer Musik. Für ihre Filmmusik wurde Aimée Mann für einen Golden Globe und einen Oscar nominiert. Auch Paul Thomas Anderson und Tom Cruise wurden für einen Oscar nominiert. Doch nur der Schauspieler ging nicht leer aus, denn für seine Macho-Rolle erhielt er einen Golden Globe. Nicht nur wegen der schauspielerischen Meisterleistungen und der berühmten Namen lohnt es sich, dem dreistündigen Film eine Chance zu geben. Wer dem üblichen Storytelling von Hollywood entkommen möchte, kann das Filmepos ab dem 13. Dezember 2022 auf Amazon Prime streamen, um mal etwas Neues geboten zu bekommen. Allerdings sollte man starkes Interesse und Durchhaltevermögen mitbringen und vielleicht sogar Cineast*in sein.
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