Eine Kleinstadt in England wird zum Schauplatz kruder Ereignisse. Wir klären, ob „Kleine schmutzige Briefe“ auf einer wahren Geschichte beruht.
Rose Gooding (Jessie Buckley) und Edith Swan (Olivia Colman) leben in den 20er-Jahren im idyllischen Küstenstädtchen Littlehampton im englischen Sussex. Doch mehr als den Wohnort haben die beiden Frauen nicht gemein. Während Edith eher konservativ und prüde ist, gibt sich die jüngere Rose unkonventionell und lebensfroh. Als plötzlich obszöne Briefe an die Bewohner*innen des Städtchens verschickt werden, gerät der Ort in Aufruhr – und Rose wird verdächtigt. Doch war sie es wirklich? Und hat „Kleine schmutzige Briefe“ womöglich einen realen Hintergrund?
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Basiert „Kleine schmutzige Briefe“ auf echten Begebenheiten?
Tatsächlich erzählt „Kleine schmutzige Briefe“ eine wahre Geschichte. 1918 zog Rose Gooding in den verschlafenen Ort Littlehampton. Drei Jahre vor ihrer Hochzeit mit ihrem Gatten Bill war die junge Frau Mutter einer unehelichen Tochter geworden – was zu dieser Zeit als verpönt galt.
Trotz aller charakterlichen Unterschiede und Weltanschauungen freundete sich Rose mit ihrer Nachbarin Edith an. Über ihre Aufgaben im Haushalt lernten sich die beiden grundverschiedenen Frauen kennen. Rose lieh Edith eine Blechbadewanne, Edith versorgte die junge Zugezogene mit Strickmustern für Strümpfe und einem Chutney-Rezept. Doch dann bekam die Freundschaft Risse.
Was war zwischen den Frauen vorgefallen?
Der gemeinsame Garten war letztlich der Auslöser dafür, dass das nachbarschaftliche Verhältnis zu bröckeln begann. Edith fing damit an, vulgäre und obszöne Briefe zu schreiben und an verschiedene Leute zu schicken, wie die Daily Mail berichtet – und das im Namen von Rose. Doch damit gab sich die vergrämte Nachbarin nicht zufrieden. Also schrieb sie als vermeintliche Rose sogar deren Verlobtem Bert, der in dieser Zeit für die Briten im Irak diente, und tischte ihm die Lüge auf, Rose sei von einem anderen Mann schwanger. Das Ergebnis: Der Zukünftige legte die Hochzeitspläne auf Eis.
Tatsächlich zogen die Briefe derart weite Kreise, dass Edith es schaffte, Rose durch eine Privatklage vor das Friedensgericht von Littlehampton zu zerren – woraufhin die junge Frau sogar verurteilt wurde und für drei Monate ins Gefängnis musste. Doch damit war die Sache nicht beendet. Denn nach ihrer Entlassung machten wieder bösartige Briefe die Runde, sodass Rose zu zwölf Monaten Gefängnis und Zwangsarbeit verurteilt wurde. Selbst der Versuch von Roses Anwalt, anhand des schriftlichen Chutney-Rezepts Edith als Täterin zu entlarven, blieb erfolglos.
„Kleine schmutzige Briefe“: Was wurde aus Edith in der wahren Geschichte?
Edith ließ weiterhin nicht locker und wollte die vermeintliche Schuld von Rose noch unterstreichen. Also verfasste sie noch mehr Obszönitäten in einem Notizbuch, schickte es der Polizei und behauptete, es ganz in der Nähe des Hauses der Goodings gefunden zu haben. Doch damit schoss sich die Lügnerin ein Eigentor: Denn die Polizei stellte gravierende Ähnlichkeiten zur Schrift aus den Briefen fest.
Im Jahr 1921 wurde Edith vor Gericht gestellt, doch der Richter ließ sich nicht davon überzeugen, dass die ältere Dame zu einer derart vulgären Sprache überhaupt fähig war. Doch 1923 war es dann schließlich so weit und die findigen Ermittler*innen konnten Edith überführen. Sie markierten einen Satz Briefmarken mit unsichtbarer Tinte und wiesen das örtliche Postamt an, sie Edith zu verkaufen. Als Edith mit ihrem diabolischen Werk fortfuhr, konnten die Beamt*innen die Briefe zu ihr zurückverfolgen.
Die Jury vom Lewes Crown Court befand die alte Dame letztlich für schuldig und Edith erhielt ihre Strafe: ein Jahr Gefängnis. Im März 1959 verstarb sie in einem Wohnhaus in East Preston.
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