Bevor ein Ausnahme-Regisseur die Geschichte zum Meisterwerk machte, versuchte sich ein anderer Kollege daran – durfte seine Ideen aber letztlich nicht umsetzen.
Dass sich Hollywoods Filmschaffende mit mitreißenden Kriegs-Epen auskennen, haben sie schon zur Genüge bewiesen. Mit Werken wie „Dunkirk“, „Der Soldat James Ryan“ oder „Full Metal Jacket“ haben die Traumfabrik-Regisseure gezeigt, dass sie das Genre verstanden haben. Zu den legendärsten Kriegsfilmen aller Zeiten gehört aber zweifelsohne „Apocalypse Now“. Was viele allerdings nicht wissen: Schon vor Francis Ford Coppola hatte sich ein anderer Ausnahme-Regisseur an der Verfilmung von Joseph Conrads Klassiker „Herz der Finsternis“ versucht – scheiterte aber damit.
„Apocalypse Now“ ist unbestritten eins der größten Meisterwerke aus Hollywood. Welche Meilensteine die Filmgeschichte laut IMDB sonst noch gesetzt hat, seht ihr im Video.
Dieser Regisseur hätte lange vor Coppola gedreht
1979 wurde „Apocalypse Now“ veröffentlicht, konnte Publikum und Feuilleton überzeugen, heimste zwei Goldjungen ein und konnte sich über sechs weitere Oscar-Nominierungen freuen. Doch schon 40 Jahre vor Coppola hatte sich ein anderer Regisseur an der Adaption von Joseph Conrads Romanvorlage versucht: Orson Welles. Im Frühling 1939 waren die Vereinigten Staaten von der Großen Depression gebeutelt und lenkten sich mit Musicals ab, in denen Fred Astaire und Ginger Rogers ihr Talent bewiesen. Für Welles' unbändigen Innovationsgeist eigentlich der passende Zeitpunkt, um Hollywood-Historie zu schreiben.
Nicht nur als Theater-Regisseur hatte Welles sein Können bewiesen, auch mit seiner legendären Radiosendung nach H.G. Wells „Der Krieg der Welten“ hatte der Kreative erzählerisches und inszenatorisches Geschick gezeigt. Viele Zuhörer*innen hatten die Geschichte um eine bevorstehende Marsianer-Invasion für bare Münze genommen. Doch die Umsetzung von „Herz der Finsternis“ stand unter keinem guten Stern. Zum einen wurden Welles’ Betätigungsfelder damals von Hollywood eher müde belächelt, zum anderen hatte der in Wisconsin geboren Regisseur bis dato noch keinen einzigen Film gedreht. Trotzdem erhielt er von den RKO Studios einen lukrativen Vertrag, sollte er doch der für Musicals bekannten Produktionsstätte neuen Auftrieb geben – denn die Funktionäre wollten im goldenen Zeitalter Hollywoods weiterhin zu den „Big Five“ der Branche gehören.
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Warum kam Welles’ Werk nicht zustande?
Mit der Finanzierungs-Frage hatte Welles bereits die größte Hürde in dem umkämpften Business genommen. Und schon im Spätsommer 1939 fast die komplette Besetzung für „Herz der Finsternis“ gecastet. Auch die Darstellerin der Elsa war nach zwei Absagen mit der Verpflichtung von Dita Parlo („Die große Illusion“) in trockenen Tüchern. Sogar das Drehbuch, das bei doppeltem Zeilenabstand rund 800 Seiten umfasste, hatte der Filmemacher in eine Rohfassung schon fertiggestellt. Alles war zu diesem Zeitpunkt in die Wege geleitet, um dem damals gerade mal 24-jährigen Welles ein innovatives Filmdebüt zu verschaffen. Doch es kam anders.
Im September 1939 marschierten die Nazis in Polen ein, Frankreich und England standen im Krieg mit den Deutschen. Für RKO keine guten Voraussetzungen, fürchtete das Studio doch um seinen europäischen Vertrieb und damit um die Einnahmen, die die dortigen, anspruchsvolleren Kinobesucher*innen ihm bescherten. Das Budget für „Herz der Finsternis“ wurde zunächst von einer Million US-Dollar auf die Hälfte gekürzt – und schließlich komplett gestrichen. Dabei hatte Welles selbst unter diesen schwierigen Bedingungen weitergemacht, zwischenzeitlich sogar das fertige Skript eingereicht und auch die Vorgaben der amerikanischen Zensurbehörden berücksichtigt. Die sah vor, dass keine Waffe auf das Publikum gerichtet werden dürfen und zudem weder Rassenvermischungen noch nackte Brüste zu sehen sein sollten. Doch zu den geplanten Dreharbeiten im März 1940 kam es letztlich nie.
Tatsächlich sollte dieser Misserfolg Orson Welles’ Legendenbildung in der Traumfabrik keinen Abbruch tun. 1941 legte der Regisseur mit „Citizen Kane“ sein beeindruckendes Filmdebüt vor – das noch heute als eins der besten amerikanischen Film-Werke gilt.
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