In ihrer neuen gemeinsamen Komödie 100 DINGE gehen Florian David Fitz und Matthias Schweighöfer der Frage nach: Was braucht man wirklich zum Leben? Und besitzen wir die Dinge? Oder besitzen sie uns?
Toni steht auf Hygieneprodukte, seine Haarpillen und teure Anzüge. Sein bester Freund Paul steht auf Sneaker. Davon hat er Dutzende. Obwohl er sie nicht trägt. Was er immer braucht, ist sein Smartphone. Denn darauf befindet sich ein völlig neues Sprachassistenzprogramm, welches Paul programmiert hat. Es heißt „Nana“, kann von sich aus Witze machen und hat eine sexy Stimme. Nun soll „Nana“ als Start-Up verkauft werden. Dafür haben Toni und Paul mit ihrer kleinen Firma jahrelang geackert. Als ein amerikanischer Investor tatsächlich anbeißt, sind alle in Feierlaune. Doch am nächsten Morgen wachen Paul und Toni in ihrer Wohnung auf - nackt bis auf einen Schlüssel um den Hals. Dieser führt zu einem Lagerraum. Und für die nächsten 100 Tage dürfen Paul und Toni nur einmal pro Nacht dorthin, um sich genau eine Sache zurückzuholen. Denn genau das haben die beiden gewettet. Und sowohl Toni als auch Paul müssen sich nun die Frage stellen: Ohne was kann man denn nun wirklich nicht leben? Die Kombination aus Matthias Schweighöfer und Florian David Fitz vor und hinter der Kamera verspricht auch in der zweiten Zusammenarbeit nach DER GEILSTE TAG Unterhaltung und jede Menge Lacher. Doch Fitz geht in 100 DINGE neben einer sehr stilsicheren Komödieninszenierung mit gutem Timing, witzigen Nebenfiguren und pointierten Dialogen noch einen Schritt weiter. Denn der Film stellt die Frage nach Werten, Nachhaltigkeit und den Prioritäten im Leben - und er lässt für beide Hauptfiguren, die im Zusammenspiel ihre sensationelle Chemie unter Beweis stellen, auch nachdenkliche Momente zu. Zum Beispiel, wenn Toni durch die geheimnisvolle Lucy (Miriam Stein) seine große Liebe findet und lernen muss, auch mal an andere Menschen zu denken als nur an sich, oder wenn Paul durch die Gespräche mit seiner Oma (umwerfend: Katharina Thalbach) merkt, dass Glück eben nichts mit Besitz oder Rechthaben zu tun hat. 100 DINGE ist eine augenzwinkernde Komödie für die Generation Start-Up und eine berührende Buddy-Geschichte mit Tempo, Timing und Tiefgang.
Jurybegründung:
Ein deutscher Spielfilm über die Generation Startup war längst überfällig. Klar, dass er in Berlin spielen würde, klar auch, dass die Hauptrollen mit körperlichen Archetypen der Gattung Mann besetz sein würden. Florian David Fitz und Matthias Schweighöfer in den Hauptrollen sind somit bestens gewählt. Und Fitz spielt in 100 DINGE nicht nur die Hauptrolle, er führt auch gleich Regie und hat sogar das Drehbuch geschrieben.
100 DINGE ist eine handwerklich überzeugende Mischung aus Buddy-Movie und RomCom, ein Film, der keine Angst hat, auch Klischees zu bedienen. In gut gewählten Settings führt der Film in die Welt von Yuppies und Hipstern, die versuchen, zur urbanen Oberschicht aufzusteigen. Mit genauso gut getimten, wie platzierten Humor kann sich 100 DINGE durchaus mit vielen us-amerikanischen Komödien messen und dennoch zeigte sich die Jury in der Diskussion oftmals zwiegespalten.
Fitz und Schweighöfer spielen Anton und Toni, zwei Kumpel, die nach einem erfolgreichen Geschäftsabschluss beweisen wollen, dass sie auch ohne weltlichen Luxus auskommen. Mit einer Wette besiegeln sie, dass sie auf allen Konsum verzichten können. Und so wachen sie nach feuchtfröhlicher Nacht, gänzlich unbekleidet, in ihren leergeräumten Lofts auf. Jeden Tag dürfen sie sich einen Gegenstand aus ihrem Besitz aneignen, 100 Dinge, 100 Tage lang. Wer betrügt oder aufgibt, der muss seinen Anteil an der gemeinsamen Softwarefirma der Belegschaft übergeben.
Ein Motiv, aus dem sich viel entwickeln lässt. Vielleicht hat sich Florian David Fitz ein wenig gescheut, dem Stoff noch mehr Biss und Tiefgang zu geben, um die Jury vollends zu überzeugen. Immerhin steht der Stoff nicht nur für die Frage, was für ein glückliches Leben wirklich notwendig ist, sondern auch für eine gewaltige Watsch’n für die Datensammelwut via Hard- und Software, so wie sie Siri, Alexa oder Cortana gratis in jeden Haushalt tragen wollen. Immerhin haben die beiden Protagonisten dem amerikanischen Computer-Multimillionär David Zuckerman ihre ausgeklügelte Erfindung angeboten: eine App, die das Zeug dazu hat abhängig zu machen. Ein Handyprogramm, das auf die persönlichen Regungen und Bedürfnisse seiner User reagiert und, ganz perfide, die Informationen über deren Leben an Konzerne weiterleitet, so dass die den Konsum der User steuern können.
Die Nähe zu zeitgenössischen Themen wird absolut deutlich. Jedoch werden die Motive in 100 DINGE lediglich gestreift. Zu selten verlässt der Film die Comfort Zone und gibt seinen Zuschauern damit nur wenige Anlässe, die eigene zu verlassen. 100 DINGE ist eine gut funktionierende und gut umgesetzte Komödie über zwei Männer, die nicht erwachsen werden wollen. Luxusgüter sind ihr Spielzeug, das Leben aber lassen sie nicht an sich heran. Was das eigentlich ist, das Leben, das verrät in 100 DINGE eigentlich nur Florian David Fitz‘ Film-Oma Katharina Thalbach. Die alte Dame hat Krieg, DDR und Wiedervereinigung überstanden und es immer verstanden, das Beste daraus zu machen. Sie ist ein nicht durchkommerzialisierter Dinosaurier, wenn man so will, und damit der Antagonist zu den Figuren von Fitz und Schweighöfer. Die alte Dame steht für Liebe, Glück und Gefühle und für all das, was wirklich wichtig ist im Leben. Und irgendwie gelingt es ihr auch diese Werte letztlich an Toni und Paul weiterzuvermitteln.
Seine stärksten Momente hat 100 DINGE dann, wenn er von der reinen Komödie zur romantischen und auch ein wenig zur tragischen Komödie wird. Und das geschieht vor allen Dingen in der zweiten Hälfte des Films.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)