"Als ich 30 wurde und auf die vergangenen Jahre zurückschaute, da sah ich eine unüberschaubare Menge an Umzügen. Ich selber, Freunde, Freunde von Freunden", sagt Regisseur Dietrich Brüggemann. "Die Idee, daraus einen Film zu machen, war so ausgesprochen naheliegend, dass es mich eigentlich wundert, dass wir die ersten sind, die es machen."
In dieser Ensemblekomödie gibt es acht, neun Hauptprotagonisten, die sich irgendwo in einem Zwischenstadium zwischen der einen und der anderen Wohnung, irgendwo zwischen WG und Einfamilienhaus befinden. Sie alle schleppen ihre Umzugskisten, und sie schleppen ihre Beziehungskisten mit sich herum - ein Reigen entsteht, eine Art Tanz von einer Wohnstätte zur anderen, von einem Lebenspartner zum nächsten. Das Konzept des Filmes ist so simpel wie einleuchtend: Der Umzug als Metapher für ein Lebensgefühl des irgendwie Unbehausten, irgendwie Suchenden, für einen Transitraum des Lebens.
Brüggemann macht - mit seiner Schwester Anna, die am Drehbuch mitschrieb - daraus einen der beglückendsten, reizvollsten, intelligentesten Filme der letzten Jahre. Er kapriziert sich nicht auf seine Idee der Umzugsmetapher; er versteift sich nicht auf das Konzept, eine bestimmte Generation zu beschreiben oder gar zu definieren. Er hat die seltene Gabe der beiläufigen Inszenierung, er lässt seinen Film flüssig laufen. Leichtfüßig folgt eine Episode der nächsten, ist eine Figur mit der anderen verbunden; und locker und lässig kommen die Dialoge rüber, grandiose Miniaturen, die kluge Aphorismen, spritzige Kommentare und spitzes Gesprächspingpong ganz nebenbei äußern. Und zwar niemals so, dass es aufgeschrieben wirken würde, als wäre die Eleganz von oben herab auf den Film gesetzt - sondern so, als würde das so treffend, so passend Gesagte spontan direkt von der Filmfigur im Moment erfunden werden.
Es ist dabei natürlich ein Glück, dass Brüggemann mit Jacob Matschenz und Robert Gwisdek, Anna Brüggemann und Alice Dwyer, mit Alexander Khuon und Katharina Spiering ein großartiges Schauspielerensemble versammeln konnte. Einige von ihnen gehören zu Brüggemanns Stammakteuren, haben schon in seinem ebenfalls sehr guten Vorgängerfilm "Renn wenn du kannst" mitgespielt. Die Protagonisten haben eine starke Präsenz, und sie fügen sich zugleich perfekt ins Gesamtensemble ein; frisch, fröhlich und frei agieren sie in perfekter Harmonie miteinander - allein die philosophischen Dialoge zwischen Jacob Matschenz und Robert Gwisdek, beim Fahrradfahren durch Berlin
!
Jede Figur hat ihren eigenen, tiefen Charakter, vom indifferenten, unsensiblen Thomas (Robert Gwisdek) bis zur kecken, mit unschuldiger Chuzpe kleine Gefallen einfordernden Dina (Anna Brüggemann), von der romantischen, jungen Swantje (Amelie Kiefer) bis zum professionellen Weiberhelden Michael (Alexander Khuon). Keine Stereotypen, keine psychologischen Eindeutigkeiten sondern lebendige, ganz normale, hochinteressante Menschen.
Mit großem Witz, der sich nie über seine Figuren erhebt, aber auch keinen schont, erzählt Brüggemann von denen, die irgendwie erwachsen sein sollen, aber doch ihre Wohnungen nur als verlängerte Kinderzimmer ansehen. Von denen, die nicht wissen, wohin sie der Weg führt, die stets mobil und flexibel bleiben müssen, um ihren Traumberuf oder doch zumindest irgendeinen Job zu finden. Von denen, die deshalb nirgends Wurzeln schlagen können. Von denen, die ihr Glück in der größeren Wohnung vermuten und dort doch nichts finden als drei Zimmer, Küche und Bad.
Fazit: "3 Zimmer / Küche / Bad" ist eine hoch erfrischende, vor Witz sprühende, intelligente Ensemblekomödie von Dietrich Brüggemann, dem kommenden Regiestar.