A Little Trip to Heaven ist Baltasar Kormákurs Versuch, einen stilechten film noir in der Abgeschiedenheit einer scheinbar friedlichen ländlichen Idylle zu inszenieren. Der isländische Regisseur hat den Film, der vorgibt, in Minnesota zu spielen, fast ganz in Island gedreht. Tatsächlich trägt die sonnenarme und entfärbte nordische Landschaft entscheidend zum visuellen Stil bei. Sie spiegelt die Verfassung ihrer Bewohner. Ein groß angelegter Versicherungsbetrug soll den Ausweg bahnen aus der Perspektivlosigkeit einer Existenz inmitten dieser monotonen Landschaft. Doch den Figuren fehlt ein Gegenentwurf, zu lange haben sie sich bereits mit dem Vegetieren in der Leere arrangiert, sie haben keine Vorstellung von einem anderen Leben. So wirken ihre kriminellen Machenschaften eher wie eine Beschäftigungstherapie. Dass ihre Pläne nicht aufgehen, ist keine Überraschung. Wie in vielen films noirs ist das Scheitern schon in den Figuren angelegt, denen es weniger an Geld, als an echtem Lebenswillen fehlt.
Was für die Bösen gilt, trifft auch auf den guten zu, denn auch Detektiv Holt fehlt es film noir typisch am Glauben an das Gute im Menschen. Schließlich arbeitet er für eine Versicherung, die oft nicht weniger betrügerisch handelt, als ihre Kunden, immer geht es ums Abkassieren. Auch thematisch und inhaltlich steht A Little Trip to Heaven so in fester Genretradition, indem er den Zustand der Menschheit als durch und durch hoffnungslos darstellt. Doch die Geschichte vom abgehalfterten private eye, des mitleidslosen Professionals, hat man schon des öfteren in überzeugenderen Ausarbeitungen gesehen.
Auch die Groschenromane, die den frühen films noirs aus den 40er Jahren zugrunde lagen, verwirrten ihr Publikum häufig mit komplexen und verdrehten Geschichten, die immer wieder darauf verwiesen, dass nichts ist, wie es scheint. Dieses Vergnügen, den Zuschauer zu täuschen, beflügelt auch Kormákurs Film. Doch Klassiker wie Double Indemnity, The Big Sleep, oder auch neuere neo noirs wie Chinatown, Night Moves oder Sieben kompensieren die Distanz, die durch ihre unübersichtlichen Geschichten entsteht, durch genaue Charakterisierungen ihrer Helden. Sie bieten ihre Hauptfiguren als Identifikationsplattform an, stellten deren Entwicklungen in den Vordergrund. A Little Trip to Heaven gelingt dieses Kunststück nicht. Holt, Fred und Isold bleiben zweidimensional und verschlossen. Eine richtige Geheimnistuerei scheint hier am Werk zu sein, als wollte dieser Film partout nicht preisgeben, mit wem man es zu tun hat. So verstellt Kormákur jeden Einblick in die Motivationen hinter dem Handeln seiner schattenrissartigen Figuren. Sie erscheinen fremd und fern, ja sogar gefälscht, wie die isländische Landschaft, die vorgibt, Nord Minnesota zu sein.
Lobend bleibt Forest Whitakers Leistung zu erwähnen, der verzweifelt versucht, die Figur des Holt mit Leben zu füllen. Peter Coyote ist in einer Nebenrolle als Holts Kollege in der Versicherungsagentur zu sehen und sorgt mit seinem kurzen Auftritt für die besten Momente des Films. Die wenigen Szenen, die Whitaker und Holt als zynische Kollegen in der Versicherungsagentur zeigen, sind die Glanzlichter dieses Werks. Die einzig geerdeten Momente dieses sonst so unkonkreten Films, dem es um Stimmung, nicht um Story geht.
Fazit: Der Thriller lebt allein von seiner durchgängigen film noir Düsterkeit. Eine Stilübung, deren verworrene Handlung und eindimensionale Figurenzeichnung kaum Identifikationsmöglichkeiten bieten. So lässt einen die Familientragödie, um die es im Kern geht, seltsam unberührt zurück.