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Ha'berech: Ein israelischer Regisseur wird in der Wüste mit seinem Zorn, seinen widerstrebenden Gefühlen für seine Heimat und seiner Trauer über den Tod seiner Mutter konfrontiert. Drama von Nadav Lapid.

Handlung und Hintergrund

Als die palästinensische Protestierende Ahed Tamimi ins Gefängnis musste, nachdem sie einen israelischen Soldaten geschlagen hatte, machten israelische Politiker Stimmung mit der Gewaltfantasie, für ihre Verfehlung habe die Frau eine Kugel ins Knie verdient. Y, ein gefeierter Künstler in seinem Land will eine Videoinstallation darüber machen, wird aber in die Provinz abgerufen. Dort wird Y konfrontiert mit seinem Zorn, seinen widerstrebenden Gefühlen für seine Heimat und seiner Trauer über den Tod seiner Mutter.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Nadav Lapid
Produzent
  • Judith Lou Lévy
Darsteller
  • Avshalom Pollak,
  • Nur Fibak
Drehbuch
  • Nadav Lapid
Kamera
  • Shai Goldman

Kritikerrezensionen

  • Aheds Knie: Ein israelischer Regisseur wird in der Wüste mit seinem Zorn, seinen widerstrebenden Gefühlen für seine Heimat und seiner Trauer über den Tod seiner Mutter konfrontiert. Drama von Nadav Lapid.

    Nadav Lapid ist mit seinem vierten Spielfilm, dem ersten seit seinem Gewinn des Goldenen Bären für „Synonymes“ 2019, 2021 erstmals im Wettbewerb des Festival de Cannes. Auch in diesem von Komplizen Film koproduzierten und irgendwie ganz geradlinigen und doch so labyrinthhaften Film türmt der 45-jährige israelische Filmemacher Geschichten auf Geschichten und versteckt Geschichten in Geschichten. Mittendrin gibt es eine Szene, in der eine Gruppe von Soldaten sich vor die Entscheidung gestellt sehen, Zyankalikapseln einzunehmen, um nicht in Feindeshände zu geraten. Erzählt wird das von einem Regisseur, kryptisch einfach nur „Y“ genannt, der zwar nicht sonderlich sympathisch ist, aber doch auch unverkennbar das Alter ego von Lapid selbst, der auf diese Weise so direkt zu seinem Publikum spricht, wie es einem Filmemacher in einem fiktiven Werk möglich ist.

    Y ist wütend, er ist angepisst. Und auch „Aheds Knie“ ist wütend und angepisst. In jeder Szene, in jeder Einstellung, in jedem der rasenden Kameraschwenks, oft um 270 Grad, die das prägende stilistische Mittel in diesem Film sind. Es ist ein Film wie ein tätlicher Angriff, ein Wutausbruch, ein Auskotzen eines Mannes, der seine Heimat liebt, aber sie einfach nicht mehr ertragen kann wegen der politischen Entwicklungen, der Willkür der Machthaber, deren einziges Ziel Kontrolle über seine Bürger zu sein scheint, was gerade Kunstschaffende besonders zu spüren kommen, die Auflagen erhalten, welche Themen ihre Filme haben dürfen, und bei Nichteinhaltung auf schwarze Listen gesetzt werden.

    Ausgelöst wird die ungebremste Suada von einem Ereignis im Jahr 2018, als die palästinensische Protestierende Ahed Tamimi ins Gefängnis gehen musste, nachdem sie einen israelischen Soldaten geschlagen hatte, und hochrangige israelische Politiker Stimmung machten mit der Gewaltfantasie, für ihre Verfehlung habe die junge Frau eine Kugel ins Knie verdient. Y, ein gefeierter Künstler in seinem Land, der seinen letzten Film sogar in Berlin vorstellen konnte, will eine Videoinstallation darüber machen, wird aber in eine Kleinstadt in die Provinz abgerufen, wo er im Auftrag des Kultusministeriums einen Film seiner Wahl vorstellen soll. Dort, in der Abgeschiedenheit der kargen Steinwüste, wird Y konfrontiert mit seinem Zorn, seinen widerstrebenden Gefühlen für seine Heimat und seiner Trauer über den Tod seiner Mutter - Nadav Lapids Mutter, die seine Filme bislang geschnitten hatte, starb kurz vor dem Dreh. Und lässt seine Gefühlswelt in alle Richtungen explodieren. Gerne sieht man diesem Seelenstriptease nicht zu. Der Film ist nur Ausrufezeichen. Selbst die zwei entspannenden Momente mit Popmusik, „Be My Baby“ von Vanessa Paradis und „Lovely Day“ von Bill Withers, sind nicht frei von Aggression in einem Film, dessen Soundmix sich anhört wie offen liegende, entzündete Nervenenden. Der Film ist kunstvoll gemacht, aber nicht verspielt wie „Synonymes“. Man sieht nicht gerne zu und kann doch nicht wegblicken. Und wird am Ende allein gelassen mit einem Anblick von Israel von einem Flugzeug aus: Was ist das für ein Land und was machen wir damit? Es hat etwas Anrührendes, dass Lapid den Zuschauer so unmittelbar Anteil nehmen lässt an seinem aufgewühlten Seelenzustand. Aber man kann sich auch nicht des Gefühls erwehren, vom Filmemacher in Geiselhaft genommen worden zu sein.

    Thomas Schultze.
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