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L' avenir: Fesselndes und subtiles Porträt einer Frau jenseits der Vierzig, die in einer Lebenskrise den Mut aufbringt, sich selbst zu entdecken.

„Alles was kommt“ im Kino

Aktuell sind keine Kinotickets in diesem Ort verfügbar.

Handlung und Hintergrund

Handlung von „Alles was kommt“

Nathalie (Isabelle Huppert) ist Ende 50, Philosophielehrerin an der Universität und kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Ihre Ehe hält bereits seit über 25 Jahren, ihre erwachsenen Kinder sind ebenso sinnsuchend wie ihre Mutter und die Studenten schätzen ihre Meinung weiterhin hoch an. Nebenher verlegt sie in einem kleinen Verlag mehrere Bücher und kann nicht nur ihren Theorien freien Lauf lassen, sondern auch ihre Haushaltskasse aufbessern. Doch eines Tages holt sie ihr Alter ein: Zuerst wird sie von ihrem Mann (André Marcon) für eine andere verlassen, dann eröffnet ihr der Verlag ihre Ansichten wären nicht mehr zeitgemäß und müssten gründlich modernisiert werden und zu allem Überfluss muss ihre alte Mutter (Edith Scob) in einem Altersheim rundum versorgt werden. Obwohl Nathalies Welt in den Grundfesten erschüttert ist, möchte sie den einschneidenden Veränderungen auch fortan positiv gegenüber stehen. Keine leichte Aufgabe für die Frau, die sich eher in den Welten der Theorien beheimatet fühlt.

Hintergründe zu „Alles was kommt“

Mit ihrem 5. Spielfilm widmet sich die französische Regisseurin Mia Hansen-Løve („Eine Jugendliebe“) dem Thema des Älterwerdens. In ihrem neuesten Porträt wendet sie sich der Frage zu, ob man gleichzeitig Freiheit ausleben kann oder sich dem Schicksal hingibt. Der Film feierte auf der Berlinale 2016 seine Weltpremiere im Wettbewerb. Dort wurde der Film mit dem Silbernen Bären für die Beste Regie ausgezeichnet. In der Hauptrolle brilliert einmal mehr Isabelle Huppert („Valley of Love“), die bereits 15 Mal für den französischen Filmpreis César nominiert war und einen Preis ihr Eigen nennen kann. Daneben sind André Marcon („Maman und ich“), Roman Kolinka („Eden“), Edith Scob („Holy Motors“) und Sarah Le Picard („Alyah“) zu sehen.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Mia Hansen-Løve
Produzent
  • Charles Gillibert
Darsteller
  • Isabelle Huppert,
  • Roman Kolinka,
  • Edith Scob,
  • André Marcon,
  • Sarah Le Picard,
  • Solal Forte
Drehbuch
  • Mia Hansen-Løve
Kamera
  • Denis Lenoir
Schnitt
  • Marion Monnier

Kritikerrezensionen

    1. Nathalie ist Ende 50, Philosophielehrerin und Autorin philosophischer Lehrbücher. Sie lebt mit ihrem Ehemann, einem Philosophiedozenten, und ihren beiden erwachsenen Kindern in einem etablierten, intellektuell geprägten Haushalt in Paris. Nathalie kümmert sich um ihre labile, besitzergreifende Mutter, fördert einen talentierten, ehemaligen Schüler, sie führt den Haushalt und scheint mit ihrem Leben in Einklang. Doch dann beginnen unerwartete Ereignisse sämtliche Bereiche ihres Alltags umzuwälzen: ihr Verlag stuft Nathalies Lehrbücher als unzeitgemäß und nicht weiter tragbar ein, ihr Lieblingsschüler schlägt einen anderen geistigen Weg ein. Dann verstirbt Nathalies Mutter und ihr Mann verlässt sie für eine jüngere Frau. Nun steht Nathalie vor der Aufgabe, ihr Leben neu ordnen zu müssen. In ihrer fünften Regiearbeit zeichnet die Filmemacherin Mia Hansen-Løve das Porträt ihrer Protagonistin und demonstriert dabei ein außerordentlich feines Gespür für leise Töne und prononcierte Nuancen. Hansen-Løve erzählt die einschneidende Phase aus dem Leben einer Frau jenseits der 50 äußerst präzise und ohne jegliche Dramatisierung mit pointierten Dialogen. Im ruhigen, unaufgeregten Erzählfluss von ALLES WAS KOMMT spiegeln sich der unaufhörliche Fluss der Zeit und die damit verbundene Unaufhaltsamkeit von Veränderungen wider. Diese Veränderungen führen für Nathalie zu Verlust, zum Alleinsein, aber auch zu einer neu erlangten Freiheit wider Willen, mit der sie sich erst arrangieren muss. Mit ihrer unwiderstehlichen Art verleiht Isabelle Huppert der Hauptfigur facettenreiche Konturen und lässt sie zwischen Selbstsicherheit und Unsicherheit, zwischen Stärke und Fragilität, zwischen Entschluss und Zweifel pendeln. Die unaufdringliche Dramaturgie des Films hebt sich positiv von gängigen Modellen ab und mündet in ein Ende, das auch den Zuschauer selbst zu Reflexionen über das (eigene) Leben einlädt. Mit seinem großen erzählerischen und filmischen Gespür für das, was das Leben mit sich bringt, ist ALLES WAS KOMMT eine klug inszenierte, gut beobachtete Charakterstudie, die den Zuschauer mit auf seine berührende Reise nimmt.

      Jurybegründung:

      Die unverwechselbare Charakterdarstellerin Isabelle Huppert prägt diesen Film über Einsamkeit, Liebe und das Älterwerden, aber auch die Veränderungen in der Gesellschaft. Das stille Drama war eines der Highlights im Wettbewerb der Berlinale 2016, die Regisseurin wurde mit dem Silbernen Bär für die Beste Regie ausgezeichnet.
      Die 35jährige Autorenfilmerin bleibt ihren Lieblingsthema, dem Verlust eines geliebten Menschen, auch in ihrem fünften Film treu. In ihrem Debüt TOUT EST PARDONNÉ wendet sich der Vater einer Familie einer anderen Frau zu. Zwei Jahre später inspirierte sie der Tod ihres Mentors Humbert Balsan zum Drama DER VATER MEINER KINDER. 2011 variierte sie ihre Vorliebe für die Auseinandersetzung mit dem Verlassenwerden und Einsamkeit in EINE JUGENDLIEBE, in der eine Frau nicht von dem angebeteten Mann lassen kann.
      ALLES WAS KOMMT steht zudem in der Tradition der Meisterwerke des französischen Kinos. Das Drama folgt ohne größere Höhen und Tiefen oder Spannungskurven einfach dem Fluss des Lebens der Philosophin und Lehrerin Natalie. Ihre Träume hat die Ex-Kommunistin und Alt-68erin längst gegen ein bourgeois alternatives Leben eingetauscht. Sie ist die Kontrolle selbst, alles hat sie im Griff. Sie führt eine normale Ehe, die Kinder sind aus dem Haus.
      Ihr Glück gerät aus dem Gleichgewicht, als ihr Mann sie verlässt und der Verlag, der ihre Bücher über die Klassiker der Philosophie verlegte, ihr kündigt. Das Interesse des Publikums ist zu gering. Die Welt von Natalie und ihre Lebensweise sind vom Aussterben bedroht.
      Die Kamera fängt das auf. Stand Natalie lange im Zentrum des Bildes, rückt sie unmerklich in die Peripherie. Räume öffnen sich, auch landschaftlich. Entfremdung und Fremdbestimmung sind beendet. Natalie könnte sich jetzt frei fühlen, doch mit der unverhofften Freiheit will und kann sie wenig anfangen. Leere breitet sich in ihrem Innern aus, über die auch die Treffen mit ihrem Muster-Schüler nicht hinwegtrösten kann. Der hat sich mit seiner Freundin und einer Diskussionsgruppe aus Deutschland auf einem alternativen Bauernhof in der Provence zurückgezogen. Hier erlaubt sich der Film einen schonungslosen, beinahe gehässigen Blick auf eine Generation, die sich von der Gesellschaft entfernt, die sie vorgibt, verändern zu wollen.
      Die stets äußerlich verletzbar wirkende Isabelle Huppert spielt den Selbstbehauptungswillen von Natalie wie stets mit minimalistischen Mitteln. Eine andere Schauspielerin ist in der Rolle der Natalie kaum vorstellbar.

      Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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    2. Alles was kommt: Fesselndes und subtiles Porträt einer Frau jenseits der Vierzig, die in einer Lebenskrise den Mut aufbringt, sich selbst zu entdecken.

      Das fesselnde und doch immer subtile, alle Erwartungen unterlaufende Porträt einer Frau jenseits der Vierzig, die in einer Lebenskrise den Mut aufbringt, sich selbst zu entdecken - und feststellt, dass ihr gefällt, was sie sieht.

      Zutiefst persönliche Angelegenheiten sind die Filme von Mia Hansen-Løve, was vielleicht einer der Gründe ist, warum sie regelrecht zu atmen scheinen, erfüllt mit Leben und einer endlosen Neugier, wie ihre Figuren durchs Leben gehen, es manchmal meistern und manchmal scheitern, oft in unmittelbarer Abfolge. Verarbeitete die Französin mit dem dänischen Namen in „Der Vater meiner Kinder“ die Erfahrung, dass sich während der Vorbereitung auf ihren ersten Film der eigentlich vorgesehene Produzent, Humbert Balsam, sich das Leben nahm, griff sie in „Eden“ die Vergangenheit ihres Bruders Sven als House-DJ in Paris auf oder thematisierte sie in „Eine Jugendliebe“ ihre eigene Affäre mit einem älteren Mann, sind nun in „L’avenir“ ihre Eltern - beide Philosophielehrer - der Humus, auf dem der Film gedeihen kann. Mit Isabelle Huppert arbeitet Hansen-Løve erstmals mit einem Star zusammen. Es scheint passend, sich eine der Grande Dames des französischen Kinos für eine Rolle auszusuchen, die so unmittelbar mit der Erinnerung an die eigene Mutter zusammenhängt, aber zugleich auch eines der großartigen Filmporträts einer nicht mehr blutjungen Frau ist, die aber doch noch mit beiden Beinen mitten im Leben steht.

      „Wenn man älter als Vierzig ist, kann man eine Frau auch gleich auf den Müll schmeißen“, sagt Nathalie selber. Im Verlauf des Films wird ihr von protestierenden Schülern der Weg in die eigene Schule versperrt, sie wird von ihrem Mann nach 25 Jahren wegen einer anderen verlassen, ihre erratisch agierende Mutter stirbt, die Kinder verlassen das Haus, ihr Vertrag mit einem Verlag für Lehrbücher wird aufgekündigt, und ihr einstiger Musterschüler schlägt einen anderen Weg ein, als sie es sich für ihn gewünscht hätte. Wie dieser unerschütterlichen und aufrechten Frau im Lauf des sich so unaufdringlichen Films, in dem alle Figuren immer in Bewegung scheinen und höchstens kurz in Parks und Gärten und der freien Natur Pausen einlegen, die lieb gewonnenen Sicherheiten des Lebens wegbrechen, lässt sich als Striptease bezeichnen. Denn im Grunde steht Nathalie irgendwann nackt da und muss für sich entscheiden, ob ihr gefällt, was sie sieht - „Deep Peace“ heißt passender Weise der Song von Donovan, den die Regisseurin einmal über den Film legt.

      „Freiheit ist nicht ganz so einfach, wenn sie einem aufgezwungen wird“, sagt sie in der Konsequenz dieses so femininen wie auch unaufdringlich feministischen Films, der so selbstsicher und stark in der Wahl seiner Mittel ist, dass Mia Hansen-Løve ihre Heldin - und ja, das ist sie, eine Heldin - sogar ins Kino schicken kann, wo sie sich „Die Liebesfälscher“ von Abbas Kiarostami ansieht und ihr Juliette Binoche von der Leinwand entgegenblickt, während sie von einem aufdringlichen Fremden belästigt wird. Und als wäre „L’avenir“ nicht schon wunderbar genug, spürt man zusätzlich auch noch eine symbiotische Beziehung zu den Filmen von Hansen-Løves Lebensgefährten und Mentor, Olivier Assayas, auf dessen Filme „L’heure d’eté“ und „Die wilde Zeit“ hier ganz subtil und still und klug Bezug genommen wird. Das Leben, aber wie soll man es leben? Die Figuren von Mia Hansen-Løve begleitet man beim Versuch der Beantwortung dieser Fragen mit großer Begeisterung. ts.
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