Anzeige
Anzeige
Für Links auf dieser Seite erhält kino.de ggf. eine Provision vom Händler, z.B. für mit oder blauer Unterstreichung gekennzeichnete. Mehr Infos.

Antichrist: Ein trauerndes Paar zieht sich in ihre einsame Hütte, "Eden", in den Wäldern zurück. Dort hoffen sie, ihre gebrochenen Herzen heilen und ihre kriselnde Ehe retten zu können. Aber die Natur verschafft sich ihr Recht, und die Situation kann nur schlimmer werden. Der psychologische Thriller des dänischen Regisseurs Lars von Trier, mit Willem Dafoe und Charlotte Gainsbourg in den Hauptrollen, wurde an 40 Drehtagen...

Handlung und Hintergrund

Um den Unfalltod ihres Sohnes zu verarbeiten, zieht sich ein traumatisiertes Ehepaar in einsame Waldhütte zurück, die die Beiden Eden getauft haben. Dort wollen sie wieder zu sich und zueinander finden. Vor allem ihre schwere Depression, für die sie Tabletten verschrieben bekam, erweist sich als harter Brocken. Als sie merkwürdige Dinge sieht und immer stärkere Angstzustände bekommt, ist er zunächst überzeugt, dass es sich um Symptome ihrer Krankheit handelt. Er fordert sie auf, ihre größten Ängst zu konfrontieren, und beschwört eine Katastrophe herauf.

Um den Unfalltod ihres Sohnes zu verarbeiten, zieht sich ein Ehepaar in eine einsame Waldhütte zurück, die es Eden getauft hat. Dort wollen sie wieder zu sich und zueinander finden. Vor allem ihre schwere Depression, für die sie Tabletten verschrieben bekam, erweist sich als harter Brocken. Als sie merkwürdige Dinge sieht und immer stärkere Angstzustände bekommt, ist er überzeugt, dass es sich um Symptome ihrer Krankheit handelt. Er fordert sie auf, ihre größten Ängste zu konfrontieren, und beschwört eine Katastrophe herauf.

News und Stories

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Lars von Trier
Produzent
  • Peter Garde,
  • Peter Aalbæk Jensen,
  • Meta Louise Foldager
Darsteller
  • Charlotte Gainsbourg,
  • Willem Dafoe
Drehbuch
  • Lars von Trier
Kamera
  • Anthony Dod Mantle
Schnitt
  • Anders Refn,
  • Åsa Mossberg

Kritikerrezensionen

    1. Schon immer schreckte Lars von Trier vor keiner Provokationen und keinem Experiment zurück. Ob er bei der unvollendeten „Amerika“-Trilogie auf Kulissen verzichtete, mit der „Dogma“-Bewegung dem Kino die Spontanität und Natürlichkeit zurück geben wollte, einen Zufallsprogramm in „The Boss of it all“ die Bildgestaltung überließ oder pornografische Szenen bei „Die Idioten“ einsetzte – stets waren inhaltliche und inszenatorische Tabubrüche bei ihm Programm. Ebenso liebäugte der begabte Selbstdarsteller schon in der leider ebenfalls unvollendeten TV-Serie „Hospital“ mit dem Schauergenre. Deren bewusste Übertreibungen (etwa Udo Kier als Teufelsbaby) toppt er mit dem Horrordrama „Antichrist“, den man als Splatterversion von „Szenen einer Ehe“ bezeichnen könnte.

      Von der Struktur her erinnert die düster-zermürbende Chronik einer Ehehölle an von Triers zweiten Film, den eher schwachen „Epidemic“, eine Film-im-Film-Studie über das Regieführen, wo ein streckenweise intimes Kammerspiel schließlich im Ausbruch des Grauens mündet. Im neuen Werk tritt dies weniger unvermittelt ein, sondern wird von Anfang an mit steten Anspielungen, Metaphern und Symbolen vorbereitet. Schon im schwarzweißen Prolog, an den der Epilog später anknüpft, liegen Schönheit und Schrecken, Poesie und Tod eng beieinander.

      Während die Eltern den Geschlechtsakt vollführen, was von Trier mit expliziten Details verdeutlicht, klettert ihr kleiner Sohn aus dem Fenster und stürzt in die Tiefe. Sein Teddybär landet dagegen in der mit Händel unterlegten, in Zeitlupe gehaltenen Szene neben ihm weich im Schnee. Den furchtbaren Todesfall verkraftet besonders die junge Frau nicht, die aufgrund schwerer Depressionen im Krankenhaus behandelt und mit starken Medikamenten ruhig gestellt werden muss. Ihr Mann greift zu einer Radikalkur und verordnet beiden eine gemeinsame Reise zu einer stillen Waldhütte namens „Eden“. Doch der Garten Eden mit seinen sprechenden Tieren und der trügerischen Idylle bietet keine Erlösung, ganz im Gegenteil. Zu Beginn verweisen drei Spielzeugssoldaten mit der Aufschrift „Schmerz“, „Verzweiflung“ und „Gram“ auf den kommenden Ausnahmezustand, zugleich der Titel der ersten drei Kapitel, bis schließlich mit Ankunft der „Drei Bettler“, eine Sternenkonstellation, das angedrohte Chaos einbricht.

      Während der von Anthony Dot Mantle wunderbar fotografierte Prolog schon eine surreale Atmosphäre kreiert, setzt Lars von Trier hernach auf eine Kombination aus Handkameraeinsatz, Unschärfen, Jump Cuts und ständigem Perspektivenwechsel, um die anhaltende Verstörung zu unterstreichen. Die Rückblenden in harmonische Zeiten stehen im Kontrast zum Auftreten von Angstzuständen bei der Frau. Während der Mann unterkühlt und mitunter herrisch darauf drängt, sie solle sich der Angst ausliefern, identifiziert seine Frau sich zunehmend mit dem Thema ihrer Dissertationsarbeit, dem Genozid von angeblichen Hexen. Immer stärker verschmilzt sie mit der Natur, „der Kirche Satans“. Im Wald ertönt das Weinen von Kindern, Eicheln hageln bedrohlich auf das Holzdach der Hütte, und aus einem diabolisch wirkenden Baumstumpf ragen Körperteile von Toten.

      „Chaos regiert“, prophezeit ein Fuchs dem irritierten Mann in der Wildnis. Sodann tritt dies ein, als sich die Mutter in die Isolation getrieben sieht und mit Wahnsinn reagiert. Im finalen Amoklauf greift von Trier zu drastischen Schockbildern, die weniger mit dem kunstgeschichtlichen Anspielungen der ersten Stunde zu tun haben, sondern tief in die Kiste der Sexualängste langen. Das gipfelt in einer detailierten Kastrationsszene, womit sich die Frau gewissermaßen für den Geschlechtsakt während des Unglücks bestrafen will. Nicht nur in einigen Anklängen an Naturkitsch streift der provokante Däne die Grenze zur unfreiwilligen Komik. Auch die Einlage mit der Blut spritzenden Penisprothese wirkt mehr albern als schockierend. Doch über weite Strecken gelang ihm eine so faszinierende wie verschreckende Horrorvision vom unüberbrückbaren Geschlechterkampf. „Tanz der Teufel“ trifft auf Strindberg und Nietzsche.

      Fazit: Lars von Triers Depressionstherapie entpuppt sich als schockierender Streifzug durch die Kunstgeschichte mit einigen derben Ausrutschern.
      Mehr anzeigen
      1. ANTICHRIST ist ein mutiges Werk über die Abgründe der menschlichen Natur. Nach dem Unfalltod ihres Sohnes ziehen sich die Eltern in eine Waldhütte zurück, wo der Mann als Therapeut seine Frau von ihren Schmerzen befreien und durch ihre Angstzustände hindurch führen will. Von Beginn an wird der Betrachter von einem unheilvollen Sog in die Geschichte gezogen, der das unvermeidliche Drama vorwegnimmt: einen existentiellen Kampf, der sich bis zum Äußersten steigert. Regisseur Lars von Trier konstruiert mit eigenwilliger symbolischer Bildsprache und einer Untermalung von bedrohlichen Klängen einen filmischen Albtraum, aus dem der Zuschauer mit großem Schrecken erwacht. Nichts für zarte Gemüter, aber ein beeindruckendes Filmwerk: innovativ, überwältigend, verstörend.

        Jurybegründung:

        Die Mehrheit der Jury ist der Überzeugung, dass der Film von Regisseur Lars von Trier ein Meisterwerk ist, welches in die Filmgeschichte eingehen wird. Allerdings stößt man jedoch schnell an Grenzen, wenn es darum geht, diese meisterliche Leistung adäquat zu beschreiben bzw. in einem Diskurs der konventionellen Filmästhetik auf den Punkt zu bringen.

        In der Diskussion wurden verschiede Versuche der Deutung unternommen. Beispielsweise wurde die These vertreten, dass der Film einen archaischen Geschlechterkonflikt zur Sprache bringt, bei dessen Entfaltung in den historischen Machtkämpfen ein männlich konfiguriertes Symbolsystem geschaffen wurde, welches bei der Lektüre durch Frauen zu deren Wahnsinn führen kann und sie in diesem Fall dazu treibt, das Böse zu verwirklichen, welches quasi in einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung angelegt ist.

        Eine andere Auslegung bestand darin, dass in genialer Weise ein Alptraum oder eine Psychose mit filmischen Mitteln visualisiert wurde und zugleich (durch die Figur des Therapeuten) mit einem rationalen (psychologischen) Erklärungsmuster kombiniert wurde. Ängste haben offenbar einen entscheidenden Stellenwert in diesem außergewöhnlichen Versuch der Erkundung menschlicher Abgründe. Die Reichhaltigkeit der cineastischen Inszenierung eröffnet mannigfache Assoziations- und Interpretationsmöglichkeiten. Der Autor selbst scheint im besten Sinne des Wortes FilmKUNST geschaffen zu haben, deren Gestaltungsprinzip sich vielleicht eher mit Versen von Gottfried Benn als mit Kategorien der Filmwissenschaft skizzieren lässt:

        ‚…Und was bedeuten diese Zwänge,
        halb Bild, halb Wort und halb Kalkül,
        was ist in dir, woher die Dränge
        aus stillem trauernden Gefühl?
        Es strömt dir aus dem Nichts zusammen,
        aus Einzelnem, aus Potpourri,
        dort nimmst du Asche, dort die Flammen
        du streust und löscht und hütest sie …‘

        Zahlreiche Aspekte regten die Jury zu einer intensiven und ausgiebigen Diskussion an. Beispielsweise wurde erörtert, dass die Frau ihrem Sohn Nick absichtlich die Schuhe verkehrt anzieht, um ihn am Weglaufen zu hindern bzw. die Bewegungsfreiheit einzuschränken - ebenso wie sie später im Wahn den Ehemann aus Angst vor dem Verlassenwerden mit dem Schleifstein am Fortgehen hindert.

        Subtil sind mit beiläufig eingebauten Elementen (z. B. mit dem Befund der Obduktion) Indizien platziert, die Fragen aufwerfen, welche durch die spätere Handlung aufgegriffen werden. Virtuos gelingt es, mit faszinierenden - teilweise symbolträchtigen - Bildern z.B. dem Fuchs, dem Reh und dem Vogel oder mit sprachmächtigen Dialogen und inneren Monologen - gewissermaßen ‚Öl ins Feuer der Fantasie‘ zu schütten. Die krassen Szenen stellen keine Effekthascherei dar, sondern können als extreme Visualisierungen mit komplexem semantischen Gehalt aufgefasst werden.

        Eine auch nur ansatzweise ausreichende Analyse der Zeichen und Codes ist im Rahmen einer FBW-Bewertung von der Jury natürlich nicht zu leisten. Das gilt ebenfalls für tief schürfende Analysen zur Filmstruktur. Im zeitlichen Rahmen der Begutachtung wurden jedoch u. a. die herausragenden darstellerischen Leistungen und die mutigen Überschreitungen des konventionellen filmästhetischen Bilder-Repertoires gewürdigt. Händels ‚Lascia ch’io pianga‘ darf als treffliche Begleitmusik zum Prolog und Epilog gelten.

        Die erwähnte Radikalität der Ästhetik bringt es freilich mit sich, dass nicht alle Jurymitglieder diese Leistung anerkennen konnten. In der Diskussion gab es leidenschaftliche Plädoyers für den Film, aber auch vehemente Ablehnung. Ebenfalls gehörte Unentschiedenheit zu den ersten, unmittelbaren Reaktionen. Schließlich entschied sich die Mehrheit nach gründlicher Abwägung für die Vergabe des Prädikates besonders wertvoll.

        Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
        Mehr anzeigen
      Anzeige