Ein scheinbar perfekter Geldraub geht schrecklich schief und ein Abtrünniger muss sich vor seinen wild gewordenen Kollegen verstecken. Das Ganze spielt auf dem Gelände einer aufgelassenen Fabrik und mit Ausnahme zweier Verfolgungsjagden wird ein geparktes Fahrzeug zum Schauplatz des Kampfes auf Leben und Tod. Mit seinem düsteren Thriller verleiht Regisseur Nimrod Antal dem Genre des Actionfilms überraschenden neuen Glanz: Er erzeugt ein Ausmaß von Spannung und Nervenkitzel, wie man es in ähnlichen Szenarien schon lange nicht mehr antreffen konnte.
Eine geraume Weile geht es aber zunächst nur darum, den Alltag des jungen Ty, den Columbus Short spielt, vorzustellen. Der Tag beginnt in der Dunkelheit mit dem Piepen des Weckers, und Ty bekommt den jüngeren Bruder nicht wach, bevor er das Haus verlässt. Sein Weg führt an rauchenden Industrieschloten entlang in der Morgendämmerung, er ist der einzige Mensch unterwegs. Auf einem verlassenen Platz steigt er in das Auto Cochranes. Matt Dillon mit Bart und Schnurrbart spielt den erfahrenen Mentor des Anfängers Ty. Im Umkleideraum der Sicherheitsfirma werden sie zu uniformierten Waffenträgern, die ständig nach dem Bösen Ausschau halten. Zwei Kollegen werden von Laurence Fishburne und Jean Reno gespielt, und die Anwesenheit des letzteren lässt Actionqualität à la Ronin erwarten. Für Ty haben sich die Männer einen fingierten Überfall ausgedacht, nur so zum Spaß, der aber demonstriert, wie allgegenwärtig die Lebensgefahr für die Kuriere hoher Geldsummen ist.
Cochrane macht Ty allmählich seinen Plan schmackhaft, sich zu sechst die 42 Millionen Dollar aufzuteilen, die am nächsten Tag abzuholen sind. Tys Vater habe trotz zweier Jobs nichts als Schulden hinterlassen, sein Einsatz sei nicht angemessen honoriert worden. Wie ernst Tys Lage tatsächlich ist, erfährt dieser am gleichen Abend beim Besuch einer Frau von Jugendamt. Der junge Bruder, für den Ty nun sorgt, geht nicht zur Schule, und soll in staatliche Obhut. Ty wiegelt ab, als die Frau fragt, ob der Verlust des Elternhauses droht, weil er glaubt, dass das nicht passieren darf.
Unter diesen Voraussetzungen wird der dekorierte Kriegsveteran am nächsten Morgen schwach, und selbst die Dienstmarke, die ihm der alte Chef überreicht, weist ihm keinen Weg aus der Krise. Ähnlich wie in 96 Hours von Pierre Morel ist das Leben des Actionhelden trist, bedrückend, ein Labyrinth von Ängsten und Verlusten. Der in Amerika geborene Ungar Antal interessierte sich bereits in Motel für die Rückzugsgebiete der Abgehängten, dort war es das Hinterland der Highways. Diesmal entfaltet er seine klaustrophische Atmosphäre in einer aufgelassenen Stahlfabrik, einem riesigen, menschenleeren Gelände voller rostender Metallplatten, Schutt und Staub, das den Männern als Versteck für die Millionen dienen soll.
Dass sich hier Action und menschliche Dramen gegenseitig bis zum Äußersten hochschaukeln, ist vermutlich nicht nur dem speziellen Blick Antals zu verdanken, sondern auch dem Drehbuchautor James V. Simpson, der als Anfänger eine große Originalität mitbringt. Ty wollte den verletzten Obdachlosen ins Krankenhaus bringen und die anderen ihrem Schicksal überlassen, doch Cochrane erschoss den Mann. Nun sitzt Ty verbarrikadiert in dem gepanzerten Fahrzeug, eine kurze Weile konnte er einen Alarm auslösen, doch die Kollegen hämmern schon mit vereinten Kräften gegen die Türverriegelung, die sich millimeterweise bewegt.
Das Hämmern wird nur unterbrochen, weil ein junger Streifenpolizist auftaucht. Auch er wird angeschossen, und Ty zieht den Mann wie im Krieg aus der Schusslinie ins Innere des Fahrzeugs. Während die Zeit verrinnt, steigt die Verzweiflung aller. Cochrane zerfurcht sich das Gesicht mit den Fingern. Jeder Zwischenfall macht sie noch entschlossener. Geredet wird wenig, Entscheidungen fallen manchmal stumm, und jeder kann sich verdächtig machen. Die drohende Vernichtung liegt über jeder Einstellung, lähmend und panisch zugleich.
Fazit: Nimrod Antal erzeugt atemberaubende Spannung in diesem Actionthriller mit seltener emotionaler Dichte.