Mel Gibson mal wieder vor der Kamera, der alte Haudegen! In einem Actionthriller von Martin Campbell, James-Bond-erprobt, er scheint der richtige Mann zu sein: Hat er doch in den 80ern die sechstteilige BBC-Miniserie Die Plutonium-Affäre inszeniert, die er nun in der Zwei-Stunden-Kinofassung nochmal in Szene setzt.
Diesmal spielt alles in den USA, im Forschungsstaat Massachusetts, wo die Wissenschaft eine Menge Bruttosozialprodukt erwirtschaftet. Nur blöd, dass die private Atomforschungsfirma Northmoor ausgerechnet Mel Gibsons Tochter killen muss, denn der ist erstens ein Cop und hat zweitens nun nichts mehr zu verlieren und er geht direkt ran an den Feind. Ein harter Cop voll Rachegedanken, ein Senator, involviert in finstere Geschäfte im Atomlabor, ein undurchschaubarer Brite, der die Fäden verwirrt, eine großkonzernkritische militante Aktivistengruppe, zwei Killer und zwei Anzugsträger von der CIA und damit ist das ganze Personal vorhanden: Campbell erschafft aus den bekannten Versatzstücken das, was man mit ihnen machen kann, einen Rache-Verschwörungsfilm mit Actioneinlagen, und klar kann er das spannend inszenieren.
Aber das reicht natürlich lange nicht. Campbell kloppt alles zusammen, 70er-Jahre-Paranoia, Rache-Reißer und James Bond, ein Gemengelage, das nie recht zueinanderfinden will. Wenn die Drehbuchautoren mal nicht weiterwissen, lassen sie Gibson in eine Schlägerei oder in eine Schießerei geraten, zwischendurch gibts eine Vater tote Tocher-Geschichte, in der Gibson herausfindet, dass er nicht viel weiß über sein Mädel, das lässt ihn noch verbissener werden; und schon findet er einen neuen Hinweis, der ihm weiterhilft; und wer nicht mehr gebraucht wird, den lassen die Autoren fallen, sprich: die Killer killen die, die im Film nicht weiter benötigt werden.
Ja, das wirkliche Problem ist das Drehbuch, dabei hat einer der Autoren, William Monahan, für Departed damals einen Oscar erhalten. Hier aber ist alles voller Löcher, kein Vergleich mit dem ähnlich gelagerten, viel, viel besseren State of Play vom letzten Jahr, der ja auch auf einer BBC-Miniserie basierte. Wenn Auftrag Rache auch mal durch die Logik- und Handlungslöcher durchschlüpfen oder drüberhüpfen kann Campbell und Gibson mit vereinten Kräften gegen das Drehbuch , dann macht Campbell später eben doch auch wieder vieles kaputt, wenn er zu sehr die 007-Formel anwendet. Da ist das Northmoor-Gebäude eine riesige Bergfestung, die Blofeld vor Neid erblassen lassen würde. Und immer wieder wird Gibsons Craven, obwohl er die Bösen merklich in ihren Plänen stört, nicht einfach umgebracht, sondern einmal gar betäubt, ins Herz des Bösen transportiert, nur damit er sich dort wieder befreien und weitermachen kann, wobei er aufgehört hat: beim Zurückschlagen.
Im letzten Viertel wird der Film tatsächlich immer alberner, immer abgehobener. Was man bei einem Bond-Film erwartet, wird auch hier eingebaut, und es passt nicht hinein, wo Campbell doch nach eigener Aussage total aufs Realistische abheben möchte: Realismus war für den Film absolut wichtig, sagt er, und darin versagt er dann immer wieder. Und gleichzeitig zieht der Film mit seiner Story auch wieder den Schwanz ein, belässt die große Verschwörung eben doch im Kleinen, Persönlichen, mit einem Northmoor-Chef, der schlicht wahnsinnig und durchgeknallt ist, und einem Senator, der nie weiß, was läuft. Wirkliches Thriller- oder gar Paranoiafeeling kann nicht aufkommen, wenn der Plot so limitiert ist.
Und ehrlich: Ein Film, in dem die Bösen auf den ersten Blick erkennbar sind, und in dem die schurkischen Verfolger immer, IMMER große schwarze Autos fahren, ein Film, der das alles ganz unironisch ernst meint: der kann einfach von vornherein nicht gut sein. Nicht gut genug.
Fazit: Gute Action mit Mel Gibson aber ein dermaßen schlechtes Drehbuch