„Avatar: The Way of Water“ bringt den großen Bösewicht des ersten Teils zurück – und ging damit ein hohes Risiko ein. Die größte Gefahr wird durch einen erprobten Kniff aber beseitigt.
– Achtung: Es folgen Spoiler für „Avatar: The Way of Water“! –
Die deutschen Kinos öffnen dieser Tage ihre Türen unter anderem, damit das Publikum massenweise in „Avatar: The Way of Water“ strömen kann. Das ist auch nötig, denn die geplanten letzten beiden Teile der Reihe, „Avatar 4“ und „Avatar 5“, gibt es dort in einigen Jahren nur zu bestaunen, wenn „The Way of Water“ und „Avatar 3“ genug Geld in Disneys Kasse spülen. Ansonsten ist vorschnell Schluss und wir würden nie auf angedachte Art erfahren, wie die Sci-Fi-Saga ausgeht.
Bis zum geplanten Ende soll – sofern eben alles gut geht – Stephen Lang eine wichtige Rolle spielen, wie „Avatar“-Schöpfer James Cameron bereits ankündigte. Langs Beteiligung kam damals bei der Bestätigung der Fortsetzungen überraschend, schließlich starb sein Charakter Miles Quaritch in „Avatar: Aufbruch nach Pandora“ – und das nicht nur vermeintlich. Der uns bekannte Quaritch ist tatsächlich tot, denn die Fortsetzung verriet jetzt, dass von dem Colonel quasi eine Kopie erstellt wurde: Seine DNS wurde genauso wie seine Erinnerungen vor seinem schicksalshaften Angriff auf den Baum der Seelen am Ende des ersten Films gesichert.
Wir sprachen unter anderem mit Stephen Lang über „Avatar: The Way of Water“ und die neuen Herausforderungen, die der Dreh diesmal für ihn bereithielt:
Das Problem mit dem alten, neuen Bösewicht
Über eine Dekade später ist Quaritch deswegen zurück oder zumindest eine Version von ihm. Denn seine menschliche DNS wurde mit der von Na’vi gemischt und der daraus hergestellte Avatar mit dem Bewusstsein des Colonels gefüllt. Entsprechend kriegen es Jake Sully (Sam Worthington) und Co. jetzt mit einer noch gefährlicheren Version ihres Erzfeindes zu tun.
Dass Quaritch auf diese Art und Weise zurückkehren kann, verwundert bei genauerer Betrachtung nicht. Schließlich zeigte uns Teil 1, dass die Menschheit schon im Jahr 2154 technisch in der Lage war, einen solchen Stunt zu vollführen. Avatare wurden bereits dort aus der DNS von Na’vi und Menschen geschaffen, zudem wurde das Bewusstsein der Menschen digital übertragen, wodurch diese ihre Avatare aus der Ferne steuern konnten. Eine enorme Kenntnis über menschliche Denkprozesse und wie das Gehirn funktioniert sind Voraussetzung dafür. Entsprechend ist es nicht überraschend, dass damit eine Kopie eines Bewusstsein angefertigt werden kann, um dieses dauerhaft in einen Avatar hochzuladen. Das bringt natürlich den Vorteil mit sich, dass die Verbindung zwischen Mensch und Avatar nicht unterbunden werden kann. Zudem bleibt eine Desorientierung und Entfremdung durch das zuvor aufgeteilte Leben aus, wie sie Jake in „Aufbruch nach Pandora“ erfahren hatte und die für ihn eine mentale und körperliche Belastung waren.
So sehr Avatar-Quaritch also inhaltlich Sinn ergibt, so riskant ist dieses Manöver in narrativer Hinsicht. Denn dass der große Bösewicht der Reihe selbst vom Tod nicht gestoppt werden kann, droht der Geschichte reichlich Spannung zu rauben. Das Publikum könnte schließlich bei jedem Kampf mit Quaritch emotional abschalten, da ein Triumph nur von kurzfristiger Dauer ist, da ja einfach ein paar Jahre später ein neues Modell von der Erde geschickt werden könnte.
Warum wir trotzdem doch wieder um Quaritch bangen
Doch James Cameron gilt nicht ohne Grund als Meister der Blockbuster und vor allem der Blockbuster-Fortsetzungen. Denn das mögliche Problem, dass der Tod in der Welt von „Avatar“ an Bedeutung verliert, wird durch einen cleveren Kniff gelöst, der schon in der „Terminator“-Reihe funktionierte, die ja einst auch von Cameron geschaffen wurde. „Terminator 2 – Tag der Abrechnung“ gilt nicht nur wegen des Spektakels als einer der besten Actionfilme aller Zeiten, sondern auch weil er emotional funktioniert. Gerade der Heldentod des T-800 bewegt Zuschauer*innen bis heute, obwohl wir Arnold Schwarzenegger in dieser Rolle in anderen Versionen davor und danach in „Terminator“-Filmen gesehen haben. Sein Ableben verfehlt seine Wirkung dennoch nicht bei wiederholter Sichtung, weil ebenjene einzigartige Iteration von ihm stirbt, die eine besonders enge Verbindung zu John Connor (Edward Furlong) aufgebaut hat und wie ein Ersatzvater für ihn war. Dieser Verlust kann auch dadurch nicht ungeschehen gemacht werden, dass Schwarzenegger ein paar Jahre später erneut als T-800 durch die Gegend ballerte.
Genauso verhält es sich jetzt mit Quaritch. Denn klugerweise wird seine Avatar-Version in „The Way of Water“ früh von seinem menschlichen Pendant abgegrenzt, indem dieser auch immer wieder darauf verweist, dass er anders ist, mit seinem früheren Ich nichts mehr zu tun habe, ja nicht mal zur selben Spezies gehöre. Dass Quaritch im Film den Schädel seines menschlichen Vorgängers zerquetscht, bringt diese Botschaft bildlich auf den Punkt.
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Dabei bleibt es aber nicht. Quaritch entwickelt im Laufe von „The Way of Water“ tatsächlich Gefühle für Spider (Jack Champion) – obwohl er selbst zuvor betonte, dass ihn mit diesem eigentlich nichts verbinde. Was natürlich nicht ganz stimmt, immerhin teilt er einen wohl nicht kleinen Teil DNS mit dem biologischen Sohn des menschlichen Miles Quaritch. Die Gefühle sind zudem offenbar nicht einseitig, immerhin rettet Spider ihm am Ende das Leben, obwohl er der Erzfeind seiner neuen Familie ist. Diese komplizierte emotionale Verbindung könnte eine neue Version von Quaritch, die vielleicht in ein paar Jahren von der Erde geschickt werden könnte, wohl nicht mehr aufbauen, weswegen wir als Zuschauer*innen aus narrativer Sicht eben doch wieder daran interessiert sind, dass der eigentliche Bösewicht der Geschichte überlebt.
Immerhin dürfte dieses besondere Band zwischen Spider und Avatar-Quaritch, der seinem biologischen Vater noch am nächsten ist, in den kommenden Teilen noch eine wichtige Rolle spielen. Wie wir Cameron kennen, könnte er aber vielleicht trotzdem versucht sein, eine weitere Iteration von Quaritch ins Rennen zu schicken. Was ist beispielsweise, wenn die jetzige Version durch Spider bekehrt wird? Schickt die Erde dann einen vielleicht entsprechend manipulierten Quaritch-Avatar nach Pandora, um seinen direkten Vorgänger emotional zu verunsichern? Solche und weitere Spielerein sind in dem Sci-Fi-Franchise denkbar und wir dürfen gespannt sein, was James Cameron damit anfangen wird. Zunächst ist aber ein wenig Geduld gefragt: „Avatar 3“ erscheint am 18. Dezember 2024 in den deutschen Kinos – bevor uns hoffentlich 2026 und 2028 die abschließenden Teile der Reihe erwarten…