Barney Panofsky ist Mitte 60, raucht und trinkt zuviel und trauert seiner Frau nach, die ihn schon lange verlassen hat. Als ein ehemaliger Cop ein Buch herausgibt, in dem er behauptet, Barney hätte vor langer Zeit seinen besten Freund ermordet, fühlt sich der mürrische Griesgram herausgefordert, seine eigene Version seiner Lebensgeschichte zu erzählen. Und so entspannt sich ein bunter Reigen voller Zufälle, Katastrophen aber vor allem Liebe. Getreu der satirischen Buchvorlage des kanadischen Erfolgsautors Mordecai Richler verfilmt Richard J. Lewis das Leben von Barney als ein stetes Auf und Ab voller Schicksalswendungen. Paul Giamatti erscheint wie geschaffen für die Hauptrolle, zusammen mit einer hervorragenden Besetzung der Nebenfiguren entsteht so Spielfreude pur, wobei vor allem Dustin Hoffman als Barneys Vater Izzy großartig agiert. Ein erfrischend unaufgeregter Film, der das Leben auch in seiner Trivialität zeigt. Mit seinen ironischen Zuspitzungen und Andeutungen spannt er einen Zeitbogen von den 70ern bis heute und schafft somit auch ein amüsantes Sittengemälde der jeweiligen Zeit. Dabei weist BARNEY’S VERSION mit seinem Witz und süffisanten Andeutungen weit über selbst zitierte Klischees hinaus und zeigt eindringlich, dass das Kostbarste, was der Mensch haben und vor allem verlieren kann, Erinnerungen sind. Und Barneys Erinnerungen sind absolut sehenswert.
Jurybegründung:
Barney, Produzent von stupiden, aber erfolgreichen Soap Operas, wird durch die Veröffentlichung eines Skandalbuches, in dem er als Mörder beschuldigt wird, dazu gezwungen, sein Leben Revue passieren zu lassen. Mehr als vierzig Jahre seines Lebens ziehen an dem nicht mehr ganz jungen Barney vorbei, die Geschichten seiner drei Ehen, von denen die erste mit Selbstmord der Frau endete, die zweite durch einen Seitensprung der frustrierten Gattin, und die dritte mit dem Zerbrechen einer wunderbaren Gemeinschaft und großen Liebe. Was in der Hippie-Szene im Rom der siebziger Jahren begonnen hat, endet im Montreal des Jahres 2010, als Barney erkennt, dass er allmählich dement wird und sich noch einmal vergeblich gegen dieses Schicksal, das ihm seine Erinnerungen endgültig rauben wird, aufbäumt. Schauplätze dieses Lebens zwischen Anstand und Verrat, Liebe und Betrug sind Rom, Montreal, New York und ein See in den Hügeln nahe der Metropole Montreal. Der Kamera gelingen dabei schöne Bilder von Städten und Menschen, die zur Entwicklung der Geschichte beitragen. Im Mittelpunkt steht neben Barneys Liebesbeziehung zu seiner dritten Ehefrau Miriam, die ihn nach einem Seitensprung endgültig verlässt, vor allem das intensive Verhältnis Barneys zu seinem Vater Izzy, einem Ex-Cop. Und hier entwickelt der Film, der gelegentlich allzu sehr in Klischees verhaftet bleibt und manche seiner vielen Themen nur anreißt, seine stärksten Momente. Dustin Hoffman darf einmal mehr zeigen, dass er jeder Rolle gewachsen ist, und auch Paul Giamatti als Barney zieht alle Register. Damit lassen sich auch kleine Schwächen in der Dramaturgie gut überbrücken, zu denen auch die Bordell-Szene zählt. Diese wirkt überflüssig, selbst wenn sie Izzys letzte Augenblicke reflektiert, der noch einmal vor seinem Tod ins volle Leben greifen wollte. Neben den überzeugenden Darstellern und der handwerklich soliden Inszenierung ist auch die Musik eine Qualität in diesem Film. Zeitgemäße Songs von Donovan oder Leonard Cohen beschwören den Zeitgeist dieser Jahrzehnte vor allem zwischen 1973 und den neunziger Jahren und werden zu Meilensteinen in Barneys gedanklicher Zeitreise zurück in seine wilden Jahre und zum Drama seiner scheiternden Ehe. Einige Längen der Handlung wie bei der Hochzeitsszene von Barney und seiner zweiten Frau - auch wenn diese zum Teil durchaus witzig aufbereitet ist - und die überbordende Themenvielfalt haben den Hauptausschuss davon abgehalten, dem Film das höchste Prädikat zu verleihen, auch wenn dies solide, sehenswerte Unterhaltung und eine ansprechende Literaturverfilmung ist.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)