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Benedetta: Furios skandalöses Spektakel um eine lesbische Nonne im 17. Jahrhundert, die gewaltsame Jesus-Visionen hat.

Handlung und Hintergrund

Im 17. Jahrhundert in Italien versetzt die Novizin Benedetta Carlini (Virginie Efira) die Oberhäupter der katholischen Kirche in helle Aufregung. Sie habe Visionen von Jesus und auf ihrem Körper erschienen die Wundmale Christi. Als „Auserwählte Gottes“ steigt die Nonne trotz erster Zweifel schnell zur Äbtissin auf, der Vorsteherin des Nonnenordens in Pescia.

Sie genießt die Privilegien der Ordensgemeinschaft und kann ihr geheimes Doppelleben ausleben. Die Nonnenschülerin Bartolomea (Daphné Patakia) führt sie in die Geheimnisse körperlicher Lust ein, eine Sünde, die zu dieser Zeit mit dem Tod auf dem Scheiterhaufen bestraft wird. Die ehemalige Klostervorsteherin Felicita (Charlotte Rampling) kommt dem verbotenen Treiben auf die Spur, der neue Nuncio (Lambert Wilson), der Botschafter des Papsts, leitet eine neue Untersuchung.

„Benedetta“ – Hintergründe, Besetzung, Kinostart

Tatsächlich gab es jene Schwester Benedetta, die im gleichnamigen Biopic von Regisseur Paul Verhoeven („Basic Instinct“) von Virginie Efira porträtiert wird. Die Prozessunterlagen, die der damalige Nuntius führte, wurden erst in den 1980er-Jahren in Florenz in Archiven von Judith Brown wiederentdeckt. Das Sachbuch „Immodest Acts – The Life of a lesbian nun in Renaissance Italy“ aus dem Jahr 1986 gilt als Vorlage für das Drehbuch.

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In den Hauptrollen sind neben Virginie Efira („Ein Becken voller Männer“), Charlotte Rampling („45 Years“), Daphné Patakia („Versailles“) auch Lambert Wilson („Matrix Reloaded“) zu sehen. Bereits 2018 fanden die Dreharbeiten in der italienischen Toskana sowie den französischen Abteien Silvacane und Le Thoronet statt.

Bereits 2019 sollte „Benedetta“ beim Cannes Filmfestival uraufgeführt werden. Dies verzögerte sich aufgrund einer Operation von Paul Verhoeven. 2020 fiel das Festival aus. 2021 fand schließlich die feierliche Weltpremiere beim ehrwürdigen Filmfestival an der Côte d’Azur statt. Der deutsche Kinostart von „Benedetta“ ist am 2. Dezember 2021.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Paul Verhoeven
Darsteller
  • Virginie Efira,
  • Daphne Patakia,
  • Charlotte Rampling,
  • Lambert Wilson,
  • Clotilde Courau

Kritikerrezensionen

  • Benedetta: Furios skandalöses Spektakel um eine lesbische Nonne im 17. Jahrhundert, die gewaltsame Jesus-Visionen hat.

    Furios skandalöses Spektakel um eine lesbische Nonne im 17. Jahrhundert, die gewaltsame Jesus-Visionen hat.

    Paul Verhoeven mag über 80 Jahre alt sein, Altersmilde ist er deshalb noch lange nicht. Mit „Benedetta“, seinem ersten Film seit dem nicht minder kontroversen „Elle“ vor fünf Jahren, geht er auf Konfrontationskurs wie immer, mit einer Kontroverse mit Ansage. Wie könnte eine Verfilmung des Lebens einer lesbischen italienischen Nonne mit gewaltsamen Jesus-Visionen im 17. Jahrhundert in den Händen Verhoevens anders werden als eine gezielte Provokation? Natürlich sind die zu erwartenden Vergleiche allesamt korrekt. Das Subgenre des Nonnenfilms hat von jeher den Ruch des Skandalfilms, weil es doch fast immer um unterdrückte Sexualität geht, um Repression und sublimierte Emotionen. So steht „Benedetta“ aufrecht und stolz in einer Ahnenreihe mit „Black Narcissus“ von Michael Powell oder „Die Teufel“ von Ken Russell. Die Nähe zu den genannten Filmen liegt im Wesen des Themas. Mehr noch spiegelt sich „Benedetta“ indes in einem Film aus Verhoevens eigenem Oeuvre. Er ähnelt dem seinerzeit mit der Goldenen Himbeere ausgezeichneten „Showgirls“ von 1995. In beiden Filmen geht es um aufstrebende junge Frauen, die den Status quo in Frage stellen, an Hierarchien rütteln, die Konfrontation mit einer mächtigeren Frau suchen und schließlich deren Position einnehmen, weil sie unterschätzt wurden und auf dem Weg an die Spitze noch ruchloser als die überlegen scheinende Konkurrentin waren, auch wenn man es ihnen nicht zutraut. Dass Verhoeven damit ein Kloster der katholischen Kirche auf eine Ebene stellt mit der hohlen Glitzerwelt von Las Vegas, von Sin City, ist die eigentliche Subversion, ist die gemeinste Blasphemie in diesem Film der grellen Oberflächenreize, knalligen Skandalszenen und plakativen Schauwerte: Eine zum Sexobjekt missbrauchte Figurine! Ein Jesus Christus, der genussvoll mit dem Schwert Köpfe von Rümpfen trennt! Basierend auf dem Tatsachenbuch „Schändliche Leidenschaften: das Leben einer lesbischen Nonne in Italien zur Zeit der Renaissance“ von Judith Cora Brown hält sich Verhoeven an die vorliegenden Tatsachen, aber er macht es eben auf seine Weise, knallig, als Komödie der Irrungen, als Intrigenspiel im Stil von „Game of Thrones„, inklusive schmissiger Filmmusik und ein bisschen Action: Als junges Mädchen kommt Benedetta Carlini als Novizin in das Kloster in Pescia, wo sie sich einerseits dem Leben als Nonne unterwirft und ihr Leben Gott widmet, andererseits auf ihre Weise sofort gegen die rigide Körperfeindlichkeit rebelliert, mit der die Oberin Francesca Kontrolle über den Konvent bewahrt. Als das Straßenmädchen Bartolomea in das Kloster kommt, entwickelt sich schnell eine leidenschaftliche Beziehung. Benedetta ist eine geschickte Manipulatorin, und es gelingt ihr, den Platz der Oberin einzunehmen, die wiederum ihre Kontakte zum päpstlichen Nunzio nutzt, um sich an Benedetta zu rächen. Im von der Pest heimgesuchten Italien kommt es zum Showdown in den Straßen von Pescia, wo Benedetta auf dem Scheiterhaufen sterben soll. Es ist ein irres Spektakel, das Paul Verhoeven da bietet, in einer Mischung aus der Exploitation von „Hexen bis aufs Blut gequält“ und der Morbidität von „Die Maske des Roten Todes“. Hinter der expliziten Oberfläche verbirgt sich eine böse Satire, ein ätzender Kommentar über gesellschaftliche Zustände der Gegenwart: Lügen tun sie alle, aber wer am besten lügt, der wird das Volk hinter sich wissen. Virginie Efira gibt in der Hauptrolle eine Darstellung, die mit mutig milde umschrieben ist: Viele namhafte Schauspieler wird es im aktuellen Klima nicht geben, die bereit sind, in vielen Szenen völlig nackt zu spielen. Aber sie ist in guten Händen bei Verhoeven: Seine Benedetta ist mindestens so selbstbestimmt und souverän wie Catherine Tramell in „Basic Instinct“. Das 74. Festival de Cannes hatte seinen erhofften Skandal. Paul Verhoeven ficht das nicht an. Er macht Kino, wie er es immer schon gemacht hat und über das man spricht. Weil es unerhört ist und angriffslustig, eine Attacke auf den guten Geschmack und Autoritäten, Kino wider die Tabus. Und dabei unterhaltsam ist, knallig, aufregend und Spaß macht.

    Thomas Schultze.
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