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Beyond Punishment: Dokumentarfilm, der das Prinzip der Strafe im Justizsystem in den USA, Norwegen und Deutschland hinterfragt und Opfer und Täter zu Wort kommen lässt.

Handlung und Hintergrund

Drei unterschiedliche Orte auf der Welt, drei Morde und jeweils ein Opfer und ein Täter, die das Unvorstellbare wagen: Sie nähern sich behutsam einander an. In Norwegen sind das Erik und der Mörder seiner Tochter Ingrid-Elisabeth - eine Eifersuchtstat. In der New Yorker Bronx begegnen Leola und Lisa dem 21-jährigen Sean, dem Mörder ihres Sohnes bzw. Bruders. In Deutschland findet Patrick ein Gegenüber: Sein Vater, ein Beamter, wurde 1986 von der RAF umgebracht, ohne dass der Täter sich zu erkennen gab.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Hubertus Siegert
Drehbuch
  • Hubertus Siegert
Kamera
  • Marcus Winterbauer,
  • Jenny Lou Ziegel,
  • Börres Weiffenbach
Schnitt
  • Anne Fabini

Kritikerrezensionen

    1. Erik hat seine Tochter verloren. Mit 16 Jahren wurde sie von ihrem Freund Karl nach einem langen Streit erschossen. Sechs Jahre später wird Karl aus der Haft entlassen. So will es das norwegische Strafrecht. Erik und seine Familie sind verunsichert und haben Angst. Gleichwohl wünscht sich Karl ein Gespräch. Er will sich erklären, seine Tat verantworten. Sean in New York wiederum will die Verantwortung für seine Tat nicht übernehmen, auch nach vielen Jahren Gefängnis nicht. Er wurde verurteilt, weil er einen Teenager getötet hat. Und in der Bronx sitzen die Schwester und Mutter des Toten und beide haben nur einen Wunsch: dass Sean die Schüsse auf den Jungen zugibt und damit auch ihren Schmerz annimmt. Der Dokumentarfilm BEYOND PUNISHMENT von Hubertus Siegert untersucht die Frage nach dem Sinn von Schuld und Bestrafung und beleuchtet sie aus verschiedenen Perspektiven. Die Rechts- und Strafsysteme der verschiedenen Länder dienen dabei als Hintergrund für die persönlichen Schicksale. Vorsichtig und mit Feingefühl nähert er sich den Protagonisten, ohne sie und ihre Geschichte plakativ auszuschlachten. Zwischen USA und Norwegen, wo auf so unterschiedliche Art und Weise das Prinzip der Bestrafung umsetzen, setzt Siegert eine Geschichte aus Deutschland. Patrick, den Sohn des vorletzten Opfers der RAF, lässt Siegert in einen Austausch mit Manfred treten, einem der Mitbegründer der militanten RAF. Patrick weiß bis heute nicht, wer seinen Vater getötet hat. Manfred war es nicht, doch auch durch ihn starb ein Mensch. Das Gespräch zwischen beiden steht sinnbildlich für den Versuch, die extreme seelische Last mittels Verständnis des Gegenübers loslassen zu können, auch wenn eine Vergebung meist unmöglich erscheint. Immer wieder steht die kritische und manchmal verzweifelte Frage der Protagonisten im Raum, wie sie überhaupt Vergebung leben können. Denn verrät der, der vergibt, nicht den, der getötet wurde? Der Film lebt vom großen Vertrauen der Interviewten zum Filmemacher. Sie erzählen von ihren Gefühlen, ob Täter oder Opfer. Und kommen dem Zuschauer gleichermaßen nah. Ein- und Ausstieg des Films zeigen den Besuch eines Gesprächskreises in einem amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis. Opfer und Täter kommen im Rahmen des Projektes „Restorative Justice“ zusammen und erzählen. Auch hier kann es nicht um Vergebung gehen. Aber, und das macht der Film klar, es geht um unseren Umgang mit Schuld und Bestrafung und das überfällige Infragestellen mancher Strafsysteme. BEYOND PUNISHMENT von Hubertus Siegert ist ein in erster LInie bewegendes, dabei aber reflektiertes und lehrreiches Dokumentarfilmkino mit außergewöhnlichen Protagonisten und einer Botschaft, die anregt, nachzudenken und Fragen zu stellen.

      Jurybegründung:

      Am Beispiel von drei Fällen erzählt der Film von Schuld und Sühne und davon, wie die Hinterbliebenen mit dem Verlust eines ermordeten Menschen umgehen. Sind sie dazu in der Lage, den Tätern zu verzeihen? Wie behandelt die Justiz das Thema? Mit einem norwegischen, einem US-amerikanischen und einem deutschen Fall wählt Hubertus Siegert drei unterschiedliche gesellschaftliche Kontexte. Behutsam nähert er sich den Hinterbliebenen, die die Trauerarbeit nicht abgeschlossen haben. Noch sind Fragen offen, wie es dazu kommen konnte, einem Menschen das Leben zu nehmen. Warum tötete der junge Mann in Norwegen seine Freundin? Warum wurde einem jungen Afroamerikaner in den USA das Leben genommen, nur weil er jemanden beleidigte? Warum wurde Gerold von Braunmühl von der RAF ermordet?
      Siegert beschäftigt sich sowohl mit den Opfern als auch den Tätern. Hieran ist bereits zu erkennen, dass es ihm nicht auf einfache Antworten ankommt. Er will die Komplexität der Zusammenhänge erfassen. Dies gelingt ihm auf beeindruckende Weise, indem er den Film seinen Protagonisten anvertraut, so wie diese sich ihm anvertrauen. Der Film ist dramaturgisch geschickt aufgebaut und erzeugt eine enorme Spannung. Den Vater des ermordeten Mädchens in Norwegen versucht Siegert mit dem Täter zusammenbringen. Mit aller Vorsicht geht er dabei sehr respektvoll vor. Doch der Vater kann nicht vergeben. Eine andere Entwicklung nimmt die deutsche Episode, wenn der Sohn von Braunmühls Manfred Grashof trifft, der zur Ersten Generation der RAF gehörte. Das Gespräch zwischen den beiden gehört zu den Höhepunkten des Films. Auch die letzten Worte, die die Schwester des in den USA ermordeten jungen Mannes spricht, sind so emotional und so wahrhaftig, dass es einem durch Mark und Bein geht. Erstaunlich, was dem Regisseur hier gelingt.

      Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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