Das zehnjährige Jubiläum der Marvel Studios beginnt Mitte Februar mit dem heiß ersehnten „Black Panther“. In den USA hat sich der Film den Rekord für Kartenvorverkäufe bei Superheldenfilmen gesichert, die ersten Reaktionen der Premierengäste waren überschwänglich – die Erwartungen sind also hoch. Wird „Black Panther“ ihnen gerecht?
Mit einem Wort: Ja. Wer sich „Black Panther“ möglichst unbedarft ansehen will und nur eine Bestätigung für die Frage sucht, ob sich die Kinokarte lohnt, der möge zum Fazit nach unten scrollen, denn Spoiler zur Handlung von „Black Panther“ sind an dieser Stelle kaum zu verhindern und folgen alsbald.
Representation matters – Ryan Cooglers „Black Panther“ thront über dem MCU
Ein wesentlicher Grund für den Hype um „Black Panther“: In Hollywood ist die Unterrepräsentation von Nichtweißen nicht erst seit #oscarsowhite ein kontroverses Thema und ein konstanter Dorn im Auge aller, die sich mehr Diversität in den Filmproduktionen der großen Studios wünschen. Daher richteten sich immer mehr erwartungsvolle Augen auf das größte schwarze Ensemble, das bei einem Film der Größenordnung von „Black Panther“ je gecastet wurde – und statt Regisseur Ryan Coogler das formelhafte Marvel-Korsett zu diktieren, ließen die Marvel Studios Coogler einfach sein Ding machen.
Wer erwartet hatte, dass die Marvel Studios „Black Panther“ noch hastig als Lückenfüller bis zum alles entscheidenden „Infinity War“ im April in die Kinos bringen wollte, der täuscht sich. „Black Panther“ ist einer der besten Filme im MCU und dreht sich nicht um Infinity-Stein-schwingende Titanen, sondern vielmehr um kulturelle Identität, Privileg und Verantwortung. Dass Cooglers Film dabei auch ein Marvel-Superheldenfilm ist, sollte genremüde Kinoliebhaber nicht abschrecken, denn „Black Panther“ ist viel mehr als das: eigenständig, stilsicher, warmherzig und gleichzeitig sehr, sehr cool.
Zwischen Privileg und Protektionismus – Wakanda first?
„Black Panther“ spielt hauptsächlich in einem fiktiven afrikanischen Land: Wakandas Jahrtausende währende Geschichte erlebte eine Zäsur, als ein Meteorit voller Vibranium inmitten der sich bekriegenden Stämme niederkrachte. Das Vibranium erweist sich als Metall mit erstaunlichen Eigenschaften, das Wakanda zu Wohlstand und friedvoller Blüte verhilft – und einem technologischen Quantensprung. Während die Nationen der Erde sich immer weiter in katastrophale Konflikte stürzen, schirmt sich Wakanda unter der Führung ihrer Könige, der Black Panther, ab und gaukelt der Weltgemeinschaft vor, ein rohstoffarmes (und dadurch uninteressantes) Dritte-Welt-Land zu sein, das lediglich zu stolz sei, um sich von den Vereinten Nationen helfen zu lassen.
Der alte König T’Chaka geht mit diesem Protektionismus so weit, dass er seinen eigenen Bruder tötete, um Technologie aus Wakanda nicht in die falschen Hände geraten zu lassen. Seinen Neffen Erik überlässt er seinem eigenen Schicksal im kalifornischen Oakland, was der Entwicklung des Jungen nicht unbedingt zugutekommt. Jahrzehnte später kommt er als Erik Killmonger mit Hilfe des Schmugglers Ulysses Klaue zurück nach Wakanda und erhebt nicht nur Anspruch auf den nach der Ermordung T’Chakas gerade an T’Challa übergebenen Thron – er will die Technologien, sprich: potentielle Waffen Wakandas an alle schwarzen Umsturzwilligen der Welt veräußern, um ihnen nach Jahrhunderten der Unterdrückung endlich die Möglichkeit zu geben, eine weltweite Revolution anzuzetteln.
Michael B. Jordans Killmonger ist der nuancierteste Marvel-Widersacher seit Loki, sein gerechter Zorn führt sowohl bei Wakandas Stämmen als auch beim Zuschauer über lange Strecken des Films zu der Erwägung, eher auf ihn zu setzen statt auf den noch nicht sattelfesten König T’Challa, der sich dem Isolationismus seiner Vorgänger verpflichtet fühlt. Auch T’Challa spürt, dass Killmongers Kritik am unsolidarischen Wakanda nicht von ungefähr kommt – und dennoch muss er dessen Revolution verhindern.
Coogler inszeniert Top-Ensemble mit Bravour
Ryan Coogler („Creed“) inszeniert seine Schauspieler, Kulisse und Action mit einer Souveränität, die im Marvel-Cinematic-Universe ihresgleichen sucht. Sein Ensemble glänzt in jeder Rolle: T’Challas geniale Schwester ist eine Mischung aus James Bonds Chefingenieur „Q“ und Tony „Iron Man“ Stark, nur unendlich sympathischer und witziger. Die Kriegerinnen an T’Challas Seite – die wakandische Agentin Nakia (Lupita Nyong’o) und die königliche Leibgardistin Okoye (Danai Gurira, Michonne aus „The Walking Dead“) – stehlen dem „Black Panther“ immer wieder die Show. Michael B. Jordan als Erik Killmonger und Andy Serkis als Ulysses Klaue sind vereinnahmende Bösewichte, denen man die Erreichung ihrer Ziele schon deshalb wünscht, weil man sie gerne wiedersehen würde. Trotz der Leistung des übrigen Casts bleibt Chadwick Bosemans titelgebender Held die Figur, die alles zusammenhält: empathisch, weise und knallhart, wenn es drauf ankommt.
„Black Panther“ ist James Bond ohne die Misogynie, Batman ohne die Miesepetrigkeit und eine Prise Shakespeare ohne den todsicheren Untergang des Königreichs. Ästhetisch schafft es der Film leichtfüßig, ein Land zwischen Stammestraditionen und Futurismus auf die Leinwand zu bringen, sowohl visuell als auch per Soundtrack. Das alles lässt einen fast vergessen, dass man es mit einem Superheldenfilm zu tun haben soll. Für den nimmermüden Fans des Genres sei trotzdem noch hinzugefügt: Die Actionszenen, in denen der Black-Panther-Anzug zum Tragen kommt, etablieren den wakandischen König als einen Helden mit einigen der coolsten Fähigkeiten im Marvel-Cinematic-Universe.
Fazit: „Black Panther“ ist einer von Marvels Besten
Ryan Cooglers „Black Panther“ ist der eigenständigste Film im Marvel-Cinematic-Universe. Die Konflikte im Film sind nicht trivial, die Figuren wohldefiniert und die Schauspieler eine Offenbarung. Wenn man noch die rasante Action, die stilsichere Ästhetik und den wuchtigen Soundtrack beherzigt, ergibt sich die klare Empfehlung nicht nur für Fans des Superhelden-Genres: Ab ins Kino am 15. Februar!
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