Warum Horror? Warum sich Angst, Ekel und Gewalt aussetzen? Diese Frage bekommen Horrorfans immer wieder gestellt. Wer sein persönliches Umfeld zum Horror bekehren möchte, hat es deshalb auch nicht immer leicht. Zu groß sind die Hürden, die Neulinge in diesem oft grenzwertigen Genre nehmen müssen. Wer einem Horror-Anfänger etwa den falschen Film zur falschen Zeit zeigt, verschreckt ihn vielleicht für immer. Und so gerät der Erstkontakt mit unserem Lieblingsgenre zum Tanz auf der Rasierklinge. Es sei denn, ihr vertraut unserem Ratgeber. Wir haben das ultimative How-to-Horror für Anfänger erstellt. So macht ihr aus jedem Einsteiger in nur 7 Schritten einen echten Fan.
Schritt 1: Lachen ist die beste Medizin!
Die mit Abstand größte Hürde für Anfänger ist die Angst. Wer bisher keinen Kontakt zu Horrorfilmen hatte, der wird mit großer Wahrscheinlichkeit eine grundlegende Furcht vor Horrorfilmen und ihrer Wirkung entwickelt haben. Oft ist ein traumatisches Filmerlebnis in der Jugend für diese Genre-Aversion verantwortlich. Doch auch falsche Vorstellungen, fehlende Hintergrundinformationen und mangelnde Kenntnis der filmischen Konventionen können die Wurzel der Ablehnung sein. Warum auch immer der Horror bisher gemieden wurde – Humor hilft in all diesen Fällen. Versprochen! Wer etwas witzig, albern, bescheuert oder lächerlich findet, der immunisiert sich quasi automatisch dagegen. Die Macht des Lachens mildert selbst die drastischsten Momente ab.
Ein brutaler Serienmörder, der über seine eigenen Füße fällt, ist in erster Linie komisch – und sticht er sich dabei mit einer herumliegende Heugabel ein Auge aus, ist auch dieses Gewaltbild nur noch zweitrangig. Lachen befreit eben, gerade im Horror. Und genau deshalb sind Horror-Komödien der ideale Einstiegsvektor für Neulinge. Doch Vorsicht! Vermeidet während Schritt 1 bitte unbedingt noch den Kontakt mit zu viel Blut oder plastischer Gewalt. Seicht und sicher soll der Erstkontakt sein.
Unsere Empfehlungen: „Tanz der Vampire“, „Ghostbusters“, „Hexen hexen“, „Beetlejuice“, „Die rabenschwarze Nacht“, „Frankenstein Junior“, „Arachnophobia“.
Schritt 2: Horror ist übrigens Kunst
Der zweit häufigste Beweggrund für eine Meidung des Horrors, ist seine Geringschätzung. Horror ist Schund! Die Ausstellung von Gewalt zwecks Unterhaltung, die Zurschaustellung von Leid, Schmerz und Grauen eine niederträchtige Verirrung der Filmgeschichte. Erstaunlich viele Menschen sitzen solch merkwürdigen Überzeugungen auf. Warum aber die Malerei von Künstlern wie Francisco Goya, Francis Bacon oder William Bouguereau im Museum laut dieser Menschen verehrt werden sollte und das „Texas Chain Saw Massacre“ dagegen auf die Müllkippe gehört, darauf fehlt ihnen in der Regel die Antwort. Am besten räumt dieses Missverständnis einfach direkt aus. Und zwar mit den einflussreichsten Klassikern des Genres. Wer diesen Film einen künstlerischen Wert abspricht, der hat im Kino einfach nichts zu suchen. Jeder dieser Streifen hat die Filmkunst nachhaltig und umfassend geprägt. Wer ihnen den Rücken zukehrt, ist der wahre Kulturbanause!
Unsere Empfehlungen: „Dracula“ (1931), „Frankensteins Braut“ (1935), „Psycho“ (1960), „Bis das Blut gefriert“ (1963), „Die Nacht der lebenden Toten“ (1968), „Rosemary’s Baby“ (1968), „Der weiße Hai“ (1975) „The Shining“ (1980).
Schritt 3: Die Monster unter dem Bett besiegen
Wer diesen Punkt erreicht hat, der hat bereits deutlich mehr Ahnung vom Horror als die meisten Menschen. Die oben aufgeführten Klassiker sind nämlich eine Art Blaupause für das gesamte Genre. Sie sind sein Quellcode. Hier hat Vieles seinen filmhistorischen Lauf genommen. Von den Klassikern aus entwickelte sich eine ganze Reihe von Unter- und Eigenarten des Horrors. Diesen unterschiedlichen Verästelungen wollen wir in den nächsten Schritten unseres kleinen Ratgebers folgen.
Den Anfang macht dabei das Monster. Warum? Weil das Monster zwar auch zutiefst beängstigend sein kann, letztlich aber immer doch abstrakt bleibt. Monster sind fiktive Träger unserer Angst. Bevor wir uns im Horror also unseren tatsächlichen Ängsten direkt und unmittelbar stellen können, sollte wir zunächst ein paar Monster besiegt haben. Die folgenden Monsterfilme arbeiten alle nach einem klassischen Hollywood-Muster und entlassen den Zuschauern in ein erfreuliches Happy End, welches uns die erfolgreiche Bewältigung der Gefahr mit auf den Weg zum nächsten Punkt gibt.
Unsere Empfehlungen: „Godzilla“ (1950), „Jurassic Park“, „Alien“, „Das Ding aus einer anderen Welt“, „The Host“, „Gremlins“, „Tremors“, „Predator“, „Der Babadook“, „Attack the Block“, „King Kong“, „Cloverfield“.
Schritt 4: Den eigenen Geschmack finden
Es ist schon so weit. Wer die Schritte 1-3 erfolgreich hinter sich gebracht hat, wird bereits eine ziemlich genaue Vorstellung davon haben, was gefällt und was nicht. Mit anderen Worten: Es wird Zeit für die Sub-Genres! Sind es die Werwölfe, die bei leuchtendem Vollmond animalisch in die finstere Nacht heulen? Sind es die feingeistigen, tragischen Vampire, die sich an unseren dunklen, sexuellen Begierden laben wollen? Sind es gar verfluchte Häuser, die ein dunkles Geheimnis beherbergen?
Egal, wo es am meisten kitzelt – die Erkundung der großen Sub-Genres macht ungeheuren Spaß. Dementsprechend empfehlen wir auch, sich ihrer Dimensionen systematisch zu ermächtigen. Mit wenigen essentiellen Filmen kann man sich hier nämlich einen sehr guten Überblick verschaffen und bei Neuerscheinungen im Kino sofort an vorderster Front mitmachen. Die folgenden drei Sub-Genres eignen sich am besten für den Einstieg. Vorsicht ist im Zombie-Genre geboten, hier geht es etwas deftiger zu. Deshalb fehlt es auch noch auf unserer Liste.
Unsere Empfehlungen:
- Werwölfe: „Der Wolfsmensch“ (1935), „American Werewolf“, „Wolf“ (1995), „Ginger Snaps“, Das Tier (1981), Wolfen (1981).
- Vampire: „Nosferatu“, „Bram Stokers Dracula“, „The Lost Boys“, „Near Dark“, „So finster die Nacht“, „Blade“.
- Geisterhäuser: „Das Waisenhaus“ (2007), „Das Rückgrat des Teufels“ (2001), „Poltergeist“ (1982), „Schatten der Wahrheit“ (2000), „Die Frau in Schwarz“ (2012).
Schritt 5: Die eigenen (Gore-)Grenzen kennen lernen
Die Filme, die wir bisher empfohlen haben, sind allesamt Horrorfilme, gar keine Frage. In puncto Gewaltdarstellung zählen die meisten von ihnen aber eher zu den harmloseren Varianten. Früher oder später stellt sich Einsteigern allerdings die Frage, zu was der eigene Magen im Stande ist. Auch ob man grundsätzlich überhaupt gewillt ist, besonders drastische Formen des Horrors über sich ergehen zu lassen, muss irgendwann entschieden werden. Hier empfiehlt sich ein kleiner Test.
Die folgenden Filme gehorchen erneut der unter Schritt 1 angesprochenen Logik des Humors. Sie sind brutal, aber eben auch verdammt komisch. Mit ihrer Hilfe kann man die eigenen Grenzen also prima ertasten, denn Angst und Bange wird einem hier kaum. Es geht in diesen Filmen vor allem um „Gore“ – also um eine „visuelle und affektorientierte Strategie der filmischen Körperdarstellung“, die Ekel und Abscheu bewusst zum Ziel erklärt. Durch die Paarung mit Humor sind diese Film auch für Einsteiger gefahrlos konsumierbar.
Unsere humoristischen Empfehlung für den Gore-Test: „Shawn of the Dead“(2004), „Evil Dead 2“ (1987), „Zombieland“ (2009), „Tucker & Dale vs Evil (2010), Dead Snow (2009), Planet Terror (2007), Dead Alive (1992), Cheap Thrills (2013), Trick ‚r Treat - Die Nacht der Schrecken (2007), You’re Next (2011).
Schritt 6: Die Bestie Mensch!
Nicht schlecht! Wir haben Monster besiegt, klassische Sub-Genres besucht und den Gore-Test bestanden. Es wird also langsam Zeit für echte Herausforderungen. Die lauern meist dort, wo wir uns eigentlich sicher fühlen sollten. In unseren Familien, am Ende der Straße oder im eigenen Keller. Unsere Mitmenschen können böse sein und die Welt da draußen ist hart und unbarmherzig. Das ist der ergiebige Nährboden, den sich der Slasherfilm für seine Ziele zunutze macht. Anders als der klassische Horrorfilm versetzt uns der moderne Horrorfilm mit der Banalität des Bösen und realer Gewalt in Angst und Schrecken. Das Grauen schlüpft also unter die Haut, es wohnt nebenan und es will dich umbringen. Die folgenden Filme sind Klassikers des modernen Horrorfilms. Für Horror-Einsteiger stellen sie sicher eine Herausforderung dar. Aber eine, die sich auf jeden Fall lohnt! Wer es bis hier geschafft hat, sollte nicht aufgeben, denn es warten ein paar der besten Filme des gesamten Genres darauf, entdeckt zu werden.
Der Slasherfilm für Einsteiger: „Blutgericht in Texas“ (1974), „Jessy - Die Treppe in den Tod“ (1974), „Freitag, der 13.“ (1980), „Hügel der blutigen Augen“ (1977), „Halloween - Die Nacht des Grauens“ (1978), „Brennende Rache“ (1981), „Nightmare - Mörderische Träume“ (1984), „Wolf Creek“ (2005), „Saw“ (2004), „The Strangers“ (2008).
Schritt 7: Die echte Herausforderung
Zeit für den letzten Schritt. Ab hier kommen nur noch Filme, die wirklich Angst machen! Verstörendes, fieses Zeug, das uns einfach nicht mehr loslässt, dessen Bilder uns lange verfolgen, Filme also, die so wirkungsvoll sind, dass wir uns aktiv um ihre Verarbeitung kümmern müssen. Mit anderen Worten: Psychologischer, hinterhältiger Horror mit Tiefgang und Wucht. Dass diese Filme nicht unbedingt zensiert sein müssen oder ständig moralische Grenzen überschreiten, versteht sich von selbst. Gemeint ist hier vielmehr maximal effektiver Horror, der vom überwiegendem Teil des Publikums als äußerst beängstigend eingeschätzt wurde. Wer einen der folgenden Filme übersteht, darf sich getrost zur Ruhe setzen. Prüfung bestanden. Und noch viel wichtiger: Wer alle 7 Schritte absolviert hat, der dürfte längst auf den Geschmack gekommen sein. Falls das der Fall sein sollte, erwartet euch bald an dieser Stelle unser Ratgeber für Fortgeschrittene!
Die letzte Prüfung: „Tanz der Teufel“, „Blair Witch Project“, „Der Exorzist“, „The Ring“, „Martyrs“, „TDR - The Devil’s Rejects“, „I Saw the Devil“, „The Hills Have Eyes - Hügel der blutigen Augen“, „Haute Tension“, „Inside“, „The Descent“.