Mit "Rammbock" legten Regisseur Marvin Kren und sein steter Drehbuchautor Benjamin Hessler ein kleines, effektvolles Zombiedrama "made in Germany" vor. Auch Produzent Helmut Grasser, der schon Andreas Prochaskas Slasher-Hommagen "In 3 Tagen bist du tot 1 & 2" finanzierte, erkannte die Qualität dieses Apokalypse-Kammerspiels und engagierte das Duo für den österreichischen Tierhorrorschocker "Blutgletscher". Viele Motive aus dem Vorgänger tauchen hier erneut auf, wobei dieser trotz aller Qualitäten weitaus weniger originell ausfiel und stärker in US-Genrespuren wandelt angefangen vom versoffenen Antihelden über die unterschätzten Tiermutationen bis hin zur Protektion ungeborenen Lebens.
Wieder steht ein unkonventioneller Protagonist im Mittelpunkt, der sich gegen eine zunehmend erstarkende Übermacht an Angreifern wehren muss. Wo in "Rammbock" ein unscheinbarer Kleinbürger den Kampf gegen heranstürmende Infizierte aufnahm, handelt es sich bei dem Techniker der Forschungsstation um einen zottigen, versoffenen Misanthrop, der seinen Mitmenschen per se ablehnend gegenüber steht und nur seinem Hund zu trauen scheint. Darsteller Gerhard Liebmann als desillusionierter Janek zählt zu Andreas Prochaskas Stammschauspielern ("Das finstere Tal", "Spuren des Bösen Zauberberg"). Jedoch werden beide Antihelden in der Sorge um ihre Ex-Freundinnen angetrieben, die sie, aus unterschiedlichen Gründen, zuvor vergrault hatten. Ein weiteres Mal erfolgen die Attacken der Kreaturen sowohl in einem hermetisch abgeriegelten Raum der Forschungsstation als auch in der Außenwelt, wo man den Angriffen fast schutzlos ausgeliefert ist.
Selbst der Zusammenhalt innerhalb der zusammengewürfelten und bald stark dezimierten Truppe lässt zu wünschen übrig, wenn sich Eigenschafen wie Egoismus und Feigheit bei einigen Eingeschlossenen breit machen. Hier erweisen sich die Frauen als tatkräftig zupackend und besonnener als die Männer. Besonders seiner Mutter Brigitte dachte Marvin Kren eine ansprechende Rolle als resolute, abgeklärte Politikerin zu, die sich nicht wie viele Machtmenschen des Genrekinos hinter hohlen Phrasen versteckt, sondern aktiv an der Verteidigung des isolierten Unterschlupfs teilnimmt.
Während die aus dem Eis austretende rote Flüssigkeit, Ursprung allen Übels, natürlich als CGI-Effekt kreiert wurde, setzten die Macher bei den Monstern auf handgemachte Puppen aus der Werkstatt von "Chris Creatures". In den Dialogen fällt nicht umsonst einmal der Verweis auf die "Wolpertinger" - Fantasietiere, die zahlreiche Museen des Weißwurstäquators bevölkern. Viele dieser kreischenden Wesen, die sich im Körper anderer Tiere und Menschen fortpflanzen, erinnern tatsächlich an tollwütige Wolpertinger oder an bösartige Muppets. Als Ursache für die fehlgeleiteten Auswüchse der Natur dürfen Klimawandel und Umweltverschmutzung als kritische Komponente nicht fehlen.
Im Motiv des anstehenden wichtigen Ereignisses, das nicht durch scheinbar unberechtigte Unkenrufe eines unzurechnungsfähigen Schwarzsehers beeinträchtigt werden darf, offenbaren sich besonders Parallelen zum "Weißen Hai", der "Mutter" aller Tierschocker. Neben Spielbergs Klassiker bedienten sich Kren und Hessler besonders bei John Carpenters "The Thing", dessen Struktur man fast sklavisch folgt, und Ridley Scotts "Alien" mit dem Element des menschlichen Körpers als Brutstätte für zerstörerische Partikel.
Immerhin gelang mit "Blutgletscher" ein durchaus fesselnd inszeniertes "Creature Feature", das mehr auf sarkastischen Humor und Spannung denn auf eklige "Gore"-Einlagen setzt. Insofern erfüllt das Alpenhorrordrama ganz die Erwartungen mehr aber dann doch nicht.
Fazit: "Blutgletscher", der Film zum Wolperinger, liefert solides Spannungskino mit bissigem Humor und handgemachten Effekten, wobei er sich nie von den übermächtigen US-Vorbildern lösen kann.