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Rundskop: Intensives, bitteres Drama, das vor dem Hintergrund von mafiösen Machenschaften beim Doping in der Rinderzucht ein feines psychologisches Porträt der Hauptfigur zeichnet.

Handlung und Hintergrund

Der wie ein Bulle gebaute und zu Jähzorn neigende Jacky stammt aus einer flämischen Viehzüchterfamilie, deren Patriarch schwer krank geworden ist. Doping für die Tiere ist übliche Praxis auf dem Hof. Auch er selbst spritzt sich Hormone. Als Mann fürs Grobe kümmert er sich außer um die Herde auch um die Kontakte mit den zwielichtigen Lieferanten, die nicht vor Mord zurückschrecken. Bei einem der Treffen sieht er einen Freund aus seiner Kindheit wieder und versucht ihn erst zu vermeiden.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Michaël R. Roskam
Produzent
  • Bart Van Langendonck
Darsteller
  • Matthias Schoenaerts,
  • Sam Louwyck,
  • Jeroen Perceval,
  • Jeanne Dandoy,
  • Barbara Sarafian,
  • Tibo Vandenborre,
  • Frank Lammers,
  • Robin Valvekens,
  • Baudouin Wolwertz,
  • David Murgia,
  • Erico Salamone,
  • Philippe Grand'Henry,
  • Kris Cuppens,
  • Sofie Sente,
  • Kristof Renson,
  • Hein Van der Heijden,
  • Stefaan Degand,
  • Mike Reus,
  • Ludmilla Kleijniak
Drehbuch
  • Michaël R. Roskam
Musik
  • Raf Keunen
Kamera
  • Nicolas Karakatsanis
Schnitt
  • Alain Dessauvage
Casting
  • Meikeminne Clinckspoor

Kritikerrezensionen

    1. Das Milieu: Die belgischer Rinderzuchtszene mit all den Wachstumshormonen, mit all den kleinen, wirksamen chemischen Mittelchen, die die Rinder künstlich aufpumpen: schnelles Wachstum für ein schnelles Steak, billige Aufzucht für billige Nahrung. Da sieht man dann aufgereiht all die Fläschchen, Spritzen, Mixturen, die mehr Profit vom Fleischwachstum versprechen, die Ställe sind Mastfabriken, die Rinder sind das Kapital, das sich möglichst billig vermehren soll. Doch ist dies kein Film, der einem die Mechanismen der Nahrungsmittelindustrie nahe bringen soll, der aufrütteln will über die unmenschlichen, untierischen Methoden der modernen Viehwirtschaft, der profitorientierte Fleischproduktion und/oder ignorantes Verbraucherverhalten anklagen will. Für so etwas gibt es engagierte Dokumentarfilme. Michael R. Roskam inszeniert in seinem Langfilmdebüt einen Gangster- und Mafiafilm mit Noir-Touch. Einen Genrefilm, der zugleich Meditation ist über Männlichkeit und Menschlichkeit, über vergangene Freundschaft und über Liebesobsession, über das Tier im Menschen, über den Stier im Mann.

      Jacky ist der muskelbepackte Chef einer großen Rinderzucht. Nicht nur seinen Rindern, auch sich selbst spritzt er massenhaft Testosteron, oben in seinem Zimmer, um dann schnaufend und schnaubend seine stählernen Fäuste durch die Luft sausen zu lassen, ein Boxkampf gegen niemanden. Fehlt nur noch, dass er muht. In seinem Stall hält er menschengemachte Stiere; er selbst ist ein zum Stier gemachter Mensch. Das zeigt sich im Lauf des Films, wenn wir eintauchen in die Welt der Hormonmafia und der Fleischkartelle, bei denen Jacky mitspielt: Drohungen gegen Zulieferer, strategische Partnerschaften mit korrupten Veterinären, Kooperationen mit dubiosen Fleischhändlern… Dass er dabei versehentlich in einen Mordfall gerät, bei dem ein hartnäckiger Polizist von den mafiösen Fleischgangstern gekillt wurde; und dass er unversehens auf einen Kindheitsfreund trifft, auf Diederik, mit dem er das Geheimnis seiner Kindheit, seiner Identität teilt – das ist das Unglück für Jacky.

      Plötzlich geraten wir in eine Rückblende – das ist der Moment, wo der Film vom Gangsterkrimi zum Gangstermelodram umschwenkt. Und bei dem klar wird, dass Jacky gar nicht anders kann: Weil er immer schon aufgewachsen ist mit Spritzen und Hormonen, und weil er irgendwann diese Spritzen und Hormone selbst brauchte: Weil es da eine Szene gibt, die unglaublich schmerzhaft ist, sicherlich auch für den weiblichen Teil des Publikums, wo ein minderbemittelter, hemmungsloser und brutaler Jugendlicher mit zwei Steinen bei Jacky… Man kann es nicht beschreiben. Jacky jedenfalls braucht fortan Testosteron, seine Männlichkeit wäre sonst gänzlich dahin; und seine Eltern brauchen die Beruhigung, dass er dennoch nicht schwul wird. Was, in einer ironischen Volte, Jackies damaliger bester Freund Diederik geworden ist…

      Zufälle kann es nicht geben, erklärt Eva Forrestier, die Kommissarin, die hinter der Rindermafia her ist; und die Diederik als V-Mann einsetzt. Und wegen dieser Ansicht: Dass nichts versehentlich passiert, dass das Unwahrscheinliche einem Plan folgt, fällt Jackys Welt zusammen. Hat er etwas mit dem Mord am dem Bullen zu tun? Warum finden sich die Reifen des Täterfahrzeugs auf seinem Hof? Will Diederik ihn in die Pfanne hauen? Und Lucia, die Frau, die er als Junge geliebt hat: Will sie etwas von ihm wissen? Kunstvoll baut Roskam seinen Plot auf, eines fügt sich ins andere. Das wirkt ab und an etwas zu gewollt und zu konstruiert, Diederiks Homosexualität etwa, oder Jackys monothematische Obsession für Lucia, die nach 20 Jahren Latenzzeit urplötzlich wieder aufflammt. Doch im Sog der Story, im Vorwärtsdrang des von Zufällen durchsetzten Schicksals fällt das kaum ins Gewicht. Zumal sich Jacky tatsächlich immer mehr in einen Bullen verwandelt, in einen mächtigen, unaufhaltsamen einsamen Kämpfer, nur noch Körper, der seinen Kopf vornehmlich für Stöße benutzt, der brutal und direkt, mit angelegten Scheuklappen, stur und dickköpfig seinen Weg geht. Wohin er auch führen mag.

      Fazit: Stimmungsvoller Noir-Gangsterfilm im Milieu der belgischen Hormon- und Fleischmafia; und zugleich das Melodram eines Jungen, der nie aus eigener Kraft ein Mann sein konnte, ein Drama von verlorener Liebe und verlorener Freundschaft: Der Weg eines stieren, sturen Mannes zu seiner Schlachtung. Nominiert für den Europäischen Filmpreis und Belgiens Kandidat für den Oscar.
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    2. Bullhead: Intensives, bitteres Drama, das vor dem Hintergrund von mafiösen Machenschaften beim Doping in der Rinderzucht ein feines psychologisches Porträt der Hauptfigur zeichnet.

      Wuchtiger belgischer Film Noir, der mit einem krassen Drama um die Macht des Schicksals in die Welt der Rinder-Mafia führt.

      Natürlich gibt es in Belgien keine den Corleones vergleichbare Patengesellschaft, aber die in Michael R. Roskams aufwühlendem Debütfilm agierende Rinder-Mafia ist in der Wahl ihrer Mittel nicht weniger zimperlich. Das muss Jungbauer Jacky Vanmarsenille (Matthias Schoenaerts) erfahren, der von einem Veterinär dazu gebracht wird, als Lieferant für einen flämischen Rindfleischhändler zu arbeiten. Jacky gerät ins Visier der Fahnder, als ein Polizist von den Gangstern ermordet wird. Die Begegnungen mit dem verdeckt arbeitenden Jugendfreund Diederik, der in dem Milieu seine Homosexualität verbergen muss, und Jugendliebe Lucia, eine unerreichbare Schöne, die von ihm verschreckt wird, wecken Jackys Erinnerungen an ein Kindheitstrauma, das er mit den Hormonen verdrängt, die er seinen Rindern spritzt. Der Koloss wird in eine Katastrophe getrieben.

      Der beklemmende Film Noir basiert frei auf der Ermordung eines Veterinärinspektors 1995, ist aber keine Rekonstruktion, sondern eine wuchtige und krasse Krimi-Tragödie um die Macht des Schicksals, Freundschaft und vergebliche Liebe. Der von Schoenaerts brillant gespielte Jacky, mit Stiernacken und aufgepumpten Muskeln seinen Rindern ähnlich bis zur Deckungsgleichheit, ist eine in die Enge getriebene gequälte Seele, deren mühsam unterdrückte Aggressivität sich mit den einzigen Mitteln Bahn brechen wird, die sie kennt.

      Realistisch in der Wiedergabe der Rinderhaltung, beginnt „Rundskop“ (Stierkopf, Dickkopf) mit einer Schlachtszene und schildert detailliert die Geschäftsmechanismen der Kriminellen. Als Chargen im Spiel sorgen zwei wallonische Mechaniker, die für die Flamen arbeiten, für komische Intermezzi im so grausamen wie grotesken Geschehen. In den dunklen, verhangenen Bildern, die Belgien so charakterisieren wie Jacques Brels Chanson vom Flachland, scheinen sich in den Innenaufnahmen die Bauern vom Vieh kaum zu unterscheiden. Purer Rinderwahnsinn. ger.
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