Jack Abramoff sitzt heute wegen Bestechung und Steuerhinterziehung hinter Gittern, und er bereut nichts. Was er getan hat, tun tausende andere auch: Politik beeinflussen, Kontakte knüpfen, die Wirtschaft am laufen halten. Abramoff war Lobbyist, der beste seiner Zunft, mit der besten Vernetzung, den besten Ideen, der besten Auftragsaquise. Hatte mit Indianerstämmen zu tun, die ihre Casinos ausbauen wollen, mit den Marianeninseln, die ein unkontrolliertes Wirtschafsgebiet bleiben wollen, mit einer Flotte von Luxuslinern, die außerhalb der US-Seegrenzen Glücksspiel betreiben will.
Jack Abramoff ist Jude, ein wirklich gläubiger Mensch, der sich einfindet in die radikal christlich geprägte Kultur republikanischer Entscheidungsträger. Aus seinen Schwächen etwa der Religion weiß er Stärke zu ziehen, und er erliegt nur einem Laster: Dem Größenwahn, der Unmäßigkeit. Darin ähnelt er seinem kongenialen, aber untergebenen Partner Michael Scanlon, mit ihm verfährt er erfolgreich nach der Strategie Getrennt marschieren, vereint zuschlagen: Sie sind das beste Team, das sich die Kunden wünschen können, kennen alle Gesetzeslücken (und wissen, wie man unbemerkt auch mal Gesetze übertreten kann), sie wissen, wie sie ihre Klienten zufrieden stellen und für sich das Bestmögliche herausholen können.
Jack Abramoff jongliert mit vielen Bällen, und er jongliert gut; und George Hickenlooper weiß, dieses Jonglieren dramaturgisch geschickt in Szene zu setzen: indem er vieles anreißt, Kompliziertes gar nicht groß erklärt, indem er sich nicht auf Ursachen, sondern auf Wirkungen konzentriert. Die Schnelligkeit in Jacks Denken überträgt sich auf die Schnelligkeit des Films, der dessen Handlungen und Verhandlungen eher skizzenhaft umreißt und gerade dadurch ein besonderes Gespür für die Welt, in der Jack lebt, die er liebt, vermittelt.
Und ganz behutsam schält der Film seinen eigenen Gang aus dem von Jack bestimmten Lauf der Dinge heraus, erzählt seine Geschichte einer allgemeinen Hybris, deren Opfer eher zufällig Jack Abramoff ist. Der zwar zu übersteigerten Ideen tendiert: er will eine Schule inkl. Sportstätte stiften, mehrere Fünf-Sterne-Restaurants errichten und überhaupt ein Denkmal seiner selbst sein; der aber damit seinen Niedergang nur geringfügig selbst verschuldet hat. Seine Entscheidungen kann er normalerweise durch Kniffs und Tricks zu seinen Gunsten umbiegen ein paar Kleinigkeiten aber schlagen doch zu hohe Wellen. Dass er einen alten Freund, einen abgehalfterten Teppichverkäufer, als Strohmann bei der Florida-Casinoschiff-Sache einsetzt und nichts von dessen krimineller Vergangenheit und den Kontakten zur Mafia weiß; dass er einen der Häuptlinge falsch einschätzt, denen er für viel Geld Kontakte nach Washington hinsichtlich des Glücksspielmonopols amerikanischer Ureinwohner beschafft: Das sind seine Fehler. Dass Partner Michael seine Verlobte betrügt und diese eifersüchtig ist; dass die Florida-Casinoschiffe von einem Griechen mit ausgeprägtem Familienbewusstsein geführt werden; dass er selbst nicht bemerkt, wie er Gott und seine Familie vernachlässigt hat kann man ihm das anrechnen?
Man kann. Denn man braucht einen Sündenbock im großen innenpolitischen Skandal, in dem Abramoff eifrig mitmischte. Ein Skandal mit seinem Höhepunkt Mitte der 2000er Jahre, der in Deutschland kaum beachtet wurde (der ja auch nur die washingtoninterne Angelegenenheiten betrifft); ein Skandal um Korruption und Einflussnahme, um allerlei illegale Aktivitäten und um die Frage, wie weit die Wirtschaft die Politik kontrollieren darf, der auch in Deutschland seine Entsprechungen hat. Und man wünschte sich von einem deutschen Film ähnliche Einblicke in die Mechanismen der Macht, die ganz ohne oberlehrerhafte Bewertung konzentriert kritisch die Abläufe charakterisiert.
Fazit: Ein vergnüglicher und nachdenklicher Blick hinter die Kulissen der Macht am Beispiel eines der großen amerikanischen Lobbyisten, der an seinem eigenen Berufsbild zerbricht.