Wenn man „Casino Royale“ hört, denkt man an den ersten 007-Auftritt von Daniel Craig. Doch lange vor seinem Bond-Debüt erschien ein Werk, das heute fast vergessen ist.
Die allererste filmische Umsetzung von „Casino Royale“ hat mit dem eleganten und düsteren Reboot von 2006 mit Daniel Craig wenig gemeinsam. Tatsächlich wurde Ian Flemings Debütroman über den britischen Geheimagenten bereits 1954 zum ersten Mal adaptiert – als Live-TV-Episode im Rahmen der US-Serie „Climax!“, in der Barry Nelson als US-amerikanisierte Version von James Bond auftrat. Diese frühe Fassung geriet schnell in Vergessenheit, doch in den 1960er-Jahren nahm die Geschichte eine eigenwillige Wendung.
Die Filmrechte an „Casino Royale“ lagen nicht bei Eon Productions, dem Studio hinter der offiziellen Bond-Reihe, sondern bei Produzent Charles K. Feldman, der das Projekt nach dem Erfolg der Eon-Filme wie „James Bond jagt Dr. No“ und „Goldfinger“ auf den Markt bringen wollte. Da eine Kooperation mit Eon scheiterte, entschloss sich Feldman, aus „Casino Royale“ eine großangelegte Parodie zu machen – eine Entscheidung, die den Film zu einem der kuriosesten Einträge der Bond-Geschichte machte.
Jüngst hat Amazon sich die Rechte für das Bond-Franchise gesichert. Was das bedeutet, erfahrt ihr in unserem Video:
Das ist „Casino Royale“ aus dem Jahr 1967
Statt eines ernsthaften Agententhrillers entstand 1967 ein chaotisches Comedy-Epos, das weniger mit Spannung als mit Slapstick und Starpower aufwartete. Der Film wurde als Ensemble-Komödie mit einem fragmentierten Plot konzipiert, ähnlich wie andere damalige Komödien mit übergroßen Casts wie „Eine total, total verrückte Welt“.
Gleich mehrere Schauspieler*innen übernahmen den Namen James Bond, darunter Peter Sellers, Ursula Andress, David Niven, Joanna Pettet und Terrence Cooper. Woody Allen spielte sogar eine eigene Figur namens Jimmy Bond, einen neurotischen Verwandten des Agenten.
Die Erzählstruktur des Films war entsprechend zersplittert, was durch die chaotische Produktion noch verstärkt wurde: Mehrere Regisseure, darunter auch John Huston, inszenierten unterschiedliche Segmente und am Set kam es zu Spannungen – etwa zwischen Peter Sellers und Orson Welles, der Le Chiffre verkörperte.
Der Erfolg von „Casino Royale“
Trotz dieser Turbulenzen und der völlig absurden Handlung – inklusive fliegender Untertassen, Auftritten im Jenseits und einem bombastischen Finale voller Explosionen und doppelter Identitäten – war der Film ein kommerzieller Erfolg. Das lag weniger am Inhalt als am Timing: Inmitten des Bond-Hypes der 1960er-Jahre wollten viele Zuschauer*innen einfach alles sehen, was auch nur im Entferntesten mit 007 zu tun hatte.
Im Hinblick auf die Reaktionen kam der Film allerdings nie gut weg. Bereits zur Veröffentlichung wurde er wegen seiner Überlänge, der unzusammenhängenden Handlung und dem überdrehten Humor verrissen. Mit der Zeit wurde der Film zwar zu einem popkulturellen Artefakt, aber nicht zu einem Klassiker.
Heute gilt „Casino Royale“ von 1967 als historische Kuriosität: ein überambitioniertes, überbesetztes Filmexperiment, das die frühen Unsicherheiten der Filmindustrie im Umgang mit James Bond widerspiegelt – lange bevor Daniel Craigs Auftritt 2006 das Franchise neu definierte. Die ernsthafte Neuverfilmung machte die Parodie endgültig obsolet und verdrängte sie aus dem kollektiven Gedächtnis. Wer sich dennoch darauf einlässt, erlebt einen wilden Ritt durch die Exzesse des 60er-Jahre-Kinos.
Beide Versionen könnt ihr bei Amazon leihen und kaufen – hier die Version von 1967 und hier die von 2006.