Vor langer Zeit gab es in der palästinensischen Stadt Jenin im Westjordanland ein Kino. Der Ort im Zentrum der krisenerschütterten Stadt war Begegnungsstätte für Menschen, unabhängig von Alter oder Staatsangehörigkeit. Doch seit dreißig Jahren ist das Kino geschlossen. Zusammen mit Freunden aus Jenin und Helfern aus der ganzen Welt macht sich der Dokumentarfilmer Marcus Vetter nun auf, das Kino wieder zu eröffnen. Dabei stehen ihm immer wieder behördliche Maßnahmen, Verhandlungsschwierigkeiten mit den Eigentümern und nicht zuletzt die Ängste der Menschen vor neuen terroristischen Angriffen im Weg. Doch der Wunsch nach Frieden und einem Ort der Hoffnung ist stärker. Nach seinem preisgekrönten Film DAS HERZ VON JENIN gelingt Marcus Vetter auch mit dieser mitreißenden Dokumentation eine überzeugende Balance zwischen einer spannungsreichen Geschichte und aufschlussreichen Einblicken in die politisch angespannte und brisante Lage einer Region. Nur beiläufig erzählt Vetter von Terrorismus und der stetigen Gefahr, auf offener Straße ermordet zu werden. Doch die drastische Lage der charismatischen Protagonisten schwingt in jeder Einstellung mit und lässt, zumindest am Rande, die Gefahr nachvollziehen. CINEMA JENIN ist eine Geschichte über Mut in der Ausweglosigkeit. Doch noch viel mehr über die Kraft der Hoffnung und eines gemeinsamen Ziels.
Jurybegründung:
Mit seiner Dokumentation DAS HERZ VON JENIN über die Geschichte des palästinensischen Vaters Ismail Khatib konnte Regisseur Marcus Vetter viele, auch internationale, Auszeichnungen erhalten. Die Produktion zu diesem Film verführte Marcus Vetter auch zu einem Traum: Den Wiederaufbau eines seit 20 Jahren geschlossenen und nunmehr zur Ruine verkommenen größten Kinos der Westbank in Jenin, dem „Cinema Jenin“. Das Kino sollte nach seinem Wiederaufbau nicht nur zur Vorführung von Filmen, sondern auch als Kulturzentrum und Ort der verschiedensten Theater- und Musikveranstaltungen dienen, aber besonders auch ein Refugium für die Kinder von Jenin sein.
Es war ein außergewöhnlich zähes Ringen um Verträge mit den alten Besitzern und um Spenden und Sponsoren aus aller Welt. Es galt, das Misstrauen und die Vorurteile der Bürokratie des selbstverwalteten Palästinensergebietes und gleichzeitig seiner Menschen zu überwinden. Und immer wieder war das Scheitern des Projektes greifbar nah. Jedoch wurde auch die Zahl der Helfer um Marcus Vetter, Ismail Khatib, dem Vater des Jungen Ahmed, und Fakhri Hamad, dem Übersetzer von Ismail, immer größer. Aus aller Welt strömten sie herbei und tatsächlich konnte das Kino im August 2010 wieder seine Pforten öffnen.
Marcus Vetters Dokumentation eines außergewöhnlichen und eindrucksvollen humanitären Projektes verdichtet sich im Verlauf spannend wie ein Krimi. Maßgeblich trägt dabei die hervorragende Montagearbeit dazu bei. Ein weiteres Lob verdient die Kamera, die zum Teil unter schwierigsten Bedingungen Menschen und Situationen mit feiner Beobachtung einfängt.
Ein besonderer Gewinn sind dabei zum Beispiel Protagonisten wie der Vorführer des Kinos. Der Wunsch aller Helfer beim Aufbau war, dass „Cinema Jenin“ ein Ort des Friedens und ohne Waffen sein soll und dazu beitragen möchte, eines Tages zur Versöhnung mit Israel und der Anerkennung eines eigenen Staates gelangen zu können.
Letztendlich ist CINEMA JENIN aber auch eine Hommage an das Kino und die Liebe zum Film selbst.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)