„Deadpool & Wolverine“ und „Nur noch ein einziges Mal“ scheinen das neue Barbenheimer sein zu wollen, doch die Fans sehen in diesem Versuch eine unangebrachte PR-Strategie.
Triggerwarnung: Dieser Artikel enthält explizite Schilderungen psychischer und/oder physischer Gewalt sowie häuslicher Gewalt und kann möglicherweise retraumatisierend wirken. Wenn ihr euch aktuell nicht in der Verfassung für solche Themen fühlt, überspringt diesen Artikel lieber und schaut gern ein andermal wieder vorbei!
Für das Hollywoodpaar Ryan Reynolds und Blake Lively könnte es aktuell eigentlich nicht besser laufen. Ihre beiden Filme „Deadpool & Woolverine“ und „Nur noch eine einziges Mal“ dominieren die US- und deutschen Kinocharts, womit sie gar Filmgeschichte schreiben. Vor 34 Jahren gelang es nur einem anderen verheirateten Hollywoodpaar, Platz 1 und 2 der US-Charts unter sich auszumachen: 1990 waren es Bruce Willis mit „Stirb langsam 2“ und Demi Moore mit „Ghost – Nachricht von Sam“, die an der Spitze der Charts thronten, wie das People Magazin berichtete.
Ihr seid von häuslicher Gewalt betroffen und sucht Hilfe sowie Unterstützung? Das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen erreicht ihr unter der Nummer 08000-116016. Auf der Webseite könnt ihr den Sofort-Chat in Anspruch nehmen oder euch online beraten lassen. Das Opfer-Telefon des Vereins Weisser Ring erreicht ihr anonym, kostenfrei und täglich zwischen 7-22 Uhr unter dieser Nummer: 116 006.
Trotz der Erfolge an den Kinokassen hagelt es Kritik, denn den Fans fehlt bei dem Presserummel die Ernsthaftigkeit. „Nur noch ein einziges Mal“ thematisiert wichtige Themen wie transgenerationales Trauma und häusliche Gewalt gegenüber Frauen. Statt dies tiefgehend zu adressieren, spricht Blake Lively in ihren Interviews beispielweise über Ehemann Ryan Reynolds.
Bei der New-York-Premiere von „Nur noch ein einziges Mal“ verrät sie in einem Gespräch mit E!News, dass Ryan Reynolds auch auf kreativer Ebene bei der Entstehung des Films involviert war:
„Die ikonische Szene auf dem Dach hat mein Mann geschrieben. Niemand außer euch weiß das.“
In besagter Szene trifft Lily Bloom (Blake Lively) zum ersten Mal auf Ryle Kincaid (Justin Baldoni), es ist also der Beginn ihrer gemeinsamen Geschichte. Die romantische Dach-Szene findet sich auch in der Buchvorlage, die durch TikTok zum internationalen Erfolg wurde; den Roman erhaltet ihr hier auf Amazon Prime. Dass Ryan Reynolds gerade an dieser Szene beteiligt war ist eine durchaus spannende Anekdote, aber Fans der Buchreihe sehen darin deplatzierte PR.
Fans tauschen sich aktuell rege auf Reddit und TikTok über „Nur noch ein einziges Mal“ aus und zeigen ihre Betroffenheit über die Vermarktung des Films:
„Warum wird dieser Film so beworben, als wäre er eine fröhliche Liebeskomödie mit vielen Blumen. Bin ich verrückt geworden? Das Buch war doch eine düstere und ängstliche Romanze, oder?
Es wirkt sehr wie ein Möchtegern-‚Barbie‘, obwohl es das nicht ist.
Und wenn ihr den Film gesehen habt, sagt mir bitte, wie die häusliche Gewalt dargestellt wird, denn ich höre absolut nichts darüber.“
„Blake Lively hätte das tun können, was ihr Co-Star Justin [Baldoni] tut – offen über häusliche Gewalt sprechen, aber stattdessen hat sie sich entschieden, ihre Haarprodukte und ihren Mann zu promoten?“
„Es ist absolut abscheulich, was sie da tun. Ich verstehe, warum Ryan Reynolds dabei ist, aber warum Hugh Jackman? […] [Es] hat mich ehrlich gesagt wütend gemacht. Leute, die den Film sehen wollen, seht euch bitte den Trailer an, bevor ihr euch entscheidet, ihn zu sehen. Verlasst Euch nicht auf das Marketing und die Interviews.“
Auch wenn die Schauspielerin in den Interviews nicht ausreichend auf die Bedürfnisse der Fans eingeht, kündigt sich im Trailer bereits der ernste Ton des Films an:
Drehbuchautorin überrascht von Ryan-Reynolds-Szene
Die besagte Dach-Szene war für Drehbuchautorin Christy Hall eine Herausforderung, wie sie gegenüber People Magazin erzählte:
„Bei meinem ersten Versuch, diese Szene zu schreiben, habe ich wirklich versucht, das zu übernehmen, was Colleen [Hoover] geschrieben hat, fast Wort für Wort.“
Sie fuhr fort:
„Ich habe es wirklich versucht, weil ich finde, dass sie es am besten gemacht hat. Das Schwierige an dieser Szene ist, dass sie sehr lang ist.“
Im Interview gesteht die Drehbuchautorin, dass sie zunächst gar nicht wusste, dass Ryan Reynolds das Skript ergänzt hatte. Erst als sie selbst die fertige Szene sah, wurde ihr klar, dass es Änderungen gab:
„Es gab ein paar kleine Ausschmückungen, die ich nicht geschrieben habe, aber ich nahm an, dass sie am Set improvisiert worden waren. Aber wie ich schon sagte, die Momente, die meiner Meinung nach gewürdigt werden mussten, sind da.“
Es scheint als ob das Team von „Nur noch eine einziges Mal“ den gleichen Hype wie bei Barbenheimer erzeugen möchte. 2023 erschienen der feministische und bunte „Barbie“-Film gleichzeitig mit dem düsteren „Oppenheimer“ und lösten durch ihre Gegensätzliche Stimmung einen regelrechten Trend aus. Zwischen „Nur noch eine einziges Mal“ und „Deadpool & Wolverine“ könnte eine ähnliche Spannung entstehen, jedoch wirkt es in diesem Fall eher erzwungen.
Die Filmschaffenden eine Verantwortung gegenüber den Zuschauer*innen und allein durch den aktuellen Presserummel wird nicht deutlich, welche thematische Schwere die Geschichte mitbringt. Außerdem gäbe es die Möglichkeit, auf internationaler Ebene über die Realität und Relevanz von häuslicher Gewalt zu sprechen. Diese Chance blieb bis jetzt leider ungenutzt.
Ryan Reynolds wirkte bereits bei einigen Filmen mit. Ob ihr seine Projekte nur anhand eines Bildes erkennt, könnt ihr in diesem Quiz testen:
