Den kanadischen Kultregisseur David Cronenberg kennt man von Werken á la "Die Fliege", "A History of Violence", "Tödliche Versprechen - Eastern Promises" und seinen letzten Film "Eine dunkle Begierde". Und wenn man eines weiß, dann, dass seine Filme alles andere als leichte Kost und gewiss nicht jedermanns Geschmack sind. Ähnlich sieht es mit Don DeLillos Büchern aus. Nun hat sich Cronenberg DeLillos "Cosmopolis" angenommen und gibt "Twilight"-Star Robert Pattinson damit die Möglichkeit, sich als Charakter-Darsteller zu etablieren.
DeLillos Buchvorlage kam bereits 2003 auf den Markt, als von der Occupy Wall Street Bewegung, die der im Buch beschriebenen Demo stark gleicht, noch nichts zu sehen war. DeLillo formulierte damals lediglich eine pessimistische Zukunftsvision, die heute, weniger als eine Dekade später, so schon fast eingetreten ist. Obwohl Cronenbergs Version wenig vermittelt, mit dem sich der Zuschauer identifizieren kann, so ist eine gewisse Realitätsnähe dennoch nicht von der Hand zu weisen. Im Interview lässt der Regisseur verlauten, dass es schon ein interessantes Erlebnis war, tagsüber "Cosmopolis" zu drehen und abends Demonstranten in New York in den Nachrichten zu sehen.
Der Protagonist Eric Packer ist kein liebenswerter Mensch. Stattdessen ist er ein reicher, arroganter junger Mann, der sich nur mit Geld und Sex beschäftigt und sich täglich vom Privatarzt untersuchen lässt, weil er furchtbare Angst davor hat, unter einer Krankheit zu leiden, die er nicht kontrollieren kann. Obwohl er jemand ist, der alles hat, leidet er. Ohne wahre Gefühle lebt er vor sich hin, suhlt sich im Luxus und darin, jede Frau abschleppen zu können, gibt aber eigentlich wenig drum. Pattinson verkörpert die Rolle des Eric Packers solide und wird es wohl genießen, sich des Images des Teeniestars zumindest zeitweilig entledigen zu können.
Cronenberg bleibt die meiste Zeit bei der Hauptfigur in der Limousine, nur selten wird das Fahrzeug verlassen und ein Blick auf das äußere New York gestattet. Dadurch wird Packers Isolation noch einmal hervorgehoben und seine eigene Welt unterstrichen. Hochkarätige Nebendarsteller wie Juliette Binoche ("Der englische Patient", "Chocolat") und Paul Giamatti ("Rock of Ages", "The Ides of March") dürfen zwar mitmischen, haben aber vergleichsweise wenig Screen Time.
Es bleibt zu sagen, dass es jugendliche "Twilight"-Fans hier schwer haben dürften, denn "Cosmopolis" ist alles andere als Popkornkino. Hier sind Ironie, Kritik und finsterer Humor am Werk.
Obwohl künstlerisch gekonnt erschaffen und intelligent erdacht, ist eine gewisse Überheblichkeit nicht von der Hand zu weisen. "Cosmopolis" ist so avantgarde, dass zwischenzeitlich der Eindruck entsteht, der Film halte sich selber für überaus schlau und soll gar nicht wirklich verstanden werden.
"Cosmopolis" ist ein schwieriges, postmodernes Werk, das eifrig zur Interpretation einlädt. Bewertungen werden von Meisterwerk bis hin zu überflüssig rangieren, denn eines ist der Streifen gewiss nicht: ein Film für die breite Masse.
Fazit: In David Cronenbergs "Cosmopolis" darf Robert Pattinson sich getrost zum Charakter-Darsteller weiterentwickeln. Dennoch ist der Film schwierig und alles andere als bequem. Hier wird Mitdenken und analytisches Denken gefordert, ansonsten kann "Cosmopolis" schnell langweilig und selbstverliebt wirken.