FBW-Pressetext:
Ein filmischer Coup: Lakonisch trocken und mit viel Augenzwinkern erzählt.
Ein junger Mann beschließt, mit seinem Rockerfreund die Bank, für die er selbst arbeitet, um mehrere Millionen zu erleichtern. Doch als die Beiden das viele Geld erst einmal haben, scheinen viele Problem erst loszugehen. In einer perfekten Mischung aus Dokumentar- und Spielfilm erzählt Regisseur Sven O.Hill die wahre Geschichte eines genialen Coup.
Schon von den ersten Aussagen des Erinnernden ist klar, welcher Ton hier von Sven O.Hill gesetzt wird. Mit norddeutscher Lakonie und trockenem Humor berichtet der namenlose Interviewte, wie er als junger Mann in den 1980er Jahren den krassen Gegensatz lebte zwischen einem anständigen und kreuzbraven Angestellten in einer Bank am Tag und dem wilden Partygezeche in der Rockerkneipe in der Nacht. Hill inszeniert beide Welten so überzeugend in ihrer Zeit und in Farbkonzept, Setting und Kostümbild detailverliebt genau, dass man in der Tat das Gefühl hat, man würde einen Dokumentarfilm sehen. Und doch sind die Spielszenen auf den Punkt geschrieben und mit viel trockenem Humor angereichert. Die Typen, die von den Schauspielern verkörpert werden, wirken authentisch und echt - allen voran Daniel Michel in der Hauptrolle. Dazu ist die Dramaturgie der einzelnen Szenen effizient und kommt ohne Schnickschnack aus. Über den Spielszenen liegt immer die Erzählerstimme des Berichtenden, der sich einer Moral ebenso entzieht wie auch der Film selbst. COUP ist die augenzwinkernde Lebensbeichte eines Nicht-Bereuenden. Und genau das macht den Charme dieser vielleicht ja sogar wahren Geschichte aus.
FBW-Jury-Begründung:
Ist das Wahrheit oder Fiktion? Was für eine Geschichte erzählt COUP eigentlich? Und kann man dem ständig amüsierten Erzähler dieser Geschichte überhaupt trauen? Geschickt balanciert Sven O. Hill in seiner höchst amüsanten und mit viel Hamburger Lokalkolorit ausgestatteten Gaunerkomödie COUP auf halber Strecke zwischen scheinbar Dokumentarischem und charmant Inszeniertem.
Angesiedelt in den 1980er Jahren, erzählt der Film den angeblich wahren Fall eines ganz einfachen Betrugs, bei dem ein kleiner Bankangestellter, Vater und Freizeit-Rocker (sehr authentisch gespielt von Daniel Michel) eine Sicherheitslücke bei einer Privatbank ausnutzt und mehrere Millionen D-Mark auf die Seite schafft. Die Beute wird auf mehreren Nummernkonten geparkt, doch die anschließende Flucht nach Australien entwickelt sich anders als geplant, da die Familie partout nicht nachziehen will.
Dass der Film auf dem schmalen Grat zwischen Realität und Fiktion wandelt, ist nicht allein der schauspielerischen Leistungen und der gekonnten Inszenierung zu verdanken, sondern auch einem exzellenten Szenen- wie Kostümbild und einer ausgeklügelten Farbgebung, die die Bilder mit einer sehr echt wirkenden Patina und einem Grauschleier versieht.
Ebenfalls bemerkenswert ist die Lässigkeit und Lakonie, die den Film durchzieht und die ihn in die Nähe großer skandinavischer Komödien rückt. Dazu passt auch der Look des Films und sein recht eigentümlicher Rhythmus, sowie die Animationen, die dem Film etwas gewollt Skizzenhaftes geben - gerade so, als zeichne hier die Kamera tagebuchartig die Geschichte nach. Und zugleich, so vermutet die Jury, füllen sie die Lücken, die durch die Beschränkung der Drehorte entstanden sind. Der Film COUP erzählt mit einer sympathischen Unfertigkeit und einer selbstverständlich wirkenden Lässigkeit.
Außergewöhnlich ist auch, wie virtuos sich der Film der herkömmlichen Figurenzeichnung entzieht, nach der eine Hauptfigur stets einen Wandel (zum Besseren meist) vollziehen muss. Der sympathische Kleingauner hingegen bleibt stets derselbe und bedauert am Ende allenfalls, nicht schlauer und umsichtiger zu Werke gegangen zu sein. Das ist zwar moralisch nicht ganz einwandfrei, entspricht damit aber der wahren Geschichte.
Eine überaus gelungene Slacker-/Gaunerkomödie aus Deutschland mit viel Lokalkolorit und Schlitzohrigkeit - lange her, dass man so etwas gesehen hat.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)