Dies ist ein US-Independent-Film, von dem man kaum glauben kann, dass er seinen Weg ins deutsche Kino gefunden hat. Er lief auf keinem der großen deutschen Festivals, nur im Ausland, sprich: bei Sundance 2008. Das ist auf jeden Fall ein positives Signal: dass der Verleih etwas wagt, dass er hinausgeht in die Welt, um Filme zu entdecken, dass er nicht einfach auf Nummer Sicher geht und das macht, was alle machen, dass auch mal was geholt und gezeigt wird, das sonst vielleicht irgendwann mal im Nachtprogramm der Öffentlich-Rechtlichen gelaufen wäre. Wenn überhaupt.
Und man würde sich wünschen, dass mehr Verleiher mit mehr - und vielleicht auch besseren - Filmen so verfahren würden; weil´s halt viel Gutes gibt, das auf Festivals läuft und das man dann lediglich im Mediamarkt-DVD-Ramschverkauf wiederfindet.
Dies nun ist ein Film, der für sich verbuchen kann, dass er von Chris Menges wunderbar fotographiert wurde. Atmosphärische Bilder der US-Südstaaten, des Flachlands, wo es überall nass und sumpfig ist, wo es Unwetter gibt, wo auch mal ein Alligator im Hof oder eine Schlange im Wassertrog auftauchen, Bilder von langen Straßen und nächtlichen Lichtern. Und Bilder, die etwas Heimeliges bekommen im Autoinneren, im Motel, in den verlassenen Gebäuden, in denen Brett, Martine und Gordy aufkreuzen, etwas Behütetes, eine innere Ruhe, die das Außen abhält von diesen Verlorenen, die da unterwegs sind.
Die Darsteller tragen zu dieser Stimmung des Zusammengehörens bei, das nur darauf beruht, dass die drei von allen anderen ausgegrenzt sind; oder sich zumindest so fühlen. Ruhig, bestimmt, ganz für sich spielen sie, William Hurt, Kristen Stewart und Eddie Redmayne, und dabei immer im Einklang mit den anderen. Brett, der Ex-Häftling, war sechs Jahre lang von der Welt ausgeschlossen, Martine fühlt sich unverstanden, der Vater kümmert sich wenig, den Jungen, den sie für ihren Freund hält, will sie durch Weglaufen strafen. Und Gordy zelebriert sein Anderssein, schwelgt im Glauben, abartig zu sein, das ist eine existentielle Frage für ihn: dass er unter Indianern aufgewachsen ist, dass er seltsame Dinge mit den Einwegfotoapparaten tut, auf verdrehte Weise ist er stolz darauf, dass andere sich in seiner Gegenwart unbehaglich fühlen. Innere Traurigkeit haben sie gemeinsam, und aus der Traurigkeit kommt das Vertrauen zueinander, obwohl oder gerade weil sie Fremde sind. Und jeder auf seine Weise hilft den anderen, ohne es wirklich zu merken.
Und dann ist da die Vergangenheit, Brett und May und ihre fragile Liebe, die sie erst zu spät als die eine große Sache in ihrem Leben entdecken, bei der sie sich mal richtig entschieden haben. Immer wieder flackern die Rückblenden auf, werden dann in der Erzählung von Brett zu langen Sequenzen, die vom Verlieben, Verloben handeln, von Fehlern und der fehlenden Kraft, (sich selbst) zu verzeihen. Da wird das Roadmovie zum Liebesdrama, und, nun ja. Das ist halt das alte Lied.
Und zwar wirklich ein altes Lied, "Tie a Yellow Ribbon Round the Old Oak Tree" aus den 70ern nämlich:
Tie a yellow ribbon ´round the old oak tree
It´s been three long years
Do you still want me?
If I don´t see a ribbon round the old oak tree
I´ll stay on the bus
Forget about us
Put the blame on me
Das gelbe Tuch als Symbol des Willkommenseins, des Vergebens, der Liebe zu dem Heimkehrenden, der sich selbst verloren geglaubt hat: es heilt am Ende Schwäche und Traurigkeit und Einsamkeit, weil vage Hoffnung erfüllt wurde. Weil das gelbe Tuch aus hing.
Fazit: Zwar wunderbar fotografiert, auch sensibel inszeniert. Aber eben keinerlei Überraschungen in der alten Geschichte, die da erzählt wird.