Die Verfilmung des Bestsellers von Sebastian Fitzek ist ein spannender Thriller über einen Mann, dessen Dasein von einer unsichtbaren Macht kontrolliert wird.
Taten nicht aufklären, sondern verhindern: Das ist der Traum jeder Verbrechensbekämpfung. Die Verfilmung von Sebastian Fitzeks Roman „Das Joshua-Profil“ zeigt, wohin es führen kann, wenn man sich dabei auf ein Computerprogramm verlässt: Der völlig unbescholtene Schriftsteller und Familienvater Max Rhode (Torben Liebrecht) wird von einer Software als potenzieller Verbrecher belastet. Das Programm sagt voraus, er werde seine Pflegetochter Jola (Lina Hüesker) entführen und missbrauchen. Die Prognose stützt sich auf Hinweise, die „Joshua“ in Form von Fotos und Fantasien im Darknet entdeckt hat. Als sich rausstellt, dass die vermeintlich perfekte Software einen verhängnisvollen Irrtum begangen hat und der Verkauf des Programms an die Bundesregierung gefährdet ist, muss Rhode als „Fehler im System“ beseitigt werden. Fitzeks Geschichte erinnert an Steven Spielbergs Film „
Minority Report“ (2002), der wiederum auf einer sechzig Jahre alten Kurzgeschichte von Science-Fiction-Autor Philip K. Dick basiert. Fitzek hat die Handlung als modernen Thriller gestaltet; das macht sie zu einem perfekten Filmstoff für RTL. Die Adaption besorgte Jan Braren, der für sein Jugenddrama „
Homevideo“ (2011) mit dem Grimme-Preis und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet worden ist.
Auch wenn dem knapp 110 Minuten langen Film im letzten Drittel, wenn die Geschichte im Grunde nur noch aus Flucht besteht, etwas die Spannung abhanden kommt: Sehenswert ist „Das Joshua-Profil“ dennoch, zumal Jochen Alexander Freydank für viele große Bilder sorgt. Ähnlich wie bei Braren nimmt die UFA-Produktion in der Filmografie des Regisseurs einen besonderen Stellenwert ein: Der 2009 für „Spielzeugland“ mit dem Kurzfilm-„Oscar“ ausgezeichnete Autodidakt hat nach seiner sehenswerten schwarzen Komödie „Und weg bist du“ (2012, Sat.1) vorwiegend Reihenfilme gedreht („Der Usedom-Krimi“, „Der Barcelona-Krimi“). RTL wiederum hat mit seinen nur noch seltenen „TV-Movies“ zuletzt vor allem auf Zeitgeschichte gesetzt; „Starfighter“ (2015) erzählte von den Düsenjägerabstürzen in den Sechzigern, „Duell der Brüder“ (2016, ebenfalls mit Liebrecht) schilderte den lebenslangen Wettstreit zwischen den Dassler-Brüdern und ihren Firmen Adidas und Puma. Freydanks zweite Arbeit für einen Privatsender ist dagegen ein Popcorn-Movie in der RTL-Tradition von Thrillern wie „Die dunkle Seite“ (nach Frank Schätzing) oder „Das Papst-Attentat“ (beide 2008). Tempo und Intensität des Films haben tatsächlich Kinoniveau, vor allem zu Beginn, wenn Rhode nicht versteht, wie ihm geschieht; er fühlt sich völlig machtlos, weil ein unsichtbarer, aber übermächtiger Gegner jeden seiner Schritte vorauszuahnen scheint. Als sich angesichts der erdrückenden Indizien auch noch seine Frau (Franziska Weisz) von ihm abwendet, kann er sich nur noch auf seinen Freund und Anwalt Toffi (Armin Rohde) verlassen. Es gibt zwar noch einen älteren Bruder, Cosmo (Max Hopp), aber der hat erhebliche psychische Probleme. Albtraumartige Einschübe verraten die Ursache: Rhode senior hat den beiden Jungs einst ein ganz spezielles Überlebenstraining verpasst; Max hat die Erlebnisse in seinem soeben erschienenen Thriller „Die Blutschule“ verarbeitet. Als Jola entführt wird und er mit Hilfe von Zufallsbekanntschaft Frida (Inez Bjørg David) rausfindet, wer hinter dem Komplott steckt, dreht er den Spieß um und geht zum Angriff über. Interessanterweise hat Freydank für seinen Film keinen düsteren Thriller-Look gewählt; die Berlinbilder (Kamera: Wolf Siegelmann) erinnern mit ihren warmen Sommerfarben im Gegenteil an die Komödien von Til Schweiger. Umso größer ist der Kontrast zur finsteren Überwachungszentrale, die wie ein Teil einer Tunnelröhre aussieht. tpg.