Das kleine Gespenst lebt im Grunde zufrieden und glücklich auf der Burg Eulenstein. Jede Nacht zur Geisterstunde dreht es im Burginneren seine Runden, wackelt mit seinem Zauberschlüssel und unterhält sich mit seinem Freund, dem Uhu Schuhu. Doch da gibt es etwas, was sich das kleine Gespenst sehnlich wünscht: Einmal nicht nach einer Stunde wieder einschlafen und auch mal tagsüber wach sein, andere Menschen treffen, die Sonne sehen. Eines Tages wird dieser Wunsch tatsächlich Wirklichkeit. Und das kleine Gespenst macht sich auf in die Stadt. Aber ist die denn schon bereit für die Begegnung mit einem Gespenst? Vor fast fünfzig Jahren erfand der berühmte Kinderbuchautor Otfried Preußler den kleinen liebenwerten Geisterfreund, dessen größter Wunsch es ist, die Welt bei Tageslicht zu erleben. Nun ist unter der Regie von Alain Gsponer die erste Realverfilmung gelungen, die beweist, dass die Geschichte für Kinder nichts an Faszination verloren hat. Das Gespenst ist liebevoll animiert und Anna Thalbach spricht ihn mit einer gelungenen frech-liebenswerten Mischung. Erweitert wurde die Handlung um einige komische Momente. So gibt es die Feuerwehr, die mit ihren ungelenken Rettungseinsätzen so manchen Lacher auf ihrer Seite hat. Die Kinder wiederum sind neben dem kleinen Gespenst die Hauptfiguren der Geschichte und zeigen, dass man nicht erwachsen sein muss, um ein Held zu sein. DAS KLEINE GESPENST begeistert durch seine detailverliebte Ausstattung und bietet schon den kleinen Zuschauern beste Unterhaltung. Zeitlos und ein wenig nostalgisch erzählt, ist sie außerdem eine gelungene Umsetzung des Kinderbuchklassikers.
Jurybegründung:
Es ist ein Buch, das auch heute noch fast alle Kinder schon im Kindergarten begeistert, wenn es ihnen vorgelesen wird: DAS KLEINE GESPENST vom verstorbenen Autor Otfried Preußler. Die Realverfilmung der Geschichte um ein kleines Schlossgespenst, das immer zu Späßen aufgelegt ist und nicht immer nur nachts im Schloss herumspuken, sondern auch mal die Welt am Tag erleben will, spielt in einer romantischen kleinen Stadt mit vielen Fachwerkbauten und einem prächtigen Schloss auf dem Berg. Die Filmgeschichte lebt von dem quirligen Gespenst und von Karl mit seinen beiden Freunden.
Das zunächst weiße Gespenst ist seiner Vorlage ziemlich ähnlich, seine runden großen Augen bedienen das Kindchenschema aus den japanischen Trickfilmen. Es ist in die reale Welt kopiert und diese lernen wir mit klaren Farben und hoher Schärfe kennen. Die bekannten Figuren wie der Polizist, der Bürgermeister, die Eltern, der Hausmeister und der General, die Feuerwehr wie auch die Lehrerin als Erwachsene sind liebevoll in ihren Reaktionen überzeichnet. Sie werden überpointiert spaßig auf die Schippe genommen und sind dem Schabernack des kleinen Gespensts ausgeliefert. Die Kinder als Begleiter und Unterstützer des kleinen Gespensts, vor allem Karl, der an ihn glaubt und zunächst niemand von dessen Existenz überzeugen kann, agieren mutig und raffiniert, um dem Gespenst seinen sehnlichen Wunsch zu erfüllen, wieder zu seinem Nachtrhythmus zu finden.
Die Zielgruppe der 4 bis 10jährigen wird mit diesen kleinen spaßmachenden Übertreibungen von tölpelhaften Erwachsenen sicher gut angesprochen, auch wenn die gewollte Komik an einigen Stellen etwas überzogen wirkt.
Ausgesprochen gut gelungen sind die Szenen im Schloss mit den von der Kamera begleiteten Flügen des animierten und in das Geschehen eingefügten niedlichen kleinen Gespensts. Ein bisschen wie bei HARRY POTTER fühlt man sich da als Zuschauer. Filmzitatanleihen aber auch an den Film HUGO CABRET mit dem großen Uhrwerk im Bahnhof oder an DER LAUF DER DINGE vom Künstlerpaar Fischli und Weiss mit dem Ablauf einer Weckmaschine auf dem Dachboden des Schlosses, bis hin zu Uhrenumstellung der Rathausuhr, bei der Karl wie bei Harold Lloyd am Uhrzeiger hängt (SAFETY LAST, 1923). Herausragend auch die Szenen zum gescheiterten Umzug zur 375 Jahrfeier zur geplanten Eroberung durch den schwedischen General, mit großem personellen Aufwand und schönen Kostümen.
Auch wenn die Geschichte auf klassische Art erzählt wird, ist DAS KLEINE GESPENST ein mit viel Herzblut und witzigen Ideen aufwändig gemachter Film für Kinder und ihre Eltern, die zusammen ins Kino gehen. Es geht um Zusammenhalt und Einstehen für das, an das man glaubt. Auch wenn alle vom Gegenteil überzeugt sind, dass es kein Gespenst gibt und man auch noch Schuld haben soll an der angeblich verschwundenen wertvollen Uhr. Doch dafür sind die ja die Freunde da, die Karl bis zuletzt unterstützen und ihm beistehen.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)