Wenn Brad Pitt „Bullet Train“ und Ryan Gosling „
The Gray Man“ machen darf, um nur die zwei jüngsten Beispiele zu nennen, in denen sich Superstars dazu überreden ließen, mit ihrem guten Namen hyperventilierende Actionplotten aufzuwerten, dann darf Jamie Foxx auch in „Day Shift“ mitspielen; ein grotesker Vampirthriller im meist gleißenden Tageslicht von Los Angeles, dessen unnötig komplizierter Plot doch nur eine Entschuldigung dafür ist, ein bisschen Horrorshow mit absurder Ultragewalt zu entfesseln. Wie „Bullet Train“-Regisseur David Leitch ist auch der Macher von „Day Shift“, J.J. Perry, ein vormaliger Stuntman und Stuntkoordinator mit, laut imdb, knapp 150 Filmcredits. Was man seinem Regiedebüt in ungefähr jeder Sekunde ansieht. Bei der Schauspielführung ist der namhafte Cast - neben Foxx sieht man unter anderem Dave Franco, Snoop Dogg und Peter Stormare, und sogar Oliver Masucci hat sich ins Ensemble gemogelt - auf sich allein gestellt, die Handlung ist lediglich eine Entschuldigung dafür, in einem Action-Setpiece nach dem anderen die Hölle auf Erden zu entfesseln.
Es. Geht. Um. NICHTS. Oder um einen Vampirjäger im San Fernando Valley, der in kürzester Zeit möglichst viele Vampirzähne ergattern muss, um genügend Geld zu bekommen, dass seine Frau ihn nicht am Montag mit ihrer achtjährigen Tochter Richtung Florida verlässt. Um wieder in die Vampirjägergewerkschaft aufgenommen werden und ein bisschen mehr Zaster für seine Beute erhalten zu können, muss er allerdings einen Grünschnabel als Partner akzeptieren, einen Nerd, der bisher immer nur am Schreibtisch gesessen war. Danach werden viele Regeln für die Bekämpfung der in fünf Klassen unterteilten Blutsauger aufgestellt, die man sich nicht zu merken braucht, weil der Film sie keine fünf Minuten später garantiert ohnehin wieder missachtet.
Das ist so hirnamputiert, dass es beinahe einen ganz eigenen unschuldigen Charme entwickelt. So viel Expertise, so viel handwerkliches Können, so viel Anstrengung für so einen Unsinn, unverkennbar ein Werk aus der Feder von Drehbuchautor Shay Hatten, der schon bei seinen Büchern für „
Army of the Dead“ oder „John Wick: Kapitel 3“ unter Beweis gestellt hatte, dass ihm jegliche realistische menschliche Regung fremd ist, Hauptsache der Money-Shot stimmt. So coooool, Mann! „Day Shift“ ist wie eine Mischung aus „
Training Day“ und „
Abraham Lincoln Vampirjäger“ mit der dramaturgischen Logik eines Pornofilms: Vorspiel, Geschlechtsverkehr, Orgasmus, Repeat. Warum schaut man trotzdem zu? Verdammt, Jamie Foxx sieht man immer gerne zu, sogar hier, und man hat Hoffnung, dass es wenigstens Spaß gemacht hat, diese unablässige Orgie grotesker Gewalt zu inszenieren. Im Kino würde dafür wohl kaum jemand Geld hinlegen, aber bei Netflix muss man ja nur auf Play drücken. Das wird garantiert millionenfach geschehen, wie schon bei nicht gerade erschütternd viel besseren Titeln wie „
Extraction“ oder „The Old Guard“. Weil die Namen stimmen und die Zeit schneller verfliegt, als wenn man einfach nur die Wohnzimmerwand anstarren würde.
Thomas Schultze.