Er hielt seine langjährige Ehe mit Lisa immer für glücklich. Doch anstatt schöner Erinnerungen an diese Zeit erwartet den einsamen Peter eine unglaubliche Überraschung: Lisa hatte einen Freund namens Ralph, und die gemeinsamen Fotos vom Comer See zeigen sie an diesen Fremden geschmiegt. Der wütende Peter beschließt, den Nebenbuhler kennen zu lernen, ohne ihm zu sagen, wer er ist. Der britische Regisseur Richard Eyre hat mit Liam Neeson und Antonio Banderas als sehr gegensätzlichen Rivalen in Sachen Liebe die Kurzgeschichte Der Andere von Bernhard Schlink spannend und stilvoll verfilmt.
Das Liebesdrama unterscheidet sich von der literarischen Vorlage jedoch in vielen Punkten. Vor allem der Handlungsaufbau ist im Film ein anderer, Lisas Verschwinden wird erst spät erklärt und zahlreiche Rückblenden erhellen die Vergangenheit aus der Perspektive mehrerer Akteure, während die Kurzgeschichte vom gehörnten Ehemann erzählt wird. Das Wesentliche aber ist inhaltlich gleich geblieben: Ohne seine Frau noch zur Rede stellen zu können, erfährt Peter, dass er an ihrer Liebe nachträglich zweifeln muss, hatte sie doch jahrelang einen geheimen Freund. Seine Selbstzweifel und seine Wut wachsen noch, als er den charmanten, weltgewandten Ralph kennen lernt, der ihm, nichtsahnend wen er vor sich hat, über seine Beziehung erzählt. Am Anfang des Films und in Rückblenden kommt auch Lisa vor, von Laura Linney in ihrem Doppelcharakter als liebende Ehefrau und Reisende in Sachen Leidenschaft glaubwürdig dargestellt.
Das Drama gehört aber weitgehend Peter als dem Ehemann, dem die späte Wahrheit über seine Frau den Boden unter den Füßen wegzieht. Liam Neeson ist hervorragend in dieser Rolle, mit seinen verletzlichen blauen Augen und der bulligen Kraft, die allmählich Zeichen von Ermüdung bekommt. Der Schock, den die glücklichen Fotos von Lisa und Ralph ihm bereiten, lässt ihn bedrohlich wirken, nur mühsam beherrscht, was seine Firmenangestellten nervös macht. Und auch seine erwachsene Tochter ist höchst beunruhigt, als sie erfährt, dass Peter in Mailand ist, um den Rivalen zu treffen.
Mit seinem anspruchslosen Äußeren, dem oben aufgeknöpften Hemd ohne Krawatte, sitzt Peter dann dem äußerst elegant gekleideten, rassigen Ralph beim Schachspiel gegenüber. Antonio Banderas spielt diesen galanten, redegewandten Latin Lover als einen Duellpartner auf Augenhöhe für Liam Neeson. Der Wettstreit der Blicke, Bemerkungen, gegensätzlichen Lebenseinstellungen ist sehr spannend, kennt keinen Favoriten. Die Begegnung verändert nicht nur Peters Bild von Lisa, sondern auch ihn selbst.
Die Musik erinnert manchmal an einen Thriller, wenn Peter den ersten Spuren des Anderen folgt. Die Rückblenden sind eine sinnvolle Alternative zu einem Voice-Over-Erzähler, sie füttern die Handlung mit neuen Aspekten, anderen Sichtweisen und bewahren das Kräftemessen der Männer vor der Erstarrung. Die Kamera findet inspirierende Bilder, die zugleich relativieren und das Bedürfnis nach Orientierung verstärken. Oft ist sie hinter Fensterscheiben platziert oder sie folgt Peter auf seinem Weg mit Abstand, so dass Statisten oder Gegenstände dazwischenkommen.
Fazit: Liam Neeson und Antonio Banderas sind eine spannende Besetzung als Rivalen in Sachen Liebe.