So gut wie alles ist seltsam an diesem Film. Einen jungen weißen Touristen verschlägt es ins afrikanische Okavango-Delta, wo er nach dem Tod seines Bootsführers hilflos auf den Wasserarmen im endlosen Sumpfgebiet umhertreibt. Als er endlich Einheimischen begegnet, wächst seine innere Orientierungslosigkeit. Der Schauspieler Alexander Fehling lässt sich auf eine experimentelle Grenzerfahrung ein, in der es kein Drehbuch gibt, nur ein grobes Konzept für den fiktiven Inhalt. Regisseur Jan Zabeil fuhr mit Fehling, einem Kamera- und einem Tonmann zweimal zum Dreh nach Botswana. Sein Team und Zabeil erleben selbst vor Ort die Verunsicherung, die den Protagonisten seines ersten Spielfilms in der unbekannten Wildnis und der fremden Kultur befallen soll.
Am Anfang, wenn Alexander Fehling im Auto durch die Grassteppe fährt, auf einer Fähre steht und dann während es Ausflugs im Holzkanu des alten Fischers die Augen schließt und schläft, denkt man, es handele sich um eine gewöhnliche Erlebnisreise. Leute vom Film wandern ja gelegentlich in die Berge oder auf alten Pilgerpfaden. Warum dann nicht auch mal zu exotischeren Zielen wie einem afrikanischen Flussdelta? Bald mischen sich jedoch bedrohliche Elemente hinein, wie sie zum Abenteuerfilm gehören. Später gibt es Anlass zu glauben, die Geschichte entwickle sich zu einem Thriller. Letztlich aber kommt man dem Film "Der Fluss war einst ein Mensch" mit diesen herkömmlichen Einordnungsversuchen nicht wirklich näher, denn die Rätsel, die er stellt, sind nicht zum Lösen da.
Dafür sorgt schon der Schnitt, der gerne die Erklärung ersetzt. Wenn der Tourist aus Deutschland mit seinem Auto auf der dunklen Straße plötzlich bremst, weil Tiere vor ihm stehen, erfährt man nicht, ob er sie rammt. Wenn er abends im Kanu auf dem Wasser treibt und einschläft, weiß man nicht, wie er zum Dorf gefunden hat. Genauso wenig wird erklärt, wo er dort am folgenden Morgen das frische Hemd gefunden hat, in dem er erwacht. Man weiß im Grunde immer zu wenig. Schon am Anfang, als Fehling im Kanu des alten Fischers einfach nur schlafen will, ist sehr unklar, was er hier eigentlich sucht. Als es plötzlich wie aus Kübeln gießt, schaut er wie einer, dem das Programm nicht gefällt.
Neben fiktiven Szenen und dokumentarischen Aufnahmen mit Dorfbewohnern kommen in "Der Fluss war einst ein Mensch" ein paar unheimliche Andeutungen hinzu. Sie signalisieren, dass der herumirrende Deutsche komplett die Orientierung verliert, vielleicht sogar Angst um seinen Verstand hat. Dass er den Toten nicht zur Beerdigung ins Dorf bringen konnte, macht ihn in den Augen des Sohnes zum Schuldigen. Denn nun müssen sie alle um ihr Leben fürchten, so besagt es der Glaube. Sie gehen zum Schamanen, der auf eine Art Zepter klopft und ihnen sagt, wo sich der Alte befindet. Der Tourist fragt skeptisch: Der Stock sagt ihm das?
Fehlings Charakter bleibt absichtlich vage, um die Fantasie der Zuschauer anzuregen. Der Tourist ist zunehmend bedrückt, stiert vor sich hin. Doch zeigt er viel mehr innere Betroffenheit, als der Tod des alten Fischers erklären könnte. Gefolgt von einer streckenweise fahrigen Handkamera, taumelt er in seinen adrenalinreichen Momenten durch das seichte Wasser, fällt, hat pures Glück, kein Krokodil zu treffen. Was der Schamane sagt, scheint sich zu bewahrheiten, und auch das wirkt wie eine Kränkung auf den Touristen aus Europa, der mit seiner eigenen Wahrnehmung und Interpretation hier nicht weiterkommt.
Fazit: In dem experimentellen Spielfilm "Der Fluss war einst ein Mensch" unternimmt Alexander Fehling einen verstörenden Trip in ein afrikanisches Delta.