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Produktion: Die Entstehung
Der Film ist eine Fabel, die auf einzigartige Weise zeigt, wie unschuldige Menschen, insbesondere Kinder, in Kriegszeiten unter Vorurteilen, Hass und Gewalt leiden. Durch die Augen eines fantasievollen achtjährigen Jungen, der von der Realität des Krieges weitgehend abgeschirmt wird, sehen wir, wie sich zwischen Bruno, dem Sohn eines Nazikommandanten, und dem jüdischen Jungen Shmuel, dem Gefangenen eines Konzentrationslagers, eine verbotene Freundschaft entwickelt. Auch wenn die Leben der Jungen durch einen Stacheldrahtzaun physisch voneinander getrennt sind, so verflechten sie sich doch auf unausweichliche Weise.
„Selbstverständlich hat ein erzählerisches Werk, das zur Zeit und an den Orten des Holocausts spielt, etwas Kontroverses an sich, und jeder Schriftsteller, der so eine Geschichte anpackt, sollte vorher genau wissen, was er damit bezweckt. Für Kinderbücher gilt das wahrscheinlich besonders“, so John Boyne, Autor des Bestsellers “Der Junge im gestreiften Pyjama“. „Für mich als 34-jährigen Iren gab es nur eine respektvolle Herangehensweise – nämlich Unschuld. Das heißt, ich erzählte eine Fabel aus dem Blickwinkel eines naiven Kindes, das unmöglich den Horror, in den es verstrickt ist, verstehen kann. Jemand aus meiner Generation vermag sich dank dieser Naivität dem Schrecken jener Zeit so weit wie möglich anzunähern.“
„Bruno fragt sich: Was geschieht an diesem Ort?“, so Boyne weiter. „Warum sind so viele Leute auf der anderen Seite des Zauns? Das sind vielleicht einfache Fragen – aber sind es nicht letztlich Fragen, mit denen wir immer konfrontiert sind? Vielleicht besteht die Aufgabe jedes Autors oder Künstlers darin, nach Antworten zu suchen und dafür zu sorgen, dass diese Fragen weiter gestellt werden. Auf diese Weise vergisst niemand, warum man sie überhaupt stellen musste.“
David Heyman, der Produzent der HARRY POTTER-Filme, hatte schon ein Auge auf den Roman “Der Junge im gestreiften Pyjama“ geworfen, doch es war Filmemacher Mark Herman, der eine Option auf das Buch erwarb. Als sich die beiden trafen, entdeckten sie, dass die Geschichte ähnliche Gedanken und Empfindungen bei ihnen auslöste, und so entschlossen sie sich zu einer Zusammenarbeit. Sie erkannten die kontroverse Natur des Projekts, aber gleichzeitig waren sie leidenschaftlich davon überzeugt, dass diese Geschichte ein bewegendes und allgemein zugängliches menschliches Drama mit einer zeitlosen Botschaft ist. Wie Boyne waren sie der Auffassung, dass man das Herz der Finsternis der Naziära erkunden muss, um neue Generationen aufzuklären, damit die Geschehnisse von damals nicht in Vergessenheit geraten, geschweige denn sich wiederholen.
„Als ich das Buch las, stellte ich mir sofort einen Film vor“, so Mark Herman. „Aber mir war auch klar, dass sich dieser Film wegen des überaus sensiblen Themas nur sehr schwer realisieren lassen würde.“
„Eine Figur bei Graham Greene sagt, dass Hass das Versagen der Vorstellungskraft ist“, so David Heyman. „Davon bin ich fest überzeugt, und ich denke auch, dass die Ungeheuerlichkeit des Holocausts – das Ausmaß dieser Barbarei, die Zahl der Toten und Flüchtlinge und exponentiell dazu die Menge zerstörter Existenzen – es unmöglich macht, das alles zu erfassen, gerade weil die Zahlen schlicht unvorstellbar sind. Wenn man einem Kind von dieser gar nicht so weit entfernten Zeit berichtet, dann schaffen solche Zahlen enorme Distanz. John Boyne dagegen fand eine außerordentlich gefühlsbetonte und effektive Art und Weise, dieses Thema zu behandeln, indem er seine Geschichte auf zwei Jungen und eine Familie konzentrierte.“
„Ich fühle mich zu Geschichten über die Menschlichkeit hingezogen, und genau das ist DER JUNGE IM GESTREIFTEN PYJAMA“, so Heyman weiter. Einerseits spielt sie während des Holocausts im Deutschland der 1940er, doch für mich ist sie auch zeitlos. Angesichts der Konflikte von heute, ob in Ruanda, Somalia, Palästina, Israel, Darfur, Simbabwe oder dem Irak, scheint sie genauso relevant wie in jeder historischen Epoche. Ihre Botschaft hat mich und tausende von Lesern auf der ganzen Welt berührt: Dass Kinder das Potenzial und die Fähigkeit besitzen, die Unterschiede in Kultur und ethnischer Identität zu überwinden, dass die Menschen tatsächlich imstande sind, miteinander auszukommen, solange man ihren Hass nicht fördert, dass Regierungen, Institutionen und Medien faktisch Konflikte und Misstrauen kultivieren – das sind hochaktuelle Themen von universeller Gültigkeit, und diese Geschichte macht sie für jedermann nachvollziehbar.“
„Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel sagt: ‘Wenn du nicht dabei warst, dann schreib auch nicht darüber.’“, so Autor John Boyne. „Und bis zu einem gewissen Punkt stimme ich dem zu. Gleichzeitig sagt man uns aber auch, dass wir nie vergessen dürfen. Ich glaube also, dass die Künstler im Lauf der Zeit neue Wege finden müssen, um diese Geschichte zu erzählen und an die Opfer von damals zu erinnern. Wenn du dich diesem Thema auf eine nicht-spekulative Weise näherst und nicht versuchst, es zu trivialisieren, sondern die Geschichte auf eine neue Art erzählst, um ein neues Publikum zu erreichen, dann erreichst du dein Ziel. Ich sage den Kindern, die mein Buch gelesen haben: ‘Wenn es euch bewegt hat und euch die Geschichte dieser zwei Jungen interessiert, hier ist eine Liste von Büchern, die ihr auch noch lesen solltet.‘ Und sie enthält Werke von Autoren wie Wiesel, Primo Levi und Anne Frank – die selbst den Holocaust erlebt haben und die entsprechende moralische Autorität besitzen. Ich hoffe, dass die Künstler von heute dazu imstande sind: das Interesse von Kindern zu wecken und ihnen die Bücher zu empfehlen, die sie lesen sollten.“
Jedem Mitglied des Produktionsteams von DER JUNGE IM GESTREIFTEN PYJAMA war klar, dass man ein fiktionales Werk verfilmte und keine Dokumentation drehte. Doch da die Geschichte eine historische Basis besitzt, achtete man akribisch darauf, den geschichtlichen Kontext zu respektieren.
„Authentizität war extrem wichtig für uns“, so Mark Herman. „Als wir die Recherchen für unsere Adaption betrieben, erfuhr ich, dass die Lagerkommandanten unter einem Eid auf ihr Leben schwören mussten, ihre Aktivitäten geheim zu halten. Man verbot ihnen, auch nur einem Menschen, nicht einmal ihrer Familie, zu erzählen, worin ihre ‘Arbeit‘ bestand. Das war vor allem für das Drehbuch wichtig, denn so ließ sich erklären, warum der Kommandant seiner Frau nichts von dem Vernichtungsprogramm verraten hatte – sie hält es für ein Arbeitslager und entdeckt die Wahrheit nur per Zufall. Das heutige Publikum hat den Vorteil, die Historie zu kennen – vieles ist aus seiner Perspektive offensichtlich. Der moderne Zuschauer glaubt, dass die Frau mit Sicherheit eingeweiht war.
Immerhin lebt sie neben einem Konzentrationslager. Aber nicht jeder hatte damals eine Ahnung von den wahren Vorgängen. Die Gattin des Kommandanten von Auschwitz zum Beispiel lebte sprichwörtlich oberhalb des Lagers, und erst nach zwei Jahren verstand sie, dass das ein Ort der Vernichtung war. Die Faszination unserer Geschichte besteht darin, dass diese Jungen auf beiden Seiten des Zaunes im Grunde nicht wissen, was vor sich geht.“
„Mark hat das Drama der Familie noch intensiver gestaltet und brachte dabei den Erwachsenen-Blickwinkel der Mutter ein, die nach und nach entdeckt, was das für eine Art Lager ist. Dieser Erzählstrang war im Buch viel weniger stark entwickelt“, so Koproduzentin Rosie Alison von Heyday Films, die die historischen Recherchen für den Film koordinierte. „Er ergänzte auch die Szene mit dem Nazipropaganda-Film, auf den wir bei unseren Nachforschungen stießen – einem widerwärtigen 14-Minüter, der vorgab, das Leben in den Lagern zu zeigen: Erholungsaktivitäten, gesellige Abendessen, lächelnde Gesichter. Mark entschloss sich, eine Version dieses Films zu drehen, von der Bruno ein paar Ausschnitte sieht. Prompt glaubt er zu wissen, wie es im Lager zugeht. Und da das alles sehr hübsch aussieht, gewinnt er für kurze Zeit den Glauben an seinen Vater zurück.“
„Das Drama wird nur indirekt gezeigt“, so Alison weiter. „Wir sehen alles von der anderen Seite des Zaunes. Erst in den Schlussszenen bekommen wir die Realität des Lagers zu Gesicht. Das kontroverseste Element in der Geschichte, bei dem wir unsere künstlerische Freiheit am stärksten nutzen mussten, ist Shmuels Anwesenheit im Konzentrationslager. Hier weichen Fakt und Fiktion am meisten voneinander ab. Denn es ist nun mal Tatsache, so unvorstellbar schrecklich das auch klingt, dass die meisten Kinder sofort nach ihrer Ankunft in den Tod geschickt wurden. Im Jahr 1944 allerdings gab es insbesondere in Auschwitz noch überlebende Kinder. Einige davon wurden für medizinische Experimente missbraucht, die anderen mussten spezielle Arbeiten ausführen. Es gibt das belegte Beispiel von zwei Jungen in Treblinka, die die Aufgabe hatten, die Enten im Teich zu füttern. Und so finden sich auch die berühmten Fotos von Kindern bei der Befreiung der Lager. Aber in der Regel wurden Minderjährige sofort von den Transporten in die Gaskammern gebracht.“
„Die Geschichte verläuft in sich wiederholenden Mustern, und aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass derartige Geschichten erzählt werden, gleich in welcher Form und von wem, solange nur ihr emotionaler Gehalt real und wahrhaftig ist“, so Produzent David Heyman. „Dies ist die Geschichte einer normalen Familie und normaler Menschen, die aufgrund ihrer Ignoranz, Naivität oder Autoritätshörigkeit – egal wie erschreckend die Forderungen dieser Autorität auch sein mögen – eindeutig Hannah Arendts “Banalität des Bösen“ verkörpern. Ich hoffe, dass die jungen Zuschauer von DER JUNGE IM GESTREIFTEN PYJAMA bewegt werden. So können sie ein tieferes Verständnis für den persönlichen Preis einer solchen Tragödie und für ihre Gemeinsamkeiten mit den Protagonisten – Opfer wie Täter – entwickeln.
Dieser Film wurde mit großer Ehrlichkeit, Leidenschaft und Überzeugung gemacht. Und seine Schöpfer haben großen Respekt und Bewunderung für die Lebenden und die Opfer gleichermaßen. Es ist sehr wichtig, die Geschichte des Holocausts lebendig zu erhalten, damit wir nicht ihre Wiederholung erleben. Und alles, was wir zu diesem Zweck tun, jeder Schritt, der dazu führt, dass eine Person die Welt ein wenig anders sieht, ist es wert, unternommen zu werden.“
Produktion: Die Besetzung
„Für die Rolle Brunos, des Sohns des Lagerkommandanten, sahen wir uns hunderte junger Darsteller an“, so Regisseur Mark Herman. „Das erste Video, das ich bekam, war von Asa Butterfield, und er war der dritte Junge, der für die Rolle vorsprach. Ich hielt ihn für fantastisch. Trotzdem suchten wir weiter, denn wir wollten sichergehen, und nichts unversucht lassen. Letztlich kamen wir aber zu ihm zurück, denn das Entscheidende war, ein Kind zu finden, das den Blick halten kann. Und genau das tut Asa. Er hat genau die Mischung aus Neugier und Unschuld, die die Rolle erfordert. Und außerdem besitzt er einen unwiderstehlichen, aufmerksamen Blick.“
„Mark half mir viel, indem er mir sagte, wann ich was tun soll“, meint der zehnjährige Asa Butterfield ganz sachlich. „Das Einzige, was ich nicht mag, ist Szenen ständig von neuem zu wiederholen, aber darum geht’s wohl beim Filmemachen.“ Bevor er die Rolle bekam, waren ihm die historischen Zusammenhänge der Geschichte nur teilweise bekannt. „Einiges wusste ich schon, aber ich hatte keine Ahnung, dass man das den Holocaust nennt. Als ich das Drehbuch las, musste ich beinahe weinen.“
Shmuel, der jüdische Junge auf der anderen Seite des Zauns, wurde mit Jack Scanlon besetzt: „Ich sah dafür hunderte von Jungen, und er war einer der letzten“, so Mark Herman. „Jack kann dich bewegen, ohne dabei sentimental zu wirken. Er besitzt eine natürliche Würde. Aber ich musste mich auch davon überzeugen, dass die Chemie zwischen ihm und Bruno stimmte. Letztlich kamen drei Jungen in die engere Wahl, die wir jeweils mit Asa zusammen spielen ließen, und er und Jack passten am besten.“
Die Rolle des Shmuel war das Filmdebüt für den achtjährigen Jack Scanlon. Seine Kurzversion der geschichtlichen Ereignisse zeugt von einem genauen Verständnis für das Leid der Opfer: „Die Deutschen verloren im Ersten Weltkrieg vernichtend gegen die Engländer. Also rächte sich Hitler an ihnen, indem er alle Juden und alle Menschen, die gegen ihn und seine Landsleute waren, in diese Dinge namens ,Ghetto` steckte. Danach brachte man sie in die Lager. Bruno glaubt, es hätte damit zu tun, weil die Juden die besten Arbeiter seien. Aber Hitler steckt sie dorthin, um sie zu bestrafen. Andererseits kann das keine Bestrafung sein. Was hatten sie denn Schlimmes getan?“
Für die Rolle von Brunos Schwester Gretel wählte Herman die junge Schauspielerin Amber Beattie. „Bei den Vorsprechterminen war sie umwerfend“, erinnert sich der Regisseur. „Wie schon Asa für seine Rolle wurde auch Amber der Maßstab für alle anderen Bewerberinnen. Und keine davon konnte ihr das Wasser reichen. Sie war allen weit voraus. Amber besitzt eine mutige Direktheit, und als Gretel gelingt es ihr im Lauf der Handlung, unsere Sympathien zu behalten, obwohl sie Bruno verachtet und der Verlockung der Hitlerjugend erliegt.“
Amber Beattie gehört als Teenager zum Zielpublikum für DER JUNGE IM GESTREIFTEN PYJAMA. Sie weinte bei der Lektüre des Buches und als sie den fertigen Film zum ersten Mal sah, nahm sie eine ebenso einfache wie entscheidende Botschaft mit: „Ich denke, die Lehre des Films besteht darin, dass man keine vorgefertigte Meinung von anderen Menschen haben und jeden als gleichwertig behandeln soll. Denn tatsächlich ist doch jeder genauso wie du.“
Produzent David Heyman war beeindruckt, welch enge Beziehung Herman zu seiner Besetzung aufbaute. Ganz besonders schätzte er die Fähigkeit des Regisseurs, mit seinen jungen Schauspielern zu kommunizieren. „Es ist sehr leicht, sie nachgiebig oder von oben herab zu behandeln“, so Heyman. „Aber bei Mark war das anders. Er behandelte die Kinder als reife Menschen mit eigenen Gedanken und Ideen, er erwies ihnen den Respekt, den sie verdienten, und sie reagierten entsprechend. Ich denke, sie erkannten, dass sie bei etwas Ernsthaftem und Dramatischem mitwirkten, bei etwas, was ihren Einsatz und ihre Aufmerksamkeit erforderte und Nutzen und Wert hatte. Deshalb gingen sie mit dem gleichen Respekt, den Mark ihnen zeigte, an die Arbeit. Mark Herman ist ein sehr teilnahmsvoller Regisseur – er hat echtes Mitgefühl mit den Charakteren, über die er schreibt, und den Schauspielern, die er führt.“
Die amerikanische Schauspielerin Vera Farmiga spielt Elsa, die Mutter Brunos und die Frau des Kommandanten. Regisseur Mark Herman setzte besonders auf die chamäleonhaften Fähigkeiten, mit denen sie schon Martin Scorsese und Anthony Minghella für sich eingenommen hatte: „Vera versinkt total in ihren Rollen. Deshalb fasziniert sie mich als Schauspielerin. In jedem Film, den ich von ihr gesehen habe, ist sie ganz anders. Jeden Morgen kam sie als eine Dame aus den 40ern ans Set – keine Spur mehr von Vera Farmiga. Sie hat ein sehr europäisches Aussehen und ist eine wunderbare Schauspielerin. Sie vermittelt den moralischen Zwiespalt der Kommandantengattin, die erst allmählich von den Gaskammern erfährt, und verleiht dieser Figur Menschlichkeit und Mitgefühl. Vera und ihr Partner David Thewlis hoben den Film auf ein Niveau, das nicht einmal ich erwartet hatte.“
Vera Farmiga recherchierte intensiv für ihre Rolle. In die Interpretation der Elsa floss die Lektüre vieler Tagebücher und persönlicher Aufzeichnungen ein: „Das ist eine Art Kompilation aller Frauen des Dritten Reiches, von Hitlers Schwester Paula über Magda Goebbels und Emmy Göring bis hin zu Leni Riefenstahl. Ich studierte auch ausführlich den Kult und die Propaganda der Mutterschaft, und was das für die Frauen von damals bedeutete – wie sie als Mütter sein wollten und wie ihre gesellschaftliche Stellung aussah.“
„In gewissem Sinne ist Elsa die Hüterin des Zaunes. Sie hat den Auftrag, seine Existenz und die Welt dahinter zu verbergen. Als Bruno ihn trotzdem entdeckt, besteht ihre Mission darin, ihn von weiteren Erkundungen abzuschrecken“, so Farmiga. „Es gibt im Roman eine Dialogzeile, die den Schlüssel zu ihrem Charakter enthält. Kurz nachdem sie in ihrem neuen Heim beim Lager angekommen sind, sagt Bruno: ‘Ich glaube, das war eine schlechte Idee.‘ Und seine Mutter antwortet: ‘Es ist nicht unsere Aufgabe, dies zu beurteilen.‘
Farmiga weiter: „Elsa denkt nicht für sich selbst, so Farmiga weiter, und sie grübelt schon gar nicht tiefer nach. Sie entscheidet sich für einen Zustand des Vergessens und sorgt sich nur um die Sicherheit ihrer Familie und ihrer Stellung in der Gesellschaft – alles Weitere liegt jenseits ihres Horizonts. Sie ist eine Komplizin und Unterstützerin der Ideale ihres Mannes, seiner Sehnsüchte, seiner Moral und Bestrebungen. Aber als sie langsam ihre Augen für das Geschehen öffnet und selbst Nachforschungen anstellt, schwinden Zärtlichkeit, Vertrauen und Respekt für ihren Mann kontinuierlich. Letztlich bezieht sie Position und sagt Nein!. Sie verurteilt diese Taten. Und sie wirkt sogar auf ihren Mann ein, damit auch er das Böse erkennt, für das er verantwortlich ist. Doch dafür ist es zu spät. Am Schluss kostet ihre Weigerung, die Realität vor ihrer Nase – das heißt, die Geschehnisse diesseits und jenseits des Zaunes – zu sehen, ein Menschenleben. In gewissem Sinne ist sie für das Schicksal ihres Kindes verantwortlich. Sie spürt manches intuitiv, sie weiß, dass hier Menschen furchtbar misshandelt werden. Aber sie sieht nicht näher hin. Sie will es nicht, denn damit würde ihr Ehemann in die Sache verwickelt – und damit sie selbst.“
Farmiga glaubt, dass der Film das moderne Publikum in vielfacher Hinsicht fesselt und herausfordert: „Elsas Charakter mit der anfänglichen Gleichgültigkeit, Apathie und Ignoranz deutet auf eine entscheidende Frage: Wie konnten so viele Menschen vor den Augen der Welt ermordet werden, ohne dass jemand davon wusste? Und das geschieht auch heute noch auf der ganzen Erde. Die Geschichte könnte auch im Irak, in Afghanistan, im Kosovo oder in Darfur spielen. Rassenhass gibt es überall.“
David Thewlis spielt Brunos Vater, den Lagerkommandanten. „Ich habe ihn schon immer bewundert“, so Herman. „Er hat eine der kompliziertesten Rollen im ganzen Film, denn in der ersten Hälfte muss er wie ein liebevoller, menschlicher Vater wirken. Gleichzeitig weiß das Publikum, wer dieser Vater wirklich ist. Jenes normale Familienleben zu spielen, ist sehr schwierig. David ist fantastisch darin, diese warme, menschliche Seite zu vermitteln. Aber gerade deshalb fragt man sich, ob nicht jeder Familienmensch wie er eine verborgene dunkle Seite hat.“
„Das Besondere an dem Drehbuch ist, dass es das Geschehen aus einem deutschen Blickwinkel zeigt – den Augen eines deutschen Kindes. Am Anfang sieht es so aus, als könnte der liebende Vater, den ich spiele (und dessen wahre Aktivitäten sofort klar sind), auch imstande sein, Mitgefühl zu zeigen“, so David Thewlis. „Die Herausforderung besteht nicht darin, einen zweidimensionalen bösen Klischee-Nazi zu spielen. Bei meinen Recherchen habe ich herausgefunden, dass die Züge meiner Figur sehr stark auf Tatsachen basieren. Wir sagen im Film nicht, um welches Lager es sich hier handelt. Offensichtlich ist es nicht Auschwitz, denn dann wäre ich Rudolf Höß, der seine fünf Kinder mitten im Lager in Sichtweite der Krematorien aufzog. Und der Kommandant im Film ist auch nicht Joseph Goebbels, der seine sechs Kinder am Ende des Krieges in den Bunker mitnahm, um sie gemeinsam mit seiner Frau zu vergiften und sich dann mit ihr umzubringen. Unsere Geschichte ist durchaus plausibel. Sie ist Fiktion, aber auf realen Ereignissen begründet. Wir haben nur die Distanz zwischen unserem ‘Film‘-Haus und dem Lager vergrößert, während sie in Wirklichkeit nur wenige Meter voneinander entfernt lagen.“
„Schon seit Jahren habe ich nicht mehr so genau für einen Film recherchiert wie für diesen, denn hier spürte ich ein enormes Pflichtgefühl“, so Thewlis weiter. „Normalerweise nehme ich jemanden aus meinem eigenen Leben, jemanden, den ich irgendwann getroffen habe, und denke mir: Jene Person könnte wie diese Filmfigur sein. Wie kann ich ihre Charakteristika übernehmen? Doch mir ist noch nie jemand begegnet, der meinem Charakter in diesem Film im Entferntesten ähnelt. Es ist einfach unvorstellbar: Wie kann jemand ein liebender Vater sein – ich bin mir sicher, dass er das ist – und sich gleichzeitig nach dem Frühstück von seinen Kindern verabschieden, sprichwörtlich nach nebenan gehen und seinen Tag inmitten dieser schrecklichen, schrecklichen, schrecklichen Grausamkeiten verbringen? Wie ist so eine geistige Haltung möglich?“
Thewlis las viele persönliche Dokumente der Theoretiker und Täter der “Endlösung“, um sich auf seine Rolle als Lagerkommandant vorzubereiten: „Man gab mir einen Brief, den Rudolf Höß kurz vor seiner Hinrichtung geschrieben hatte. Der Text lag bei mir zuhause auf dem Küchentisch herum, als ein paar Nachbarn vorbeischauten. Ich hatte ihnen nicht gesagt, auf welche Rolle ich mich vorbereitete. Sie lasen diesen Brief und als sie ihn beendet hatten, meinten sie: ‘Was für einen wunderschönen herzzerreißenden Brief hat dieser Mann seinen Kindern geschrieben! Wer war das? Lag er im Sterben? War er krank?‘ Und ich antwortete: ‘Oh ja, er war SEHR krank!‘ Gleichwohl, dieser Brief wurde von jemandem verfasst, der eine intensive Liebe zu seinen Kindern empfand. Das Ganze liest sich berührend, fast poetisch. Versuchen Sie mal, ein menschliches Wesen zu verstehen – ein sensibles menschliches Wesen, aber eines, das zu so etwas imstande ist! Natürlich ist es für mich völlig unvorstellbar, seine Taten zu rechtfertigen oder zu verzeihen. Dennoch bestand meine Aufgabe darin, die Menschlichkeit in ihm zu finden und ihn und seine Komplizen nicht als Monster zu sehen – so wie das Klischee nun einmal aussieht. Das waren Menschen. Und es gibt auch heute noch Leute, die genau wie er sind.“
„Ich finde DER JUNGE IM GESTREIFTEN PYJAMA auf vielen Ebenen interessant“, so Thewlis. „Es gibt meine Rolle, die klar definiert ist, dann gibt es die Figur meiner Frau, die zwar die Existenz des Gefangenenlagers akzeptiert, aber langsam begreift, dass ich eigentlich an einem Völkermord beteiligt bin, und wir sehen die Auswirkungen, die das auf unsere Ehe hat. Hinzu kommt meine Tochter Gretel, die von den schönen Reden über Politik und das große Vaterland verführt wird. Ihr Flirt mit dem jungen Soldaten ist beinahe eine ideologische Verführung. Ihr Vater steht voll hinter dem Reich, während ihre Mutter gegen alles ist, wofür der Faschismus steht, und sich offen dazu äußert. Innerhalb einer Familie haben wir also fünf, sechs verschiedene Perspektiven, und diese werden im Lauf des Films weiterentwickelt. Und dann gibt es natürlich Bruno, dessen Standpunkt sich im Verlauf der Geschichte mehrmals ändert. Man kann den Film also auch als eine Fabel über den Zerfall einer Familie betrachten, und genau darin besteht hoffentlich die Strafe für die Sünden des Vaters.“
Für die Rolle des Leutnants Kotler wählte Mark Herman den jungen englischen Schauspieler Rupert Friend. „Er ist einer der Darsteller, die beide Seiten des Spektrums zeigen können“, so Herman. „Er kann sehr böse und gemein spielen. Und in dieser Rolle ist er sehr gemein. Seine Leistung ist fantastisch und packend – er flößt einem Furcht ein und ist dabei auf gefährliche Weise verführerisch. Wir verstehen, dass sich ein Mädchen in Gretels Alter zu ihm und dem, was er verkörpert, hingezogen fühlen könnte. Gleichzeitig zeigt Rupert auch die extreme Verletzlichkeit des Leutnants, als ihn der Vater beim Abendessen ins Verhör nimmt.“
Leutnant Kotler ist der Katalysator für Gretels romantische Begeisterung für die Nazi-ideologie (die Sir Hugh Trevor-Roper in denkwürdigen Worten als „gewaltiges System von bestialischem nordischem Unsinn“ beschrieb) und für das Ende der Ehe des Lagerkommandanten. Friend beschreibt seine Figur als Mitglied des „inneren Kreises“ der Familie: „Kotler verrät der Mutter, dass im Lager die Leichen der Juden verbrannt werden. Und der Vater gibt ihm deshalb die Schuld am völligen Zerfall seiner zuvor glücklichen Familie. Natürlich ist der Vater derjenige, der diese Grausamkeiten leitet, aber er macht Kotler verantwortlich, da seine Frau vorher nichts davon wusste. Das ist auch das Ende für Kotlers Karriere, denn der Vater kommandiert ihn an die Front ab, was einem Todesurteil gleichkommt.“
Wie seine Filmpartner studierte auch Friend für seine Rolle Augenzeugenberichte und viele andere Dokumente, selbst wenn sie nur einen kurzen Einblick in die Denkweise der Mörder vermittelten: „Das ist ein sehr sensibles Thema, und aus diesem Grund mussten alle Beteiligten sehr sensibel damit umgehen. Meine Hauptherausforderung bestand darin, die Geisteshaltung der Nazis zu verstehen. Wie konnte jemand dem Befehl gehorchen, sich blindlings und ohne zu fragen an einem Völkermord zu beteiligen? Unter anderem las ich die Biografie des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß und die wunderschönen Memoiren eines Mädchens, das auf Hitlers Berg lebte. Ich studierte auch Bücher über die Psychologie des Krieges und wie Soldaten dazu kommen, jemanden umzubringen. Das Schreckliche bei diesen Verbrechern ist, dass es sich hier um Menschen handelte – echte, denkende, atmende Männer. Sie waren nicht geistesgestört. Sie hatten vielleicht nicht die gleichen moralischen Maßstäbe wie wir, aber sie waren trotzdem nichts anderes als normale Männer. Und auch wenn wir für sie keine Sympathie hegen, so sollten wir das doch anerkennen. Denn das gemahnt uns an die Tatsache, dass wir zu jeder Zeit nur einen Schritt von solchen Gräueltaten entfernt sind.“
Wie Romanautor John Boyne hatte auch David Hayman, der Darsteller des sanften Häftlings und Küchengehilfen Pavel, Auschwitz besucht: „Vor vielen, vielen Jahren war ich mit einem Theaterensemble auf einer Tournee durch Polen, und dabei fuhr ich nach Auschwitz. Das machte einen außerordentlichen, tiefen Eindruck auf mich. Es heißt, dass in Auschwitz weder Vögel singen noch Blumen wachsen. Und das ist kein Klischee. Es ist wahr. Du kommst da raus, und irgendetwas haftet an dir fest. Du willst etwas tun, irgendetwas, um den Schrecken, den du fühlst, abzustreifen. Ich finde, man sollte jedes Schulkind auf diesem Planeten nach Auschwitz bringen und ihm sagen: ‘So sieht der Horror aus, den ein Mensch dem anderen antun kann. Das ist es, wozu wir imstande sind und was nie wieder geschehen darf. Doch leider tut es das. Es geschieht auch jetzt gerade.“
Produktion: Design und Schauplätze
Das gesamte kreative Team hinter den Kulissen, von Kameramann Benoit Delhomme über Szenenbildner Martin Childs bis zu Kostümdesignerin Natalie Ward, hatte das erklärte Ziel, eine der dunkelsten Zeiten der menschlichen Geschichte authentisch, respektvoll und detailgetreu zu rekonstruieren.
Niemand sollte unterschätzen, welchen emotionalen Eindruck und Nachhall der Dreh insbesondere bei der ungarischen Crew hinterließ. „Unserem Team war stets voll bewusst, dass Ungarn Deutschland in beiden Weltkriegen unterstützt hatte, und es verstand, dass dies eine ganz spezifische Geschichte aus den 1940ern war“, so Produzent David Heyman. „Die Leute haben obrigkeitsversessene, autoritäre Regimes erlebt, und sie waren von den aktuellen Bezügen zu jener Ära sehr bewegt. Ich spürte stets die Leidenschaft, mit der unsere Crew an ihre Aufgabe heranging.“
Kameramann Benoit Delhomme, der das Buch in einem Zug durchgelesen hatte, machte sich voller Leidenschaft und Engagement daran, die Geschichte zum Leben zu erwecken. „In diesem Film geht es nicht um hübsche Bilder“, so David Heyman, „und Benoit gelang es brilliant, die Momente des Unbehagens umzusetzen – sowohl Peinlichkeit wie Schönheit. Manchmal ist der Bildrand ein wenig verwischt, im Vordergrund sieht man den unscharfen Kopf eines Schauspielers. Es ist also nicht sehr sauber, aber ausdrucksvoll fotografiert – und genau das brauchten wir.“
„Als ich mit der Arbeit an dem Film begann, hatte man sich bereits für Budapest als Drehort entschieden“, so Szenenbildner Martin Childs. „Bei meiner ersten Reise dorthin wollte ich herausfinden, welche Motive zur Verfügung standen. Und der Besuch bestätigte die Entscheidung. Ich wusste, dass wir viel Arbeit investieren mussten, um alles richtig hinzubekommen. Aber die Stadt vermittelte bereits die richtige mitteleuropäische Atmosphäre. Im Drehbuch scheinen sich die Sets selbst zu entwerfen. Die Geschichte hat eine sehr klare Geografie mit kontrastierenden Schauplätzen, so dass sich die Architektur und die wechselseitigen Beziehungen der Räume automatisch für mich ergaben.
Die Eröffnungsszenen zum Beispiel sind eine Montagesequenz, in der Bruno und seine Freunde auf dem Heimweg von der Schule durch die Straßen laufen und, verführt vom ‚Glanz‘ des Krieges, so tun, als wären sie Messerschmitts. Ich wollte, dass sie dabei durch verschiedene Gegenden von Berlin kommen – von den wohlhabenden Vierteln bis zu den Stadtteilen, von denen ihre Mütter nicht begeistert gewesen wären. Was wir nicht wollten, war eine Montage von lokalen Wahrzeichen, es ging vielmehr darum, verschiedene soziale Milieus in diese Eröffnungssequenz zu integrieren.“
„Ich wusste schon frühzeitig, dass ich das Zuhause des Lagerkommandanten würde bauen müssen“, so Childs. „Natürlich versuchst du automatisch, ein Motiv zu finden, das sich dafür eignen könnte, aber letztlich haben wir das Gebäude selbst aus dem Boden gestampft – in der Nähe eines Waldes, so wie es die Geschichte erforderte. Für das Konzentrationslager betrieben wir sorgfältige Recherchen, denn es gab zwischen den einzelnen KZs große Unterschiede, wenngleich der Zweck immer derselbe war. Große Mühe gaben wir uns auch beim Design des Zauns, damit hinter Shmuel ein braun-grauer Hintergrund zu sehen war, während sich hinter Bruno der helle, grüne Wald erstreckte. Da die Geschichte aus Brunos Perspektive erzählt wird, verbrachte ich viel Zeit auf seiner Ebene. Das heißt, ich ging quasi in die Knie, wenn ich mir die Sets im Geiste ausmalte.“
„Es musste sich echt und real anfühlen, so dass sich die Zuschauer ganz in diese Welt versetzt fühlen“, so Kostümdesignerin Natalie Ward. „Da brauchst du keinen originellen Touch, denn das Publikum soll ja die Personen wiedererkennen. Es gibt viele Filme über diese Zeit, und obwohl du glaubst, du weißt, wie alles aussieht, willst du es absolut richtig hinbekommen. Sobald du dich dann auf die Details konzentrierst, merkst du, dass du viel weniger wusstest, als du dachtest. Zwangsläufig stellte ich tausende von Fragen und betrieb umfangreiche Recherchen.“
Für die Schlussszenen strebte Martin Childs die größtmögliche Authentizität an: „Beim Vorraum der Gaskammer und der Gaskammer selbst musste ich geradezu wie ein Gerichtsmediziner vorgehen, was nicht unbedingt angenehm war. Es gibt ein berühmtes Foto der Räumlichkeiten in Auschwitz, das auf unheimliche Weise – zumindest auf den ersten Blick – dem Keller eines Studios ähnelte, in dem wir einige Szenen drehten, und wir konnten ihn modifizieren. So waren wir glücklicherweise nicht gezwungen, eine komplette Gaskammer von Grund auf zu bauen.“
„Es gibt viele Veröffentlichungen und zahlreiche zeitgenössische Dokumente, die von Archivaren und jüdischen Verbänden gesammelt wurden, um den Holocaust in einen geschichtlichen Zusammenhang zu rücken. Daher hatten wir ebenso umfangreiches wie präzises Ausgangsmaterial, auf das wir uns beziehen konnten“, meint der leitende Art Director Rod McLean. „Alain Resnais‘ KZ-Dokumentation NIGHT AND FOG von 1955 machte auf uns einen besonders starken Eindruck. Du bist auf so etwas nicht vorbereitet. Obwohl so viel Recherchematerial zur Verfügung steht, haben diese Bilder und Beschreibungen nichts von ihrer Wirkung verloren. Du bist so geschockt, dass du ein paar Tage brauchst, um dich davon zu erholen.“
Die ungarische Hauptstadt Budapest wurde vor allem aus dem Grund als Drehort ausgesucht, weil die Geografie der Stadt und ihrer Vororte den visuellen und technischen Anforderungen von Geschichte und Produktion entsprach. Wichtig waren auch die steuerlichen Anreize in Ungarn, und zudem standen sowohl erstklassige einheimische Crewmitglieder als auch Studioräumlichkeiten zur Verfügung. Was die Filmemacher nicht vorhergesehen hatten, waren die intensiven emotionalen Reaktionen von Besetzung und Teammitgliedern. Schließlich entstand der Film in einem Land, in dem die in der Geschichte geschilderten Grausamkeiten tatsächlich stattgefunden hatten, als das Chaos des Zweiten Weltkriegs Ungarn und seine Bevölkerung auf furchtbare Weise einholte.
Das auf zwei Donauufern gelegene Budapest besteht aus den Hügeln von Buda und den Straßen von Pest. Obwohl während des Zweiten Weltkriegs und des Aufstands von 1956 rund 30.000 Gebäude zerstört worden waren, ist die Vergangenheit in den architektonischen Details der verbliebenen Häuser noch lebendig. Deshalb avancierte Budapest zum Schauplatz vieler internationaler Produktionen, für die es Städte wie London, Paris, Ost- und Westberlin und sogar Buenos Aires „doubelte“.
Auf dem Rückweg von einer seiner zahlreichen Motivsuchen entdeckte Regisseur Herman per Zufall an einer viel befahrenen Straße im Budapester Distrikt Zugló den Ort für die Berliner Stadtresidenz. Das Innere des Hauses drehte man im restaurierten Schloss Sacelláry Castle, das im XXII. Budapester Distrikt, in Budafok, liegt.
Ein Komplex von Wohnblöcken, faktisch eine Stadt in der Stadt, nutzte man für die Szenen der Eröffnungsmontage, in der die Nazis eine Gruppe jüdischer Bürger gefangen nehmen. Die Schuljungen, die Bomberpiloten spielen, „fliegen“ über einen eleganten Platz, der direkt hinter dem Hotel Kempinski liegt, und kommen dann durch die Gegend beim Opernhaus.
Nachdem sie die unmittelbare Umgebung abgesucht hatten – von den Jagdhütten bis zu den Bahnhöfen –, entschlossen sich Mark Herman und Szenenbildner Childs, das Äußere des Lager-Wohnsitzes auf dem Grundstück des Waisenhauses in Fót zu errichten, auch als „Stadt der Kinder“ bekannt. In den Wäldern der „Kinderstadt“ drehte man Brunos Hin- und Rückweg zu dem Zaun, an dem er Shmuel trifft.
Die Baracken, die man für die Szenen im Konzentrationslager nutzte, waren ursprünglich als Set für John Hustons FLUCHT ODER SIEG errichtet worden. Seither hatte man sie immer wieder für zahlreiche ungarische und internationale Produktionen umgebaut.
Die Sets für die Kinderzimmer entstanden im renovierten Lloyd-Studio. Die letzten Drehwochen spielten sich auf der Bühne des Róna-Street-Studios von Mafilms ab.