Es ist etwas faul im Ruhrgebiet! - John, Alleinerbe der Claudius-Stahlhütte, kehrt nach langem Aufenthalt im amerikanischen Exil in die Heimat zurück. Der Grund: er hat mehrfach geträumt, dass sein Vater nicht beim Einsturz eines Gebäudes während eines Bombenangriffs im 2. Weltkrieg ums Leben kam, sondern dass er ermordet wurde. Mutmaßlicher Mörder ist sein Onkel Paul, dem der plötzliche Besuch des Neffen gar nicht in den Kram passt, zumal er gerade Johns Mutter Gertrud geheiratet hat. Misstrauen ist an der Tagesordnung, und Paul reizt seinen Stiefvater bis zum Äußersten. Mit einer Ballettaufführung, bei der der heimtückische Mord an seinem Vater angedeutet wird, treibt er die Provokation auf die Spitze …
Jurybegründung:
Käutners „Der Rest ist Schweigen“ stellt neue Probleme zu dem alten Thema des von seiner literarischen Vorlage inspirierten Films. Der Rolltitel besagt „nach Hamlet“. Der Film wechselt radikal das Milieu. Wechselt er auch die Substanz?
[…] Käutner hat mit Routine und Könnerschaft so viele einzelne Momente der klassischen Hamlet-Fabel übernommen und auf modern umgeschrieben, ja eigentlich umfrisiert, dass der Eindruck der Manipulation nicht immer ganz vermieden wurde.
Ist aus der alten Sage von der Ohnmacht und Rache mehr geworden als eine sensationelle Kriminalgeschichte im Milieu der Ruhrkönige? - Die Mehrheit des Ausschusses hat die Frage bejaht. Was bei Shakespeare mythischer Hintergrund ist, erscheint in Käutners Film neu interpretiert als die Auseinandersetzung des Emigranten und Rückkehrers mit seiner Heimat und der Vergangenheit. Hamlet - Hardy Krüger weiß seiner Rolle überraschend Tiefgang und Hintergründigkeit zu geben.
Die bohrende Suche nach dem Vater ist zugleich die verzweifelte Suche nach der verlorenen Bindung an das Geburtsland, das ihm entfremdet ist. Der Hass auf den Mann seiner Mutter hat tiefenpsychologische Dimension. Über dieser Auseinandersetzung kann in der Tat das Wort stehen, dass der Rest Schweigen sei.
Vieles Einzelne, das gelegentlich den Eindruck erweckt, als habe der Regisseur artistische Schaustücke der Transposition ins Moderne liefern wollen, ist nicht ganz stimmig. Die Entführungsszene ist nicht nahtlos gelungen. Die äußerliche Motivation des Paares Polonius - Ophelia, insbesondere die Wohngemeinschaft mit dem Industriellen, ist mühsam konstruiert und hinterlässt Unbefriedigung.
Der Film ist brillant gespielt, fotografiert, geschnitten. Die düsteren Effekte „Ruhrgebiet“ sind gelegentlich etwas billig. Man spürt das Schielen nach Cocteau und Sartre und wird das Gefühl nicht los, dass nicht alles so gelöst und bedeutend ist wie bei diesen Mustern.
Aber der Film stellt innerhalb der deutschen Produktion eine geistige und künstlerische Leistung dar.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)