Der Samurai: Grausam-schöner deutscher Horrorfilm über persönliche Befreiung und alptraumhaftes Coming-Out.
Handlung und Hintergrund
In einem Dorf an der deutsch-polnischen Grenze treibt ein Wolf sein Unwesen, streift durch die Wälder und Vorgärten, versetzt Anwohner in Schrecken. Nur ein junger Polizist ist ihm auf der Spur. Als er einen blond gelockten mysteriösen Typen in weißem Kleid mit einem Samuraischwert trifft, gerät sein Leben aus den Fugen. Er versucht den Fremden, der nicht nur Hunde und Gartenzwerge köpft und eine Schneise der Verwüstung hinter sich lässt, aufzuhalten und realisiert plötzlich seine eigene lang unterdrückte Sehnsucht nach Unangepasstheit.
Besetzung und Crew
Regisseur
Produzent
- Anna de Paoli,
- Linus de Paoli
Co-Produzent
Darsteller
- Michel Diercks,
- Pit Bukowski,
- Uwe Preuss,
- Ulrike Hanke-Häntsch,
- Kaja Blachnik,
- Christopher Kane,
- Janin Halisch,
- Ulrike Bliefert,
- Michael Fritz Schumacher,
- Gernot Kunert,
- Manfred Möck
Drehbuch
Musik
Kamera
Schnitt
Kritikerrezensionen
Gamona.de
Genrekino made in Brandenburg, (alb-)traumwandlerisch und von bizarrer Schönheit. Vor allem aber richtig schön queer.
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Der Samurai Kritik
Der Samurai: Grausam-schöner deutscher Horrorfilm über persönliche Befreiung und alptraumhaftes Coming-Out.
Grausam-schöner deutscher Horrorfilm über persönliche Befreiung und alptraumhaftes Coming-Out.
Es gibt ihn doch, den Horror-Trash aus deutschen Landen, ungewohnten Splatter vom Feinsten. Till Kleinert macht mit seinem Abschlussfilm an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) jedenfalls Hoffnung auf dieses bei uns oft vernachlässigte Genre. Der viel besungene deutsche Wald ist hier keine Oase der Ruhe, sondern Ort des Schreckens und Heimat eines Wolfs, der in einer kleinen Stadt an der deutsch-polnischen Grenze für Aufregung sorgt. Bei seinem schauerlichen Geheul ziehen sich die Einwohner ins traute Heim zurück, sie wollen nicht wissen was draußen vorgeht. Nur der junge Polizist Jakob Wolski (Michel Diercks) wagt sich ins dunkle Gehölz und hängt Fleischreste auf, um das Tier fern zu halten, für seinen Chef eine lächerliche „Strategie“. Als der schüchterne Ordnungshüter nächtens in einer Art Hexenhäuschen einen durch geknallten blonden Typen in weißem Kleid mit einem japanischen Schwert, einem Katana, trifft, beginnt ein poetisch-brutaler Tanz mit dem Tod, bei dem nicht nur bellenden Hunden und stummen Gartenzwergen die Köpfe abgehauen werden, im lodernden Feuer alte Anpassungsmuster verbrennen. Im Morgengrauen ist nichts so, wie es einmal war.
Kleinert spielt mit Wolfsmetaphern und Zeichen des Horrorkinos, erzählt mit den Mitteln des Thrillers von Todessehnsucht und einer lustvollen Befreiungs- und Rachefantasie. Die Anwesenheit des Samurais spült verschwiegene Wünsche an die Oberfläche, verdrängte Sexualität. Ihm geht es weniger um das Ergründen von Ursachen als um das „genussvolle Auskosten der Wirkungen“. Höhepunkt ist ein Pas de Deux mit homoerotischer Komponente, rau, hart und zärtlich zugleich, allerdings weit entfernt von der verführerischen Sinnlichkeit, Zuneigung und Hörigkeit beim schon legendären Männer-Tango in Xavier Dolans „Sag nicht wer du bist“. Vieles bleibt bei der surrealen Bilderflut im Ungewissen und Ungefähren, eine Verwüstungsschneise durch ein Leben, aber keine Erlösung nirgends. Regisseur und Produktionskollektiv „Schattenkante“ beweisen Mut bei diesem Low-Budget-Film, der mit den „öffentlich-rechtlichen Geschmacksvorgaben“ nicht vereinbar war und ohne Unterstützung des Bezahlfernsehens entstand. Vielleicht ist er gerade deshalb so wunderbar verrückt. mk.
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Mit "Der Samurai" als Abschlussfilm an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin legt Till Kleinert ("Lange Nacht") einen düsteren Horrorthriller vor, der die Themen seines halbstündigen Films "Cowboy" von 2008 variiert und weiter entwickelt. Erneut verknüpft er Motive wie Kleinstadtenge, Homophobie, unterdrückte Leidenschaft und Coming-out mit einer wüsten Exploitation-Story samt blutigen Exzessen und erotischen Einlagen. Wieder verkörpert Pit Bukowski den rätselhaften Fremden mit undurchdringbarem, finsteren Blick als eine Art junger Klaus Kinski. Auch Martin Hanslmayrs Kameraarbeit verleiht der Tristesse, Ödnis und Undurchdringbarkeit der Seelen einmal mehr eine bizarre Schönheit.
Gewichen sind die "Wicker Man"-Anklänge den Märchenelementen wie dem Hexenhaus, in dem der unscheinbare Polizist erstmals auf den hageren Fremden mit den blutroten Lippen trifft, über die bedrohte Großmutter bis zum bösen Wolf, der durch die undurchdringbare Wälder streift. Da Jakob das streunende Tier stets mit Schlachtabfällen aus der Reserve zu locken versucht, stellt sich schnell die Frage, ob es sich bei dem rätselhaften Crossdresser mit dem Katana-Schwert etwa um die Manifestation des Wolfs handelt. Am Ende gibt das Horrordrama darauf eine eindeutige Antwort, aber es kommt noch eine weitere Lesart im Spiel mit Schein und Sein auf.
Von den örtlichen Jugendlichen auf ihren Motorrädern wird der unterforderte junge Beamte nicht ernst genommen. Ebenso scheint sein Vorgesetzter nur wenig von ihm zu halten. Jakob zeigt sich weder von einem Mädchen aus der Gruppe, das ihm aufreizende Blicke zuwirft, noch von einer blonden Reisenden angezogen, die in vertrauter Genremanier auf der nächtlichen Landstraße mit ihrem Wagen liegen bleibt. Stärker interessierte sich der Einzelgänger für ein großspuriges Mitglied aus der Jugendgruppe. Somit handelt "Der Samurai" von unerfülltem Begehren und geheimen Obsessionen, die sich in Gestalt des bedrohlichen Killers offenbaren. Das Katz- und Maus-Spiel mit dem androgynen Fremden verkommt zur Suche nach der eigenen Identität.
Allerdings werden die Motive für den blutigen Streifzug, bei dem bald die Köpfe rollen, niemals wirklich geklärt. Da Till Kleinert ohnehin viele Aspekte offen lässt und von einer realistischen Darstellung des Provinzumfelds zu einer traumwandlerische Stimmung übergeht, lässt sich das verschmerzen. Ebenso sind die plakativen Elemente, die das phallusartige Schwert mit der Erektion des Angreifers gleichsetzen, durchaus gewollt. Schwerer wiegen einige dramaturgische Durchhänger. Jakobs unstetes Agieren und das wiederholte Entkommen seines bösen Alter Egos scheinen nur dazu zu dienen, die sinistre Geschichte auf eine relativ kurze Laufzeit zu strecken. Doch aufgrund seiner gelungenen surrealen Atmosphäre erscheint "Der Samurai" als bemerkenswertes Beispiel eines langsam erstarkenden deutschen Genrekinos.
Fazit: "Der Samurai" bietet einen bewusst trashigen, düsteren Queer-Horror-Rachethriller, dessen dramaturgische Schwächen durch seine surreale Märchenatmosphäre aufgewogen werden.
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