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Fakten und Hintergründe zum Film "Der Vorleser"

Fakten und Hintergründe zum Film "Der Vorleser"
© Senator

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Produktionsnotizen

Wie lebt man im Schatten des größten Verbrechens der modernen Geschichte? Kann eine ganze Generation die unverzeihlichen Sünden ihrer Eltern verkraften? Oder sind manche Vermächtnisse einfach zu unfassbar und zu grauenhaft, um sie jemals zu ertragen?

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DER VORLESER erzählt die Geschichte von Michael Berg, einem Jungen, der im Nachkriegsdeutschland aufwuchs und seine erste große Liebesbeziehung zu einer geheimnisvollen, älteren Frau hat, die eine zweifelhafte Vergangenheit und ein großes, persönliches Geheimnis zu verbergen versucht. Es ist eine Geschichte über die Neugier und die diffusen Schuldgefühle einer Generation, die nach dem Holocaust erwachsen wurde. „Es ist ein Film über Schuld und Bewältigung“, sagt Regisseur Stephen Daldry.

Produktion: Vom Buch zum Film

Die faszinierende Geschichte von DER VORLESER handelt nicht zuletzt auch von der enormen Kraft der Worte. So ist es nur logisch und konsequent, dass sie ursprünglich in Form eines Buches erschien. Ein Roman, den die Los Angeles Times so beschrieb: „Ein formal wunder-schönes, verstörendes und moralisch erschütterndes Werk.“

Autor Bernhard Schlink ist Jura-Professor und veröffentlichte seinen semi-autobiographischen Roman im Jahre 1995. Seitdem wurde dieser in 40 Sprachen übersetzt und ist das erste deutsche Buch, das den Spitzenplatz der New York Times-Bestsellerliste erreichte. Talkshow-Moderatorin und Literaturliebhaberin Oprah Winfrey, deren Empfehlungen auf dem US-amerikanischen Buchmark enorme Auswirkungen haben, schwärmte: „Wer hätte gedacht, dass ein Buch, das nur 218 Seiten umfasst, so viele Emotionen hervorrufen kann? “

„Das Buch handelt von der so genannten ‚zweiten Generation’“, erklärt Schlink. „Den ‚Spätgeborenen‘. Wir wuchsen sehr naiv auf, bevor wir irgendwann zu begreifen begannen, was unsere Eltern, unsere Pastoren, unsere Lehrer getan hatten. Wenn man jemanden liebt, und man dann erkennen muss, dass dieser Jemand in etwas Schreckliches verwickelt war, dann kann einen diese Erkentnis komplett aus der Bahn werfen.“ DER VORLESER wird durch seine brisante und wichtige Thematik sogar als Schullektüre genutzt.

Harvey Weinstein und Miramax Films kauften die Filmrechte an DER VORLESER bereits 1996. Weinstein holte Anthony Minghella und dessen Produktionspartner Sydney Pollack an Bord. Der Plan war, dass Minghella sowohl als Drehbuchautor als auch als Regisseur fungieren sollte. Doch Bühnenautor Sir David Hare, der später für sein Drehbuch zu THE HOURS („The Hours – Von Ewigkeit zu Ewigkeit“, 2002) für einen Oscar®-nominiert wurde, hatte ebenfalls Schlinks Roman gelesen und brannte darauf, ihn zu adaptieren. Da Anthony Minghella zu diesem Zeitpunkt gerade mit seinem Film THE ENGLISH PATIENT („Der englische Patient“, 1996) mehrfach Oscar®-gekrönt worden war und über etlichen anderen, epischen Projekten, die an ihn herangetragen wurden, brütete, versuchte Hare ihn zu überreden, ihm das Drehbuch zu überlassen und später dann nur die Regie zu übernehmen. Doch Minghella war fest entschlossen, das Skript selbst zu schreiben.

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Fast zehn Jahre später, als immer noch kein Drehbuch vorlag, stieß Regisseur Stephen Daldry auf das Projekt. Daldry, der als Junge deutsch gelernt und zeitweise in Berlin gelebt hatte, fragte Minghella, ob die Möglichkeit bestünde, dass er die Regie bei DER VORLESER führen könne. Anthony Minghella, der sich eingestehen musste, dass noch einige Zeit vergehen würde, bevor er sich diesem Stoff widmen könne, stimmte zu. Zwei Bedingungen hatte er allerdings: Um den Film nicht noch weiter hinauszuzögern, sollte DER VORLESER Daldrys nächstes Projekt sein. Und Minghella und Sidney Pollack würden weiterhin als Produzenten involviert sein. Auf der Suche nach einem Drehbuchautor landete Daldry nun fast schon automatisch wieder bei David Hare. „Wir hatten bereits ‚The Hours‘ zusammen gemacht und dies war nun das zweite komplizierte und hochambitionierte Werk, das wir gemeinsam realisierten“, sagt Hare. „Stephen und ich sind einander sehr eng verbunden. Ein wenig wie Kriegskameraden. Jeder kennt die Stärken und Schwächen des anderen.“

Im Gegensatz zu Schlinks Roman, der seine Geschichte chronologisch erzählt, springt der Film durch die Zeiten. Durch diese dramaturgische Struktur verfolgt der Zuschauer die Figuren in Segmenten der 50er bis in die 90er Jahre und wieder zurück. Hare betrachtete diese Herangehensweise als spannende und unorthodoxe Art, dem Stoff gerecht zu werden – und als eine gute Möglichkeit, diesem „nervtötenden unsichtbaren Erzähler“ zu entgehen, der leider allzu oft durch Romanadaptionen führt.

„Nichts langweilt mich im Kino mehr als eine Figur, deren Charakter, Intention und Handlungsweise ich im ersten Moment erfasse, in dem ich ihn auf der Leinwand sehe“, erklärt Hare. Sein Drehbuch sollte ebenso unvorhersehbar sein wie widerborstig. Er hatte kein Interesse daran, einmal mehr in altbekannter Manier die typischen Geschichten aus der Zeit des zweiten Weltkriegs zu erzählen. „Mich interessieren ausschließlich Filme, die sich keinem bestimmten Genre zuordnen lassen“, sagt er. „So ist DER VORLESER auch kein typischer Holocaust-Film geworden.“

„Es gibt 252 Filme über die Judenvernichtung“, ergänzt Regisseur Daldry. „Und ich hoffe, es wird mindestens noch einmal genauso viele dazu geben. Es sind wichtige Filme. Doch DER VORLESER ist etwas anderes. Es ist ein eigenwilliger Film, ein Film, der keine Erwartungen erfüllt. So entpuppt sich zum Beispiel eine der Schlüsselfiguren, die das Grauen der Konzentrationslager überlebte, nicht als schwach und gebrochen, sondern als starke, moralisch und intellektuell unbeugsame Persönlichkeit.“

Obgleich Hare, Daldry, Minghella und Pollack viel Wert auf cineastische und dramaturgische Freiheiten legten, blieb ein bestimmter Aspekt dieses Projekts stets unangetastet: Der Respekt vor den Opfern der Naziherrschaft. Es herrschte absolute Einigkeit darüber, dass ein Wort wie „Vergebung“ niemals fallen würde. Der Film vermeidet ganz bewusst jede Form von Versöhnung und Verzeihen, sondern konzentriert sich voll auf die Frage, wie die nachfolgende Generation mit der grauenhaften Vergangenheit ihres Landes umzugehen hatte.

Drehbuchautor David Hare und Romanautor Bernhard Schlink reisten gemeinsam durch Deutschland und diskutierten mit zahlreichen Menschen die kontroversen Fragen, die das Buch stellt. „Der Vorleser wurde in Deutschland ebenso euphorisch bejubelt, wie er brutal attackiert wurde“, erklärt Hare. „Die Verbrechen der deutschen Faschisten verstehen zu wollen, ist ein gefährliches und brisantes Unterfangen. Man kann sehr leicht unbeabsichtigt eine Grenze überschreiten.“ Nichtsdestotrotz war es für Stephen Daldry von extremer Wichtigkeit, die Kriegsverbrechen und die Verbrechen an der Menschlichkeit so real wie möglich zu zeigen. Die Aufseher der Konzentrationslager sind bei Daldry keine furchterregenden Monster, sondern ganz normale Menschen, Arbeiter, Nachbarn. „Es waren Durchschnittstypen, die diese Gräueltaten begingen“, sagt Daldry. „Es gab so etwas wie den Horror der Banalität.“

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Während der Einfluss von Drehbuchautoren meist mit der Abgabe der drehfertigen Skript- Fassung endet, war David Hare (genau wie bei seiner letzten Zusammenarbeit mit Daldry an THE HOURS) auch danach noch stark in das Projekt involviert. „Stephen gestattete mir, vom ersten Drehtag bis zum finalen Schnitt dabei zu sein“, erinnert sich Hare. „Er arbeitet nur mit Leuten, die großen Einsatz zeigen. In dieser Hinsicht ist es bei ihm eher, als würde man fürs Theater arbeiten anstatt fürs Kino. Er ist der gründlichste Regisseur, mit dem ich je zu tun hatte. Nichts, was er filmt, wird dem Zufall überlassen.“

Auch Bernhard Schlink war weitaus mehr involviert, als er es ursprünglich für möglich gehalten hätte und übernahm sogar eine Statistenrolle in einer Szene, die in einem Biergarten spielt. Bei dieser Gelegenheit wurde er auch Zeuge von Daldrys Obsession für Details - vom winzigen Austattungselement bis zu den minimalsten mimischen Nuancen der Darsteller. „Stephen ist ein sehr präziser Mensch und reagiert sehr sensibel auf jede Feinheit. Das ist etwas, was ich enorm an ihm bewundere“, sagt Schlink.

Produktion: Die Besetzung

Für die Rolle der Hanna Schmitz – einer 36jährigen Frau, die eine Affäre mit einem Teenager beginnt und sich schließlich als ehemalige KZ-Wärterin entpuppt – favorisierte Autor Schlink von Anfang an Kate Winslet. “Kate ist eine sehr sinnliche und dennoch bodenständige Frau, genau wie Hanna“, schwärmt Schlink.

Kate Winslet erklärt: “Ich bin eine relativ langsame Leserin, aber diesen Roman konnte ich einfach nicht aus der Hand legen. Ich las ihn an einem einzigen Tag.“ Damals war Winslet allerdings erst 27 Jahre alt, deutlich zu jung, um diese Rolle spielen zu können. Als Regisseur Daldry sie jedoch 2007 kontaktierte, fühlte sie sich reif genug, die psychisch und physisch fordernde Rolle zu übernehmen. Kate Winslet verwandelt sich im Laufe des Films von einer starken, sexuell selbstbewussten Mittdreißigerin zu einer über 60jährigen verwahrlosten, gebrochenen Frau.

Mit Regisseur Daldry zu arbeiten, empfand Kate Winslet als eine großartige Erfahrung: „Es war, als wären wir vom selben Stamm. Er verfügt über eine ungebremste Energie und eine aufrichtige Begeisterung für diesen Stoff. Er hatte sehr präzise Vorstellungen, wie er die Geschichte erzählen wollte, doch er war gleichzeitig auch sehr offen für Ideen und Anregungen anderer.“

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Für die Rolle des Michael Berg – den Jungen, dessen Leben durch die Beziehung zu Hanna so gravierend verändert wird – wählte Daldry zwei Schauspieler aus, die die Figur in dem über mehr als dreißig Jahre währenden Handlungsbogen mit Leben füllten. Den jungen Michael spielt David Kross, bekannt aus Marco Kreutzpaintners KRABAT (2008) und Detlev Bucks KNALLHART (2006). Die Rolle des älteren Michael übernahm Weltstar Ralph Fiennes.

DER VORLESER ist der dritte Film für David Kross und der erste, den er in Englisch drehte, eine Sprache, die er während der Dreharbeiten perfektionierte. Regisseur Daldry war fest entschlossen, einen deutschen Jugendlichen für die Rolle des Michael zu finden und lud David zu mehreren Vorsprechterminen ein, um absolut sicher zu gehen, dass er der Richtige sei. Davids Mutter machte sich allerdings Sorgen, dass die Schauspielerei die Schullaufbahn ihres Sohnes beeinträchtigen könnte. Sie gestattete ihm nur mitzuspielen, wenn seine Noten am Ende des Schuljahres zufriedenstellend seien. David zeigte so viel schulischen Einsatz wie noch nie, hatte ein nahezu perfektes Zeugnis und konnte die Rolle übernehmen.

Bis zu sieben Stunden am Tag arbeitete David Kross mit dem Sprachtrainer William Conacher – nicht nur, um seine Dialoge zu lernen, sondern auch, um verschiedene Klassiker, die er im Film rezitiert, wie Horaz in Latein oder Sappho auf Griechisch zu lesen. „Meine große Herausforderung bestand darin, einer Gruppe von deutschen Schauspielern so Englisch beizubringen, dass es für das Publikum scheint, dass es ihre Muttersprache ist und gleichzeitig Englisch sprechende Schauspieler wie Kate Winslet und Ralph Fiennes darin einzubinden“, erinnert sich Conacher.

Da die Story wichtige Szenen besitzt, die die sexuelle Beziehung zwischen Hanna und Michael zeigen, musste der Drehplan auf das Alter von David Kross abgestimmt werden. David war gerade mal 15 Jahre alt, als Stephen Daldry ihn zum ersten Vorsprechen einlud. Bis die Schlafzimmer-Szenen gedreht werden konnten, musste David erst volljährig werden.

Der Altersunterschied zwischen Hanna und Michael zählt zu den kontroversesten Aspekten des Buches. Doch die Story würde anders schlicht nicht funktionieren. „Hanna ist 36 Jahre alt, Michael ist 15. Sie gehören zwei verschiedenen Generationen an“, erklärt Regisseur Daldry. „Jede noch so geringfügige Verkürzung des Altersunterschiedes hätte das geändert.“

Auch als Erwachsener ist Michael Berg immer noch damit beschäftigt, die verhängnisvolle erste Liebesbeziehung seines Lebens zu verarbeiten. Ralph Fiennes, der den gereiften Michael verkörpert, wurde von DER VORLESER so angesprochen, weil dieses Drehbuch so brillant hochkomplexe emotionale Elemente balanciert. „Diese Geschichte stellt Fragen über Schuld, Moral, Liebe und Sexualität - sehr komplizierte Fragen. Und dennoch ist es letztlich vor allem eine zutiefst menschliche Geschichte“, sagt Fiennes. „Ein gutes Drehbuch zeichnet sich nicht zuletzt dadurch aus, dass es simpel erscheint, während es gleichzeitig große und schwerwiegende Themen behandelt. Dialoge, die im ersten Moment wie eine ganz normale Unterhaltung erscheinen, enthalten tiefere Ebenen, zweite Bedeutungen und zahlreiche Untertöne.“

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Da David Kross und Ralph Fiennes dieselbe Figur verkörperten und Ralph Fiennes und Kate Winslet nur eine einzige Szene zusammen hatten, trafen die drei Hauptdarsteller sehr viel seltener zusammen, als man vermuten würde.

Kate Winslet hält David Kross für „perfekt“ besetzt. „David besitzt eine erstaunliche Ähnlichkeit mit der Figur des Michaels. Er ist ein sehr ernsthafter Mensch, unglaublich professionell und sensibel. Er ist bereit, Dinge auszuprobieren, will ständig lernen und sich weiterentwickeln.“ Auch Ralph Fiennes ist voll des Lobes für seinen jungen Kollegen: „Wir sehen uns nicht sehr ähnlich, aber wir besitzen eine Ähnlichkeit in schauspielerischer Hinsicht. Ich verstehe, warum Stephen uns beide gemeinsam ausgewählt hat. David ist ein sehr natürlicher Typ, intelligent und aufmerksam, mit einem sanftmütigen und unaufdringlichen Humor.“

Doch auch die beiden männlichen Kollegen sind voll des Lobes für Kate Winslet. „Um ehrlich zu sein, wusste ich nicht viel über sie“, gesteht David Kross, der Kate ausschließlich in TITANIC („Titanic“, 1997) gesehen hatte. „Aber mit ihr zu arbeiten, war nicht nur gut, es war großartig. Sie ist ein sehr bodenständiger Typ und sehr erfahren.“ Und Ralph Fiennes schwärmt: „Kate ist eine großartige Schauspielerin. Sie bringt eine große Intelligenz in ihre Filme ein, sie stellt Fragen und probiert Dinge aus. Sie isterstaunlich.“

Auch in den Nebenrollen tummeln sich große Namen – fast ein „Who is Who“ des deutschen Films. „Es ist eines der beeindruckendsten deutschen Ensembles der letzten Jahre“, sagt Regisseur Daldry stolz. Dazu zählen Bruno Ganz („Himmel über Berlin“, 1987, „Der Untergang“, 2004), Mattias Habich („Nirgendwo in Afrika“, 2001, „Der Untergang“, 2004), Susanne Lothar („Funny Games“, 1997), Karoline Herfurth („Im Winter ein Jahr“, 2008), Alexandra Maria Lara („Der Untergang“, 2004), Burghart Klaussner („Die fetten Jahre sind vorbei“, 2004) und Hannah Herzsprung („Vier Minuten“, 2006).

Produktion: Die Vorbereitung

Obwohl einige Szenen auch in New York spielen, fand ein Großteil der Dreharbeiten zu DER VORLESER in Deutschland statt. Zu den Drehorten zählten Berlin, Görlitz und Köln. Einige Außenaufnahmen wurden außerdem im deutsch-tschechischen Grenzgebiet gemacht. Auch das Team hinter den Kulissen bestand zu einem Großteil aus Deutschen, die Schlüsselpositionen waren allerdings mit hochkarätigen Hollywood-Profis besetzt: Kameramann Chris Menges (MISSION, „The Mission“, 1986, „THE KILLING FIELDS, „Killing Fields – Schreiendes Land“, 1984), Cutterin Claire Simpson (PLATOON, „Platoon“, 1986), Kostümdesignerin Ann Roth (THE ENGLISH PATIENT, „Der englische Patient“, 1996).

Für Ausstatterin Brigitte Broch (MOULIN ROUGE!, „Moulin Rouge“, 2001) war dieser Film auch eine persönliche Herausforderung. Sie ist gebürtige Deutsche, zog aber schon vor 40 Jahren nach Mexiko. Sie betrachtet sich selbst als Mitglied der „zweiten Generation“, die voll Wut über die Taten und das Schweigen ihrer Elterngeneration war. „Es war das erste mal, dass ich mich ganz bewusst mit dieser Thematik befasste“, erklärt sie. „Ich sagte mir: Schluss mit der Angst und den Schuldgefühlen – ich muss mich diesen Fragen stellen. Es war emotional nicht leicht. Es war, als würde ich sehr tief tauchen müssen, um am Ende auf der anderen Seite wieder Luft holen zu können.“

Auch für die Schauspieler waren einige Elemente der Geschichte eine extreme Belastung. „Normalerweise liebe ich es, mich ausgiebig auf eine Rolle vorzubereiten“, sagt Kate Winslet. „Es ist sehr wichtig, seine Hausaufgaben gemacht zu haben und dann, wenn der Dreh beginnt, alles von sich abfallen zu lassen. Doch bei der Vorbereitung auf die Rolle der Hanna habe ich so viel zum Thema gelesen, so viele Dokumentationen über Konzentrationslager gesehen, dass ich irgendwann einfach nicht mehr konnte. Da waren so viele Bilder, die mich mein ganzes Leben wohl nicht mehr loslassen werden.“

Die Tatsache, dass Kate Winslet in DER VORLESER um dreißig Jahre altert, machte den Dreh für die Schauspielerin nicht gerade leichter. Immerhin stand ihr Ivana Primorac zur Seite. Die verdiente Haar- und Make Up- Expertin wurde bereits zweimal für den BAFTA nominiert (für SWEENEY TODD, „Sweeney Todd“, 2007, und ATONEMENT, „Abbitte“, 2007). „Um mich in die ältere Hanna zu verwandeln, musste ich vier Stunden in der Maske zubringen“, erinnert sich Winslet. Nicht nur, dass sie geschminkt wurde, sie musste auch in einen speziellen Latex-Anzug steigen, der den Körperbau einer alternden Frau simulierte. „Dadurch veränderte sich meine ganze Körpersprache“, erklärt Kate Winslet, die amüsiert zur Kenntnis nahm, dass das auch das Verhalten der anderen Team-Mitglieder ihr gegenüber beeinflusste. Sie selbst hatte mit der Transformation kein Problem: „Es störte mich nicht, in den Spiegel zu schauen und dort eine alte Schachtel zu sehen“, lacht sie. „Es gab der Rolle eine zusätzliche Dimension“.

Ralph Fiennes bereitete sich gemeinsam mit Regisseur Daldry auf seine Rolle vor: „Stephen stellte ständig Fragen, was mir sehr half. Er wollte wissen, was Michael tatsächlich über Hanna denkt. Wie er jemanden verdammen kann, mit dem er zuvor intim war. Ob diese Intimität etwas ist, woran er sich gern erinnert. Er warf diese Fragen wieder und wieder auf, um sie in meinem Kopf präsent zu halten. Denn es gibt auf keine davon eine simple Antwort. Stephen lässt seinen Schauspielern die Zeit, eine Szene zu erforschen und er besitzt auch das Selbstbewusstsein, daraufhin Änderungen vorzunehmen. Es ist für einen Schauspieler natürlich ein großes Glück, so frei arbeiten zu können.“

Für David Kross war die intensive Vorbereitung auf seine Rolle eine neue Erfahrung. „Es war das erste Mal, dass ich Hintergrundrecherchen für meine Rolle anstellte“, erklärt er. „Stephen nahm mich mit ins Jüdische Museum in Berlin und brachte mir fünf Tüten voller Bücher über die relevanten Themen, die ich lesen sollte.“

Stephen Daldry und sein Team erlebten eine enorme Unterstützung durch das Fritz Bauer- Institut in Frankfurt, einem der weltweit größten Archive über die Kriegsverbrechen der Nazis. Mitarbeiter des Instituts unter der Leitung von Werner Renz, versorgten die Ausstatter mit Fotos, Dokumenten und anderem Hintergrundmaterial, das half, dem Film einen völlig authentischen Look zu geben. Die meisten Gerichtsszenen in DER VORLESER basieren auf den Protokollen der Frankfurter Auschwitz-Prozesse, die zwischen 1963 und 1965 stattfanden. 22 Wärter und Bedienstete des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau wurden in diesem Verfahren schuldig gesprochen. Im Gegensatz zu den berühmten Nürnberger Prozessen, in denen führende SS-Offiziere und Gestapo-Größen angeklagt wurden, kamen in Frankfurt auch einige Handlanger des Grauens zur Anklage. Tatsächlich treten in diesen Szenen zahlreiche „echte“ Anwälte und Richter aus jener Zeit auf, darunter Thomas Borchardt, Thomas Paritschke, Burglinde Kinz, Stefan Weichbrodt und Karl Heinz Oplustiel. Andere Juristen, wie der Auschwitz-Ankläger Gerhard Wiese und Richter Gregor Herb fungierten als Berater.

Eine ebenso große Herausforderung waren für David Kross die zutiefst intimen und emotional geladenen Szenen mit Kate Winslet. „In diesem Film spielte ich meine ersten Sexszenen“,

gesteht Kross etwas schüchtern. „Stephen gab dabei nur sehr simple Anweisungen, was ich sehr gut fand. Der wirklich harte Teil war die Vorbereitung auf die Rolle, die Proben, die Gespräche mit den anderen Schauspielern über die Gefühle der Figuren. Als der eigentliche Dreh begann, war es dagegen schon fast ein Vergnügen.“

Produktion: Nachruf für Minghella und Pollack

Während der Arbeit an DER VORLESER starben zu Beginn des Jahres 2008 sowohl Anthony Minghella als auch Sydney Pollack. Minghella war erst 54 Jahre alt, Pollack 73. „Sie waren echte Bollwerke der Kraft“, sagt Regisseur Stephen Daldry. „Es hat uns alle tief erschüttert, dass diese beiden sehr besonderen, großartigen Menschen die Premiere des fertigen Films nicht mehr erleben sollten.“ Dennoch übten die beiden großen Filmemacher auch nach ihrem Tod noch einen großen Einfluss auf die Produktion aus. „Ständig fragten Stephen und ich uns: ‚Würde Sydney das so gefallen?‘ und ‚Was würde Anthony dazu sagen?’“, erinnert sich Drehbuchautor David Hare. „Unser großes Ziel war es, einen Film zu machen, auf den die beiden stolz gewesen wären.“

Produktion: Die Wunden der Schuld

Man geht davon aus, dass ein Großteil der deutschen Bevölkerung während des Zweiten Weltkriegs sehr wohl vom Holocaust wusste. Die SS hatte 1943 ungefähr 900.000 Mitglieder. Die Deutsche Reichsbahn beschäftigte mehr als eine Million Menschen und viele von ihnen hatten zweifelsohne daran mitgewirkt, Juden wie Vieh in die Wagons zu verladen und in Konzentrationslager im ganzen Land zu verschicken. Viele Deutsche waren direkt als Arbeiter in den Lagern oder indirekt als bürokratische Verwalter des Grauens mit den Gräueltaten befasst und müssen das gigantische Verbrechen erfasst haben. So wie ein Jura-Student in DER VORLESER es sagt: „Es gab Tausende von Lagern. Und jeder wusste es.“

Als der Krieg 1945 endete, waren sich die Alliierten einig, dass das komplette deutsche Volk eine Schuld teilte. Nicht nur am Krieg, sondern auch an dem systematischen Völkermord und den Verbrechen an der Menschlichkeit. In Erklärungen der britischen und amerikanischen Regierungen wurde das unmissverständlich deutlich gemacht, nicht zuletzt durch den wiederholten Gebrauch der Worte „Kollektivschuld“ und „kollektive Verantwortung“.

Selbst Präsident Harry S. Truman musste zugeben, wie schwierig es war, die Haupttäter von den Handlangern zu trennen – und von jenen, die sich durchs Wegschauen und stille Akzeptanz schuldig gemacht hatten. In einem Brief an einen US-Senator vertrat Truman die Ansicht, dass vielleicht nicht alle Deutschen am Krieg schuld seien, doch dass es sehr schwierig werden würde, die wenigen Deutschen zu finden, die keinerlei Schuld am Völkermord auf sich geladen hätten: „Ich kann kein Mitleid und Verständnis finden für die, die den Tod so vieler Menschen verschuldeten. Menschen, die durch Hunger starben, unbehandelte Krankheiten oder schlicht durch Mord.“

Nahezu unverzüglich nach Kriegsende begann die „Entnazifizierung“, beaufsichtigt von speziellen deutschen Ministern und führenden Köpfen der alliierten Truppen. Gleichzeitig begannen die Alliierten eine breite Öffentlichkeitskampagne, um den Deutschen ein Bewusstsein der gemeinsamen Schuld zu geben. Zeitungsartikel und Radiosendungen wurden veröffentlicht, um sicherzustellen, dass alle Deutschen begriffen und akzeptierten, dass jeder einzelne des Volks eine Mitschuld an den schrecklichen Ereignissen trug.

Desweiteren wurden Plakate mit Bildern von KZ-Häftlingen aufgehängt, die Schriftzüge trugen wie: „Du bist daran schuld!“ und „Diese Gräueltaten: Deine Schuld!“. Von 1945 bis 1952 wurden außerdem etliche Dokumentarfilme wie „Die Todesmühlen“ produziert und immer wieder vorgeführt, um das Land, das weltweit geächtet war, schrittweise zur Demokratie und Zivilisation zurückkehren zu lassen.

Produktion: Die Nachkriegszeit

Offiziell gestanden die Deutschen ihre Schuld an den Verbrechen der Nazizeit ein. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland entschuldigte sich mehrmals für den Völkermord. Deutsche Politiker äußerten oft ihre Reue: Am eindrucksvollsten 1970 Bundeskanzler Willy Brandt, als er vor dem Holocaust-Mahnmal in Warschau symbolisch auf die Knie ging. Deutschland leistete umgerechnet 70 Milliarden Dollar Reparationszahlungen an den Staat Israel und weitere 15 Millionen an die Überlebenden des Holocaust. Die Zahlungen erfolgen weiterhin bis zum Jahr 2015.

Ferner wurden Firmen und Konzerne, die Zwangsarbeiter ausbeuteten, zu einer Zahlung von insgesamt 1,7 Milliarden Dollar verpflichtet. Deutschland errichtete außerdem in Berlin das Nationale Holocaust Museum. Der Vertrieb von Adolf Hitlers Buch „Mein Kampf“ ist offiziell verboten, ebenso wie die Leugnung des Völkermords, die öffentliche Zurschaustellung von Hakenkreuz und Hitlergruß. Ferner wurde gesetzlich festgelegt, dass die Verbrechen der Nazis ein wichtiges Thema des Geschichtsunterrichts in allen deutschen Schulen sind. Der Umgang der Deutschen mit den Kriegsverbrechern stieß auf internationale Anerkennung.

Die deutschen Autoritäten halfen, Kriegsverbrecher aufzuspüren, die sich dann unter anderem bei den Nürnberger Prozessen verantworten mussten. Sie öffneten bereitwillig viele Archive und verifizierten für das US-Justizministerium, die kanadische und britische Regierung die Namen von 60.000 Nazi-Verbrechern. Nichtsdestotrotz schlüpften natürlich trotzdem viele Täter durch die Masche des Netzes und setzten sich unbehelligt in anderen Ländern zur Ruhe.

Doch es gab auch Kritik. Deutschland wurde und wird oft vorgeworfen, nicht genug Entschädigung für seine Verbrechen geleistet zu haben. Die deutsche Regierung hat sich außerdem nie für die Angriffe auf souveräne Staaten entschuldigt oder die alleinige Verantwortung für den Beginn des 2. Weltkriegs übernommen. Die Schuld wurde immer wieder auf einzelne Personen wie Adolf Hitler oder auf die NSDAP geschoben, anstatt das deutsche Volk an sich für schuldig zu erklären. So gab es nie eine offizielle Entschädigung des deutschen Volkes an die überfallenenen Länder. Selbst nach der Wiedervereinigung im Jahre 1990 wurden alle Forderungen der britischen und französischen Regierung nach Reparationszahlungen abgewiesen. Die Sache, so hieß es, sei erledigt.

Deutschland wurde außerdem vorgeworfen, dass es zu lange gewartet hat, gestohlenes und okkupiertes Eigentum, Grundbesitz und Immoblien an die rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben. Schließlich verweigerte die deutsche Regierung auch noch über Jahre hinweg ausländischen Justizorganen den Zugang zu den Archiven in Bad Arolsen, in denen zahlreiche den Holocaust betreffende Unterlagen und Dokumente verwahrt werden.

Erst im Mai 2006 sorgte eine nachdrückliche Initiative des US-amerikanischen Holocaust Memorial Museum dafür, dass alle Akten für Historiker über Überlebende zugänglich gemacht wurden.

Produktion: Die Nachfolgende Generation

Bernhard Schlink, Autor von Der Vorleser, und seine Altersgenossen befanden sich in einer schwierigen Situation: Einerseits waren sie völlig unschuldig an den Verbrechen ihrer Elterngeneration, andererseits wurden sie aber dennoch in den übermächtigen Schatten hineingeboren, den diese Gräueltaten über das Land warfen. Bernhard Schlinks Einstellung zu dieser Problematik wird von einer der Filmfiguren, einem Jura- Professor, ausgesprochen: „Es ist unwichtig, was wir fühlen – wichtig ist, was wir tun.“

Drehbuchautor David Hare führt aus: „DER VORLESER ist das bekannteste Buch Deutschlands über die Nachkriegsjahre und über die Auswirkungen der Nazi-Jahre auf das deutsche Volk. Es ist erstaunlich wenig geschrieben worden über die Problematik der nachfolgenden Generation, die die unfassbaren Verbrechen, die sie selbst nicht begangen hatten, bewältigen mussten.“ Schlink ergänzt: „Wir alle machten unseren Eltern große Vorwürfe, selbst wenn die einzige Schuld, die wir ihnen nachweisen konnten, darin bestand, dass sie die Hauptschuldigen nach 1945 weiterhin in ihren Reihen duldeten. Die Nazi-Vergangenheit war für jeden Menschen meiner Generation ein Thema, selbst für jene, die ihren eigenen Eltern keine Vorwürfe machen wollten oder konnten.“

Schlink beschloss, seine eigenen Dämone mit einem Buch auszutreiben. Er konfrontiert seine Leser mit der Figur der Hanna, die schwere Schuld auf sich geladen hat. Und das, was Romanfigur Michael an einer Stelle sagt, gilt sehr wohl auch für Schlink selbst: „Ich wollte Hanna gleichzeitig verstehen und sie verdammen. Doch ihre Taten waren dafür zu schrecklich. Wenn ich versuchte, sie zu verstehen, hatte ich das Gefühl, ich würde damit die Fähigkeit verlieren, sie anzuklagen. Ich wollte sie verdammen, weil sie verdammt werden musste. Es gab dabei keinen Spielraum für Verständnis.“

Doch der Roman war selbst kontrovers. „Das ist bei einem Buch über die Schuld der Deutschen in der Nachkriegs-Ära unumgänglich“, erklärt Drehbuchautor Hare. Das beginnt schon damit, dass Schlink eher einen Täter als ein Opfer in das Zentrum seiner Geschichte stellte. Ein ungewohnter und mutiger Schritt für dieses Genre. Einige Gegner des Romans warfen Schlink sogar vor, die geschichtlichen Fakten absichtlich simplifiziert und verfälscht zu haben, um dem Leser eine Identifikationsmöglichkeit mit der Figur der Hanna zu geben. Jeremy Adler nannte den Roman in der Süddeutschen Zeitung „Kultur-Pornographie“.

Schlink stellt fest, dass die größten Kritiker seines Buches aus seiner eigenen Altersgruppe stammen. Ältere Generationen, die die Zeit des 2. Weltkriegs tatsächlich durchlebt haben, sind weniger kritisch im Ungang mit dem Roman.

Produktion: Das alte und das neue Deutschland

Die Beziehung zwischen Hanna und Michael ist symbolisch für die komplizierte Beziehung der jüngeren und der älteren deutschen Generation nach dem Krieg. „Der Schmerz, den ich in meiner Liebe zu Hanna durchlitt, war auch der Schmerz meiner Generation. Ein deutsches Schicksal“, sagt Michael.

Während des Films sieht man im Hintergrund immer wieder Bauarbeiten. Bereits zu Beginn, als Michael und Hanna ihre Affäre haben, bis zu jener Zeit, in der Michael ein erfolgreicher Anwalt und Hanna eine gebrochene und gealterte Frau ist. Diese Bauarbeiten sind symbolisch für den Versuch Deutschlands, sich wieder aufzubauen. Nicht nur architektonisch, sondern auch mental. Deutschland versuchte, sich eine neue Identität zu bauen.

Michael steht dabei repräsentativ für das neue Deutschland, Hanna für das Alte. Deshalb muss ihr Altersunterschied auch so gravierend sein. Hanna ist apathisch, sie versucht die Ereignisse zu verdrängen. Michael dagegen ist voller Wut und verlangt Antworten. „Es ist egal, was ich denke oder fühle“, sagt Hanna in einer Szene. „Die Toten bleiben trotzdem tot“.

Im Buch sagt Michael: „Was hätten wir von der zweiten Generation tun sollen mit unserem Wissen über die furchtbare Ausrottung der Juden? Wir sollten ja nicht glauben, dass wir das Unfassbare fassen könnten. Wir sollten nicht nachforschen, denn die Erforschung des Horrors bedeutet, dass man den Horror zur Diskussion stellt. Selbst wenn die eigentlichen Tatsachen des Horrors dabei nicht in Frage gestellt werden, sollten wir die Ereignisse und Taten unserer Eltern einfach als etwas akzeptieren, vor dem wir schweigend Ekel empfinden, Schande und Schuld.“

Herr Schlink, ist der Film so geworden, wie Sie sich ihn vorgestellt haben?

Ich habe mir den Film nicht vorgestellt. Ich habe meine eigenen Bilder von den Personen und Szenen meines Buchs, und der Film kann nicht meine Bilder reproduzieren. Aber der Autor, der erwartet, der Film werde seine Bilder reproduzieren, darf die Rechte nicht verkaufen. Er kann nur erwarten, daß ein guter Regisseur für die Geschichte und das Thema des Buchs gute neue Bilder findet.

Ist das Stephen Daldry gelungen?

Er hat zusammen mit dem Drehbuchautor David Hare zunächst die Geschichte und das Thema des Buchs bewahrt. Er hat keinen Film über den Holocaust gemacht, was er mit Rückblenden immerhin hätte versuchen können, sondern über die Verstrickung der zweiten, der Nachkriegsgeneration in die Schuld der ersten, der Kriegsgeneration.

Und die Bilder?

Die Atmosphäre der 50er Jahre, das Zugleich von Unsicherheit und Sicherheit beim jungen Michael Berg und von Furchtsamkeit, Verständnis- und Gefühllosigkeit bei Hanna Schmitz, die Intensität und Sprachlosigkeit ihrer Liebe, die äußere und innere Dramatik der Gerichtsverhandlung - Stephen Daldry hat dafür starke Bilder gefunden. Und eine starke Besetzung.

Kate Winslet ist für Nicole Kidman eingesprungen?

Ich hatte immer gehofft, Kate Winslet werde Hanna Schmitz spielen. Aber ich bin ebenso überzeugt von David Kross, ausdrucksreich und -stark, von Ralph Fiennes und Bruno Ganz.

Waren Sie bei der Arbeit am Film beteiligt?

Stephen Daldry, David Hare und ich haben viel miteinander geredet. Manchmal wurden meine Anregungen aufgegriffen und manchmal nicht - so geht das eben. Es waren gute Gespräche.

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