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Liebeserklärung: 10 Gründe, warum die besten Filme heute Horrorfilme sind

Liebeserklärung: 10 Gründe, warum die besten Filme heute Horrorfilme sind

Schwindelerregend viele Menschen haben noch nie in ihrem Leben einen Horrorfilm gesehen. Gestrige Vorurteile, unbegründete Berührungsängste und intellektuelle Geringschätzung verhindern nach wie vor, dass großes Horror-Kino in Deutschland auch auf großen Leinwänden zu sehen ist. Der Autor liebt den Horrorfilm seit über 20 Jahren mehr als jedes andere Genre und bedauert all jene, die diese Liebe nie erfahren werden. Hier sind 10 Gründe, warum die besten Filme fast immer Horrorfilme sind.

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1. Wir brauchen Horrorfilme

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Es gibt Dinge, über die spricht man nicht. Es sind Dinge, die uns in unserer Kindheit wiederfahren, Dinge, die uns im Krieg, im Bett, im Badezimmer begegnen - Dinge, für die es in der zivilisierten Welt offiziell keinen Platz mehr gibt. Also werden sie verdrängt, verboten, verschwiegen. Aus den Augen, aus dem Sinn. Nur nicht im Horrorfilm!

Hier werden Tabus programmatisch gebrochen, damit wir uns spielerisch und vor allem - in Sicherheit - mit ihnen auseinandersetzen können. Der Horrorfilm ist somit immer auf Konfrontationskurs mit unserem Unterbewussten, mit dem, was wir an den Rand der Gesellschaft drängen, mit allem, was uns nicht erlaubt ist. Er hat ein unheimliches, unangenehmes und unverzichtbares Programm, das wie kein zweites Genre den Finger auf gesellschaftliche und psychologische Wunden zu legen vermag. Horror ist immer auch Therapie. Und die können wir alle gut gebrauchen.

2. Horror ist die Zukunft des Kinos

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Kathryn Bigelow, Sam Raimi, Joel Coen, Oliver Stone, Peter Jackson, James Cameron, Steven Spielberg, James Gunn, Curtis Hanson, Ben Wheatley – dass die Liste der erfolgreichen Regisseure zu einem enormen Anteil aus Menschen besteht, die im Horror angefangen haben, ist alles andere als ein Zufall. Kein anderes Genre hat so viele namhafte Filmemacher hervorgebracht wie der Horrorfilm. Hier haben sie ihre Handschrift entwickelt, hier haben sie ihre ersten Erfolge gefeiert und hier sollte jeder, der ein ernsthaftes Interesse am Film hat auch regelmäßig Ausschau nach der nächsten, großen Stimme des Kinos halten.

Mag sein, dass das Blockbuster-Publikum bis heute noch nie von Menschen wie Robert Eggers (“The Witch“), Jennifer Kent (“The Babadook“), Ti West (“House of the Devil“), Adam Wingard (“You’re Next“), Craig Zahler (“Bone Tomahawk“), Babak Anvari („Under the Shadow“), Ana Lily Amirpour (“A Girl Walks Home Alone at Night“), Jeremy Saulnier (“The Green Room“), David Robert Mitchell (“It Follows“) oder Mike Flanagan (“Hush“) gehört hat – in Zukunft wird sich das mit maximaler Wahrscheinlichkeit ändern.

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3. Der Horrorfilm braucht keine Helden

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Wenn uns in Horrorfilmen starke Männer, tatkräftige Idealisten oder gutherzige Moralisten begegnen, dann stellen Genre-Kenner bereits die Uhren für ihren wahlweise überraschenden oder grausamen Tot. Konventionelle Heldenfiguren haben in Horrorfilmen nämlich so gut wie keine Überlebenschancen. Die selbstlosen Ärzte, die uns Hollywood in Komödien zum Vorbild stilisiert, die beinharten Kerle, die in Actionfilmen jedes noch so unüberwindbare Hindernis meistern, die unbestechlichen Polizisten, die einsamen Entscheider, die smarten Anwälte und stummen Soldaten – sie alle werden in Horrorfilmen zu Freiwild degradiert.

Die Zerstörung konventioneller Heldenfiguren gehört im Horror seitjeher zu den Primärtugenden. Wer den sonst so sicheren Halt gleich im ersten Akt zersägt, der führt die Zuschauer eben sehr effektiv aufs Glatteis. Wer wird überleben? Die Antwort ist im Horrorfilm fast immer interessant. Meist sind es nämlich unscheinbare Frauen, freche Ganoven, findige Grenzgänger und moralisch höchst flexible Schurken, die den blutroten Sonnenuntergang noch zu sehen bekommen. Ungemein erfrischend.

4. Angst ist die universelle Sprache des Kinos

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Liebe ist eine universelle Botschaft, die jeder versteht. Dieser Satz wird uns in Hollywood regelmäßig untergejubelt. Doch das was Hollywood - etwa in romantischen Komödien – tatsächlich unter Liebe und Partnerschaft versteht, das ist alles andere als universell. Das monogame, heteronormative Ideal etwa, an das sich so viele Filmstudios noch immer klammern, ist nicht nur nicht mehr zeitgemäß, es verliert in Zeiten der kulturellen Globalisierung auch zunehmend seine Vormachtstellung.

Die einzig wirklich universelle Sprache des Kinos, das was Zuschauer in Indien, in Japan, in Neuseeland, in Island und in China gleichermaßen verstehen, das ist die Angst. Wir alle fürchten uns im Dunkeln, wir müssen alle wissen, wer da plötzlich hinter uns steht. Die Bilderwelten des Horror-Genres sind in großen Teilen selbsterklärend. Eine Rasierklinge im Auge tut überall gleich weh. Solchen Bildern wohnt eine ungeheure Kraft und kulturelle Reichweite inne. Superhelden und Postapokalypsen werden immer lokalisierte Exportwaren bleiben, einzig der Horror hat universellen Charakter.

5. Horrorfilme sind neugieriger

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Was wohl passiert, wenn aus Versehen eine Hand in eine Häcksel-Maschine gerät? Neugier, egal in welcher Form, ist uns in die Wiege gelegt. Sie ist ein uns angeborenes Verlangen nach Neuartigem, Ungewissem und Anderem. Doch Neugier hat eben immer auch etwas Zerstörerisches. Wenn zum Beispiel ein Kleinkind einen Turm aus Bauklötzen sieht, dann muss es einfach wissen, was passiert, wenn es den Turm umstürzt. Je älter wir werden, desto schwerer wird es allerdings, diese destruktive Seite der Neugier zu befriedigen. Sie wird zu einer natürlichen Feindin der Moral.

Zum Glück gibt es Horrorfilme! Das Genre ist nämlich neugieriger als jedes andere. Egal, ob wir in Filmen wie „Final Destination“ dem inneren Gaffer freien Lauf lassen, im „Fahrstuhl zur Hölle“ das Sozialverhalten von Gruppen in Extremsituationen studieren oder in „The Fly“ den menschlichen Körper mit einer Fliege kreuzen – die Neugier des Horrorfilms ist unendlich.

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6. Im Horrorfilm hat die Regiearbeit noch eine Chance

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Geld und Stars – das sind die schweren Ketten, die viel zu viele Filme in einem Käfig aus Formalisierung und Zielgruppenkalkül gefangen halten. Wer möglichst viele Menschen erreichen will, braucht bekannte Schauspieler und viele, viele Millionen Dollar. Doch wer beides bekommt, der kauft sich damit auch eine Interessgemeinschaft ein, die mitreden will – und zwar überall.

Nur der Horrorfilm kann auf beides verzichten und trotzdem extrem erfolgreich sein. Nicht erst seit „The Blair Witch Project“, „Saw“ und „Paranormal Activity“ – drei der profitabelsten Produktionen der gesamten Kinogeschichte – stellt der Horrorfilm die ultimative Hintertür des Mainstreams dar. Schon Altmeister wie George Romero, John Carpenter, David Lynch oder Sean S. Cunningham erzielten mit ihren minimalen Budgets eine maximale Reichweite.

Und: sie konnten ihre Vision auch vergleichsweise frei realisieren. Bis heute hat sich der Horrorfilm dieses subversive Potential erhalten. Der aktuelle Boom um den Arthouse-Horror ist dafür der beste Beleg. Je mehr sich der Hollywood-Mainstream gegen frische, ungewöhnliche und sperrige Themen wehrt, desto mehr Filmemacher suchen sich ihren Weg durch die dunklen, gefährlichen Seitengassens des Horrors. Aktuelles Beispiel „Get Out“, dessen ungewöhnliche Thematisierung von Rassismus gerade auf die 200 Millionen Dollar Marke zusteuert. Bei einem Budget von 4.5 Millionen.

7. Frauen an die Axt!

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Dass Filme wie „Mad Max: Fury Road“ oder „Ghostbusters“ immer noch von einigen Hinterwäldlern boykottiert werden, nur weil sie Frauen in traditionellen Männerrollen besetzten, zeigt, dass das Kino in Sachen Gleichberechtigung noch viel Arbeit vor sich hat. Dass Gros dieser Arbeit, quasi die Drecksarbeit, übernimmt dabei der Horrorfilm. Seit über 50 Jahren kann man hier ein freies, mitunter atemberaubend radikales Spiel mit den tradierten Geschlechterrollen beobachten. Es ist diese einmalige Experimentierfreudigkeit des Horrorfilms, die ihn nicht nur regelmäßig ikonische Frauenfiguren hervorbringen, sondern darüber hinaus auch die Geschlechterverhältnisse an sich lustvoll sezieren lässt.

8. In Horrorfilmen fühlt man mehr

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Das Gefühl hat es derzeit etwas schwer in Hollywood. Vor allem Blockbuster setzen auf bittere Selbstironie, artifizielle Effektgewitter und formelhafte Bekömmlichkeit. Und so bleibt uns das Lachen chronisch im Halse stecken, echte Tränen fließen nur noch ganz selten und das melodramatische Mitleid ist ohnehin ein wenig aus der Mode gekommen. Wir schmunzeln zwar über lustige Zitate und clevere Cameos, wir beklatschen artig das alljährliche Oscar-Bait und staunen reserviert über die digitalen Höchstleitungen der Computeranimation – wirklich unter die Haut geht uns all das aber nur in Ausnahmefällen.

Anders im Horror. Hier ist die Nähe zu den Hauptfiguren nicht nur gewünscht, sie ist eine wesentliche Erfolgsbedingung des Genres. Nur wer mitfühlt, sich hineinversetz, sich identifiziert, wird auch effektiv vom Horror erfasst und bekommt die Angst, die Panik und das Leid am eigenen Leibe zu spüren. Indem Horrorfilme den menschlichen Körper selbst in den Fokus rücken, erwirken sie die intensivsten körperlichen Reaktionen. Ein gut gemachter Horrorfilm lässt unsere Spiegelneuronen leuchten wie ein Tannenbaum an Weihnachten.

9. In Horrorfilmen gibt es noch echte Handarbeit

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Der große Beifall, den J.J. Abrams für seine teilweise Abkehr von computeranimierten Effekten in „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ einheimste, hat uns natürlich alle gefreut. Immerhin kennen wir die Grenzen des Digitalen heute nur zu gut und wissen, dass traditionelle Spezialeffekte ihre eigenen, intrinsischen Werte haben. Man sollte an dieser Stelle aber bitte auch mal unterstreichen, dass der Horrorfilm diese Werte NIE vergessen hat: Das schmutzige Handwerk von Menschen wie Rob Bottin, Tom Savini, Lon Chaney wird heute nicht ohne Grund von tausenden Fans verehrt. Seit seiner Entstehung hat sich der Horrorfilm auf die Handfestigkeit von Kunstblut und Silikon verlassen. Hier weiß man eben, was gut ist.

10. Horrorfilme sind jenseits von Gut und Böse

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James Bond verschwindet unter der Decke, Captain Kirk rettet die Föderation, die Wissenschaft knackt den Code des Überlebens und Iron Man hat mal wieder die Welt gerettet – auch wenn uns die Massen an dystopischen Stoffen aus Hollywood gerade etwas die Sicht vernebeln, am Ende wird dann doch immer das Gute siegen. Oder zumindest: Alles ist wieder dort, wo es die Mehrheitsgesellschaft gern hätte. Der Barbarei wurde Einhalt geboten. Die Zivilisation sitzt am längeren Hebel.

Von wegen! Nur der Horrorfilm wagt einen unangenehm realistischen Zwischenruf. Hier dominieren das Chaos, die Grautöne, der ewig wehrende Kampf ums Dasein. Nicht nur verwehrt uns der Horrorfilm erstaunlich oft ein Happy End, er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Ambivalenz zu pflegen. Wenn das Gute gewinnt, dann meist weil es einen hohen Preis dafür bezahlen musste. Doch erstaunlich oft ist mit den Kategorien aus Gut und Böse in einem Horrorfilm überhaupt nichts anzufangen. Es ist eben wie es ist und die Protagonisten müssen mit dieser brutalen Wahrheit alleine fertigwerden. So wie wir. Wenn man so will, dann ist Horror das realistische aller Genres.

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