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Früher, zu Zeiten des Wettlaufs im All zwischen Russen und Amerikanern, begeisterte sich der kleine Philippe für Raumfahrt. Eine schwere Krankheit nahm ihm Teile seiner Kindheit und gab ihm dafür Fantasie. Zuviel Fantasie, wie sein jüngerer, eher praktisch orientierter Bruder Andre schon damals fand. Jetzt ist die von Philippe vergötterte Mutter gestorben, und die entfremdeten Brüder sollten sich zusammenraufen. Das allerdings gestaltet sich schwieriger als gedacht.

Metaphern satt in einer versponnenen Tragikomödie um den ewigen Streit unter Brüdern. Das frankokanadische Allround-Talent Robert Lepage schrieb das Drehbuch, führte Regie und spielt beide Brüder.

„Die andere Seite des Mondes“ erzählt zum einen vom Wettstreit der Amerikaner und Russen auf dem Gebiet der Weltraumfahrt, zum anderen vom gespaltenen Verhältnis zweier Brüder, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Philippe, der ältere, hoch intelligent und nicht ohne Humor, interessiert sich brennend für alles, was im Universum vor sich geht und feilt gerne an gewagten Theorien. Doch ansonsten hat er sein Leben kaum im Griff. Sein jüngerer, schwulen Bruder André, der sich als Wetterfrosch beim Fernsehen im Rampenlicht sonnt, bringt für Philippe lediglich Mitleid denn Interesse auf. Der Tod der geliebten Mutter ist es schließlich, der die beiden wieder zusammenbringt - der Startschuss zu einer Zeitreise in die fünfziger Jahre.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Robert Lepage
Produzent
  • Daniel Langlois,
  • Bob Krupinski,
  • Mario St. Laurent
Darsteller
  • Robert Lepage,
  • Anne-Marie Cadieux,
  • Marco Poulin,
  • Céline Bonnier,
  • Grégory Hlady,
  • Yves Amyot,
  • Richard Frechette
Drehbuch
  • Robert Lepage
Musik
  • Benoît Jutras
Kamera
  • Ronald Plante
Schnitt
  • Philippe Gagnon
Casting
  • Paul Cauffopé

Kritikerrezensionen

    1. „Breathe, breathe in the air,
      Don’t be afraid to care.
      Leave, but don’t leave me,
      Look around, choose your own ground.
      Long you live and high you fly,
      And smiles you’ll give and tears you’ll cry,
      And all you touch and all you see
      Is all your life will ever be.”

      Nicht Pink Floyd hört man auf dem Soundtrack, nicht “Dark Side of the Moon“, sondern den Led Zeppelin-Song „Dazed and Confused“, zwar nicht das Original, aber doch gut nachgespielt. Das Stück ist einer surreal-verspielten Szene des Films unterlegt, eine Rückblende in die 70er, der erste LSD-Trip von Philippe, der ein verschneites Tal sich in eine Mondlandschaft verwandeln sieht, der als Riese einen Bruder dabei beobachtet, wie er seine Musik hört, und ihn in die Waschmaschine steckt. „I’m dazed and confused for so long it’s not true.“

      Die Geschichte von Philippe, der seinen Platz im Leben sucht, ist eine Geschichte von Überblendungen. Szenenübergänge vermitteln einen Eindruck von seiner Seelenlandschaft, wenn der Blick aus einer Waschmaschinentrommel zum Blick aus einem Satelliten wird, wenn sich die Schwebeteilchen im Aquarium als Sternenhimmel entpuppen. Ein Astronaut beim Weltraumspaziergang ist dann ein Fötus an der Nabelschnur. Geistig lebt Philippe nicht auf der Erde, er versucht sich an einer Doktorarbeit über den Narzissmus der Weltraumfahrt, bewundert den russischen Raketenpionier Konstantin Ziolkowski und lebt doch immer noch genau da, wo er aufgewachsen ist, ganz gegen Ziolkowskis Wort „Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber wer will immer in der Wiege bleiben?“ Philippe kriegt den Arsch nicht hoch, darin ist er „Tanguy“, dem Nesthocker, ähnlich.

      Er ist gefangen in einem Bruderkonflikt, den Regisseur Lepage (der beide Brüder in einer Doppelrolle spielt) verbindet mit dem Wettstreit um den Mond: In den unterschiedlichen Brüdern spiegeln sich die Klischees um die Raumfahrernationen USA und UdSSR, André ist oberflächlich, aber erfolgreich beim Wetterkanal angestellt, er vermeidet gerne die Wahrheit und redet immer über Geld. Philippe ist wissenschaftlich orientiert, ein Träumer, ein Idealist, ein schlafender Riese, ein Loser. Auch hier also eine Überblendung: vom Kampf ums Weltall und um die Vorherrschaft der Ideologie zum kalten Krieg zweier unterschiedlicher Brüder, die ihre Funkstille aufgeben müssen.

      Es ist auch eine Geschichte der Verblendung, Philippe und André leben auf verschiedenen Planeten, sehen jeweils den anderen, können sich aber ein Leben darauf nicht vorstellen. Doch es gibt ein Leben außerhalb der eigenen Sphäre, das müssen sie erkennen, so wie in den 50ern die andere, versteckte Seite des Mondes entdeckt wurde.

      Robert Lepage, ein Mann des Theaters, hat den Film nach eigenem Stück inszeniert, die Reise zweier Brüder zueinander. Beide sich auf ihre Art weltfremd, und ihre Blicke über ihren Horizont sind manchmal berührend, immer aber witzig: Ein sanfter, unaufdringlicher Humor, der davon erzählt, dass die Erde für so manchen nicht genug ist. Und so ist Philippe erst bei sich, bei seinem Leben angekommen, als er zu schweben anfängt, völlig schwerelos.

      Fazit: Sanft-komische Komödie, die die Verlorenheit im Leben eines 40jährigen mit der Sehnsucht nach dem unendlichen Weiten des Weltalls verbindet.
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