Zum dritten Mal in diesem Jahrzehnt kommen fantastische Abenteuer der Pevensie-Kinder aus den Chroniken von Narnia von C.S. Lewis auf die Kinoleinwand. Nach Der König von Narnia aus dem Jahr 2005 und Prinz Kaspian von Narnia von 2008, die von Andrew Adamson inszeniert wurden, übernahm Regisseur Michael Apted die Adaption des dritten Bandes, Die Reise auf der Morgenröte. Diesmal sind die beiden älteren Pevensie-Geschwister Peter und Susan nicht mehr dabei, und auch Edmund, Lucy und ihr schlecht gelaunter Cousin werden das Königreich Narnia gar nicht betreten, denn diese Geschichte ist eine Entdeckungsreise mit dem Schiff ans Ende der Welt.
Der märchenhafte Zauber aus dem ersten Film wird hier aufgegriffen und verstärkt. Das ereignisreiche Abenteuer in 3D ist ein überwältigendes visuelles Erlebnis. Es sieht so aus, als gäbe es rund 60 Jahre nach der Veröffentlichung von Lewis´ Büchern die technischen Mittel, um seine Fantasiewelten angemessen ins Medium Film zu übertragen. Die Möglichkeiten der digitalen Animation, der Reichtum an Spezial- und stereoskopischen Effekten, über die Filmemacher inzwischen verfügen, brauchen wiederum die überbordende Fantasie, die unbegrenzten Vorstellungswelten echter Geschichtenerzähler, um ihre Wirkung entfalten zu können. Wovon Lewis schreibt, das zeigt dieser Film in Bildern, die tief in die Welt der Vorstellungen einzutauchen vermögen. Man sieht zum Beispiel die stehende hohe Welle, die das Ende der Welt markiert. Man betritt mit Lucy ein Haus, das sich mitten im Grünen wie durch Zauberhand bildet oder schaut ihr zu, wie sie durch einen Spiegel in eine andere Zeit geht, in Gestalt ihrer Schwester Susan. Die Computereffekte und die Aufnahmen vor echter Naturkulisse gehen dabei oft Hand in Hand, wie auch den Realfiguren und den Tier- und Fabelwesen in den Narnia-Filmen ein harmonisches Miteinander gelingt.
Die Reise der Morgenröte führt zu verschiedenen Inseln, auf denen goldene Schätze liegen und mächtige Feinde lauern. Edmund, Lucy, Kaspian und die Belegschaft erfahren, dass sie die sieben Schwerter der vermissten Lords auf Aslans Tisch legen müssen, um die böse Kraft zu besiegen, die von einer der Inseln in Form von grünem Nebel ausströmt und die Menschen mit Versuchungen in die Irre führt. Der Film übernimmt das meiste, was im Buch vorkommt, wenn auch in geänderter Reihenfolge oder in etwas abgeänderter Form. Die sieben Schwerter kommen im Buch nicht vor, die Versuchungen werden im Film stärker betont. Die Taschenlampe, die Edmund im zweiten Film nach Narnia brachte, leistet ihm hier erneut wichtige Dienste, von denen der Buchautor nichts ahnte.
Es gibt ein Wiedersehen mit Georgie Henley als Lucy, Skandar Keynes als Edmund und Ben Barnes als Kaspian. Der verzogene Cousin Eustachius wird gespielt von Will Poulter, der sich anfangs meckernd und schimpfend große Mühe gibt, als Nervensäge zu erscheinen. Weil Lewis mit seinen Narnia-Geschichten deutliche pädagogische Absichten verfolgte, wird sich Eustachius stark zum Besseren wandeln, doch zunächst muss er sich auf spannende Weise in Gestalt eines Drachen bewähren. Die Maus Riepischiep aus Teil 2 ist wieder dabei, und an Fabelwesen gibt es auch zweibeinige Stiere und Faune, die zwergenähnlichen Töppelpötte und die monströse Seeschlange. Tilda Swinton als die Weiße Hexe hat Gastauftritte, in denen sie erneut um Edmund wirbt.
Die visuelle Bearbeitung erschafft eine Atmosphäre, die sowohl abenteuerlich, als auch entrückt wirkt. Wenn sich das Schiff der gefährlichsten Insel nähert, verdunkelt sich der Himmel und die Crew starrt gebannt auf den dichten Nebel, der ihr die Sicht nimmt. Vor allem aber ist dieses Schiff selbst eine zauberhafte Konstruktion, ausgetüftelt wie ein kostbares Spielzeug aus Holz, mit einem großen Segel und dem Bug in Drachenform. Wenn dieses Schiff mit seinen vielen Matrosen dann mitten auf dem Meer treibt, sieht es aus der Vogelperspektive so klein aus, als käme es aus einem Bilderbuch.
Fazit: Die fantastische Abenteuergeschichte von C.S. Lewis entfaltet in diesem Film einen ungeahnten visuellen Zauber.