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Als im Frühjahr 1945 die Alliierten vor Hamburg stehen, hat der Endkampf an der Heimatfront begonnen. Vor einem Kino lernt Kantinenköchin Lena (Barbara Sukowa) den Marinesoldaten Hermann (Alexander Khuon) kennen. Ein Luftangriff bringt beide in ihr Bett, wo sie ihn fortan versteckt. Sowohl für die Mittvierzigerin als auch den Fahnenflüchtigen beginnt ein lebensgefährliches Liebesabenteuer. Lena blüht auf, Hermann leidet - und entdeckt ihre abwesende Familie.

Eine brisante Affäre ist nur der Anfang eines kammerspielartigen Dramas über den Untergang des Dritten Reiches und die Auferstehung aus den Trümmern. Gewisse „Good Bye, Lenin!„-Parallelen findet Ulla Wagner („Anna Wunder“) bei ihrer Adaption von Uwe Timms Novelle.

Lena Brückner, eine selbstbewusste Frau zwischen 40 und 50, gabelt im Zweiten Weltkrieg den etwa halb so alten Marinesoldaten Hermann Bremer vor einem Kino auf und nimmt ihn mit nach Hause. Weil er nicht zurück an die Front will, lässt er sich nur zu gern auch etwas länger von der liebenswerten Lena verstecken. Es entwickelt sich eine Affäre. Als Lena mit dem Kriegsende befürchten muss, ihren Lover zu verlieren, gaukelt sie ihm vor, dass der Krieg noch andauert.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Ulla Wagner
Produzent
  • Gerd Haag
Darsteller
  • Barbara Sukowa,
  • Wolfgang Böck,
  • Branko Samarovski,
  • Götz Schubert,
  • Frederick Lau,
  • Astrid Meyerfeldt,
  • Alexander Khuon,
  • Traute Hoess,
  • Lennart Betzgen
Drehbuch
  • Ulla Wagner
Musik
  • Christine Aufderhaar
Kamera
  • Theo Bierkens
Schnitt
  • Corina Dietz
Casting
  • Anja Dihrberg

Kritikerrezensionen

    1. Der Film setzt die Erfindung der Currywurst in Hamburg an, folgt nicht der vielfach kolportierten Legende des Berliner Entstehungsortes. Doch einen Authentizitätsanspruch in dieser Frage strebt er überhaupt nicht an, ja: Curry, das Gewürz, taucht eigentlich erst nach einer dreiviertel Stunde auf, in einer Erinnerungserzählung von Hermann, dem fahnenflüchtigen Marinesoldaten, der einst in Indien war und von Geflügel in Currysoße schwärmt.

      Es geht um den Krieg, den verlorenen, um Hamburg und das Harren auf Frieden. Nein, eigentlich geht es um eine Liebesgeschichte, um romantische Gefühle in einer Trümmerlandschaft, um Gefühle einer über 50jährigen zu einem jungen Matrosen. Beziehungsweise in Wirklichkeit geht es um die Zeitenwende der sogenannten Stunde Null, 1945, als alles vorüber war und alles neu begann. Und hier setzt die Currywurst ein, als Metapher für das Neue, scharf-süß-würzig, mit dem Ruch der großen weiten Welt, mit dem Anklang des Paradieses, den schon Hermann spürte, als er in Indien sein Curryerlebnis hatte.

      Vor einem Kino lernt Lina Hermann kennen, sitzt mit ihm in einem Luftschutzraum, nimmt ihn mit in ihre Wohnung und hält ihn versteckt: an der Heimatfront sterben mag er nicht, er, der von der See aufs Land, zum Volkssturm abkommandiert wurde. Und sie lieben sich, für die Zeit, die ihnen bleibt – bis zum Tod oder bis zum Frieden. Die absolute Gegenwart leben sie, Zukunft ist egal, Vergangenheit zählt nicht. Obwohl jeder von den Geheimnissen des anderen weiß, Hermann hat, als er wie ein Panther hinter seinen Gitterstäben durch die Wohnung schlich, aus der er nicht heraus darf, Liebesbriefe von einer Affäre Linas gefunden, die sie leugnet. Und Lina hat die Fotos von Hermanns Familie gesehen, die er verheimlicht.

      Erst als der Krieg aus ist, beginnt die Zukunft. Da hat sich alles geändert, weil viel mehr auf dem Spiel steht. Die Heimlichkeiten werden schädlich für die Beziehung, Lina weiß, dass Hermanns Frau und Kind warten. Und dass sich ihre Wege trennen werden. Und so will Lina den Kriegszustand konservieren, die Beziehung aufrechterhalten. Eine Lüge soll die Gefahr für das Paar auf Zeit bannen.

      Sie erzählt Hermann, was er hören möchte. Und der Soldat zeigt sich als richtiger Krieger, er träumt von einem Bündnis Deutschlands mit England und USA gegen Russland, jetzt, wo der Führer tot ist und Verhandlungen nichts mehr im Weg steht. Und Lina erzählt von der Rückeroberung des Ostens, vom gemeinsamen Kampf gegen den Bolschewismus und für die deutschen Ostgebiete bis Königsberg – hält die Verblendung aufrecht bis – ja, bis sie vom Holocaust erfährt. Der Tod im Vernichtungslager lässt sie das Spiel beenden, der Ernst der Vergangenheit nimmt Überhand: „Der Krieg ist aus. Aber richtig. Wir haben ihn verloren. Gott sei Dank.“

      So emanzipiert sich Lina nicht nur von einer Liebe, die ohnehin keine Zukunft hatte, sondern streift auch jede Sehnsucht nach der Vergangenheit ab. Auch wenn es schmerzt, loszulassen, was man lieb gewonnen hat, die Zärtlichkeit, die Liebe, die Lust, die Nähe, die sie mit Hermann erfahren hat. War sie schon zuvor nicht zimperlich, hat trotz Not Lebensmittel für die Kantine organisiert, die sie leitet, hat auch gerne zusammen mit dem Koch dem Gauleiter Fisch serviert, den er nicht verträgt: jetzt weiß sie, dass sie erst loslassen und dann ganz von vorne anfangen muss. Eine Erfahrung, die das deutsche Volk als Gesamtes nicht in so kurzer Zeit hat vollziehen können – große Teile hielten noch bis weit nach ’68 an der Vergangenheit fest…

      Und so ist die Entstehung der Currywurst – dramaturgisch, darstellerisch, inszenatorisch ohnehin beinahe makellos – eine kleine Geschichte innerhalb der großen deutschen Geschichte; ohne jeden Kitsch und jede Sentimentalität und Nostalgie, oder andersrum: ohne Überwältigungsrekonstruktion der Vergangenheit mit überdimensioniertem Setdesign, wie sie in Filmen über die Nazizeit so häufig sind. Denn wo sonst die große Betroffenheit, die eine, reine Unschuld im bösen Nazideutschland zelebriert wird, die Maßstab ist für all das Grauen des Dritten Reiches, da sind hier die Figuren erfrischend ambivalent. Man muss sich halt zurechtfinden, auch in einer falschen Welt. Und das Beste daraus machen. Auch wenn auf dem Schwarzmarkt nur Curry statt Speiseöl erhältlich ist und die Kiste mit dem Grundkapital für eine Würstchenbude auf dem Boden landet: so beginnt aus miesem Tausch und Missgeschickt die Zukunft. Currywurst eben.

      Fazit: Die letzten Kriegstage in Hamburg, eine Liebesgeschichte ohne Zukunft, das persönliche Überwinden der Vergangenheit und Currywurst als Start in eine neue Zeit.
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      1. Lena Brücker lernt im Frühjahr 1945 einen jungen Flakhelfer kennen und hält ihn nach einer gemeinsamen Nacht bis zum Ende des Krieges in ihrer Wohnung versteckt. Lena nutzt diese Chance für eine abenteuerliche und leidenschaftliche Zeit mit dem viel jüngeren Mann. Der Film nach der erfolgreichen Novelle von Uwe Timm zeigt, wie die Zivilisten in jener Zeit ihren Alltag bewältigten. Ulla Wagner gelingt es, durch ihre einfühlsame und kluge Regie eine Ahnung vom Lebensgefühl jener Zeit zu vermitteln. Ein wunderbar intensiv erzählter Film mit einer hinreißenden Protagonistin und erstklassig besetzten weiteren Darstellern. Dabei sind es vor allem auch die feinen Dialoge mit ihrem guten Humor und ihrer Leidenschaftlichkeit, die Die Entdeckung der Currywurst in den Rang klassisches Erzählkino erster Güte erheben.

        Jurybegründung:

        Zum Schluss des Films wird tatsächlich der historische Moment gezeigt, an dem Currypulver sich mit Ketchup vermischte und wenig später in einem Hamburger Imbiss die erste Currywurst verkauft und gegessen wurde.

        Doch wie schon in der Novelle von Uwe Timm ist diese „Entdeckung der Currywurst“ nur der Aufhänger der Geschichte, in der von der Umbruchsituation in Deutschland am Ende des zweite Weltkrieges erzählt wird. Die über 40 Jahre alte Lena Brücker lernt darin den jungen Flakhelfer Hermann Bremer kennen, und nach einer Nacht in ihrer Wohnung hält sie ihn dort versteckt. Sie und der Fahnenflüchtige riskieren viel, und manchmal sind sie kurz vor der Entdeckung durch die misstrauische Nachbarin oder den faschistischen Blockwart. Aber dies sind auch intensive und glückliche Tage für die Frau, deren Mann und Sohn in den Wirren des Krieges verschollen sind. Lena spürt, dass dies vielleicht ihre letzte Chance für ein abenteuerliches und leidenschaftliches Leben ist, und so erzählt sie dem jungen Mann nach dem Ende des Krieges nicht, dass die Gefahr für ihn vorbei ist, sondern behält ihn noch eine Zeitlang als ihren „Gefangenen“ bei sich.

        Ulla Wagner erzählt ganz klassisch, fast ein wenig behäbig, aber dieser Stil und dieser Rhythmus sind dem Stoff angemessen. Der Film zeigt, wie die Zivilisten in jener Zeit ihren Alltag bewältigten, und dabei kommen all jene Qualitäten zum Vorschein, die auch schon das Buch von Timm ausgezeichnet haben. Dabei wirkt der Film nicht etwa wie eine Adaption, aber die Dialoge klingen sehr ausgefeilt. Das Wichtige wird da fast immer in Andeutungen gesagt, die die Gleichgesinnten verstehen, aus denen aber die Herrschenden keinen Strick drehen können. Niemand spricht da offen von der Angst vor Vergewaltigungen, statt dessen reicht eine Bemerkung wie „die Engländer machen so etwas nicht“ völlig aus.

        Es gelingt Ulla Wagner durch eine einfühlsame und kluge Regie, eine Ahnung von dem Lebensgefühl jener Zeit zu vermitteln. Die Ausstattung, die Außenaufnahmen in Riga und die stimmige Kameraarbeit wirken dabei wie aus einem Guss, und auch das Ensemble der Schauspieler wurde fehlerlos gecastet und geführt. Dabei sticht natürlich Barbara Sukowa heraus, die mit einer großen Intensität, Glaubwürdigkeit und ganz eigenen, bodenständigen Eleganz dieser „proletarische Eva Braun“ verkörpert.

        Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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