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Fakten und Hintergründe zum Film "Die Geschichte vom Brandner Kaspar"

Fakten und Hintergründe zum Film "Die Geschichte vom Brandner Kaspar"

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Im Gespräch mit Herstellungsleiter Ralf Zimme

Von wann bis wann dauerten die Dreharbeiten?

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Angefangen haben wir Mitte September und Ende November waren wir fertig.

 

Wurde der Plan eingehalten?

Auf den Tag!

 

An wie vielen Außen-Location wurde insgesamt gedreht – und wie viele davon waren wirklich in Bayern?

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Die Hauptmotive waren alle in Bayern. Von insgesamt 38 Drehtagen fanden 29 in Bayern statt. Im Wesentlichen waren das bei den Außenaufnahmen zwei Motivblöcke: Einmal am Brauneck bei Lenggries, unterhalb der Benediktenwand (auf ca. 1.600 Metern ), hier haben wir 2 Wochen – an der Brandner Hütte und den Jagdszenen – gedreht. Der zweite Block bestand aus den Außenaufnahmen im Dorf, die entstanden im Museumsdorf in Glentleiten. Die restlichen Dreharbeiten fanden in Österreich, in den Lienzer Dolomiten und im Tauerntal statt.

Welche Szene war am Schwierigsten zu drehen?

Da hat jeder wahrscheinlich seinen persönlichen Favoriten. Ich fand die Szene „Dorffest/Geburtstagsfest Brandner“ sehr schwierig. Es sollte ein ausgelassenes Fest unter freiem Himmel gefeiert werden. Aber einige Tage zuvor hatte es noch geschneit, es war recht kalt und das war wirklich unangenehm für die Darsteller und die vielen Komparsen. Wir mussten das halbe Dorf vom Schnee befreien damit die Szene auch zu den übrigen Aufnahmen passte die bei gutem Wetter entstanden sind.

 

Hat das Wetter Drehpläne verändert?

Das Wetter hat es versucht, aber nicht geschafft. Ich muss aber gestehen, am Ende des Bergdrehs hatten wir auch ein wenig Glück. Bei dem schon erwähnten Dorffest mussten wir ein wenig improvisieren, das konnten wir nicht verschieben weil daran einfach zu viele Menschen beteiligt waren und die Terminlage im Museumsdorf keine Verschiebung zuließ.

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Was war die größte Herausforderung beim Dreh in den Bergen?

Das schon erwähnte Wetter und der Mensch- und Materialtransport. Die Unfallgefahr ist höher und man muss gut aufpassen und Vorsorge tragen. Und beim Wetter muss man einfach Glück haben, und das hatten wir. Unseren Hauptdrehort an der Benediktenwand konnten wir auch mit Jeeps nur bei einigermaßen gutem Wetter erreichen, schwer bei Regen, undenkbar bei Schnee – und der ist in den Bergen auch im Oktober möglich. Während der gesamten Drehzeit in den hohen Lagen hatten wir sehr gutes Wetter. Pünktlich nach unserem letzten Drehtag am Brauneck fing es an zu schneien. Der Abbau der Dekorationen verzögerte sich dadurch, der Dreh zum Glück nicht.

Welcher Aufwand musste betrieben werden, um den Look des 18. Jahrhunderts zu kreieren? Musste viel umgebaut werden, oder befanden sich die Kulissen (Brandners Haus etc.) in dem gezeigten Zustand?

Die Brandner Hütte, der Stall und die dazugehörige Kapelle mussten in den Bergen komplett gebaut werden und das dauerte Wochen. Da wir in den Bergen wegen des Naturschutzes nichts Neues hinstellen durften, haben wir bestehende Hütten und Schuppen einfach überbaut.

Was war der höchste Punkt, an dem gedreht wurde?

Das war in den Lienzer Dolomiten, auf knapp 2.500 Meter bei der Karlsbader Hütte. Dort entstand die Reise des Boanlkramers und des Brandner Kaspars ins Paradies. Der Übergang von der Erde in den Himmel sollte in hoher Lage in einer bizarren Berglandschaft gedreht werden. Sie entschwinden sozusagen in die Wolken und treten über ins Paradies.

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Stellten die Dreharbeiten eine überdurchschnittliche körperliche Anstrengung dar?

Für die Kameraabteilung sicherlich. Die mussten die schwere 35mm Ausrüstung ganz schön rumschleppen.

Wie haben Sie das Equipment nach oben transportiert?

Mit Jeeps, Traktoren mit Hänger und einer hervorragenden Unterstützung der ortsansässigen Bauern, Almwirte und Jäger vor Ort – insbesondere aus der Jachenau.

 

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War es von Vorteil Schwindelfrei zu sein?

Zum Glück mussten wir ja nicht extrem Bergsteigen. Und auf der Alm nimmt man die Höhe eigentlich gar nicht so wahr. Bei der Abfahrt wurde es hin und wieder steil, da war es angesagt den Blick nach vorne zu richten.

 

Wo wurden die Innenaufnahmen, insbesondere die Himmelsszenen gedreht?

Die Innenaufnahmen im Dorf wurden zum größten Teil im Freilichtmuseum „Tiroler Bauernhöfe“ im österreichischen Kramsach gedreht. Das Innere der Brandner Hütte und der „bayerische Himmel“ waren Dekorationsbauten im Studio. Bei der Brandner Hütte war es uns wichtig eine völlig kontrollierbare Drehsituation herzustellen, deshalb haben wir uns für einen Studiobau entschieden. Das ermöglichte uns konzentriertes Arbeiten mit den beiden Hauptdarstellern für die Schlüsselszenen des Films, die immerhin eine Woche dauerten. Der „bayrische Himmel“ sollte ursprünglich in der größten Halle auf dem Bavaria Gelände entstehen, aber die war belegt und da alle anderen Filmhallen zu klein waren, sind wir in eine ehemalige Aluminiumgießerei in den Münchner Stadtteil Perlach ausgewichen. Dort fanden wir eine leer stehende Industriehalle mit ca. 4.000 qm Fläche und ausreichender Höhe. Hier haben wir dann auch gleich die Brandner Hütte mit aufgebaut.

War die bayrische Küche dominierend beim Catering?

Eindeutig ja! Bis hin zum Abschlussfest. Aber das ist bei Vilsmaier-Projekten eigentlich immer so. Und wenn man den ganzen Tag auf dem Berg unterwegs ist, braucht man ja auch was Kräftiges.

 

Wie viele Weißwürste wurden während den Dreharbeiten von der Crew verputzt?

Unzählige. Da haben wir alle Vorurteile erfüllt, die die Norddeutschen von den Bayern haben. Animiert durch die Dreharbeiten war der Weißwurstkonsum im „bayrischen Himmel“ am höchsten.

Im Vergleich zu anderen Produktionen, wurde hier überdurchschnittlich viel Bier ausgeschenkt?

Sagen wir so: „Weniger war es sicher nicht“. Aber wichtig: Immer erst nach Drehschluss und dann meistens gemeinsam beim Betrachten der Filmmuster mit dem ganzen Team und den Darstellern im Tal. Auf dem Berg gab es kein Alkohol, wir mussten ja alle noch heil runter kommen.

Woraus bestand das Boanl-Mobil und war es wirklich fahrtüchtig?

Und wie fahrtüchtig das war! Die Basis bildete ein leistungsstarker Quad-Motor mit Fahrgestell. Der gesamte Aufbau bestand aus Holz, wirkte aber durch die Patinierung wie Metall. Vom Fahrersitz aus konnte man es mit Hilfe von zwei Hebeln lenken, Gas geben und bremsen. Nicht ganz einfach zu fahren, aber der „Bully“ Herbig hat das gut hin gekriegt – Respekt!

Gab es Verständigungsschwierigkeiten zwischen Bayern und Nicht-Bayern?

Nicht die Spur. Allerdings braucht es eine Zeit bis man als Nicht-Bayer die Bauern und Almwirte in der Jachenau versteht.

 

Welcher der Darsteller war so etwas wie der Gute-Laune-Verbreiter – gab es sowas überhaupt?

Da gab es einige. Herbert Knaup ist immer für einen Spaß zu haben, Franz Xaver Kroetz hat mit seiner großen Spielfreude alle angesteckt und mit Bully zu drehen ist natürlich Spaß pur. Es war eine lustige Truppe, egal ob in den Bergen oder dann später im Studio.

 

Wie würden Sie die Stimmung am Set beschreiben?

Konzentriert und trotzdem locker, typisch für Vilsmaier-Filme. Und nach der Arbeit sitzen alle zusammen.

Gab es Unfälle, hat sich jemand verletzt?

Leider ja. Ein Komparse ist bei den Jagdszenen gefallen und hat sich die Schulter gebrochen. Aber als wir neulich zum „Weißwurstessen“ in der Jachenau waren, konnten wir uns davon überzeugen, dass er wieder gesund ist. Zudem ist ein Jeep beim Transport am Berg ausgebrannt, aber zum Glück wurde niemand verletzt und nur einige Kostüme und Requisiten zerstört.

 

Wie reagierte die Bevölkerung auf die Dreharbeiten?

Grandios. Die Unterstützung ob in Lenggries, in der Jachenau aber auch in den Museumsdörfern in Glentleiten und Kramsach war großartig. Nicht nur, dass alle Komparsen aus den jeweiligen Regionen stammten, ohne die Jäger vor Ort – auf deren Fachberatung wir angewiesen waren – hätten wir den Film so nicht drehen können. So haben wir beispielsweise lange nach einem Hund für den Brandner gesucht. Einige Filmhunde wurden gecastet, aber den besten entdeckte Joseph Vilsmaier bei einer Jagd in der Jachenau – und die Lena hat ihre Sache wirklich gut gemacht.

Welche war die beeindruckendste Location?

Für mich gab es da zwei. Die Brandner Hütte nebst Stall und Kapelle unterhalb der Benediktenwand. Die war uns so gut und lebendig gelungen, dass Bergwanderer die Kapelle besichtigten, um eine Kerze anzuzünden. Doch Überraschung: die Kapelle war nur Fassade und innen eine Werkstatt. Das Ensemble wirkte tatsächlich, als würde es da schon ewig stehen. Der bayrische Himmel war auch sehr beeindruckend: Ein riesiger Dekorationsbau, gut 60 m lang, 25 m breit und bis zu 15 m hoch – vom Szenenbildner Anton Gerg bis ins kleinste Detail fein ausgestattet.

Ein Interview…

…mit Franz Xaver Kroetz, Michael Bully Herbig, Lisa Maria Potthoff, Alexander Held, Joseph Vilsmaier (Regie) und Markus Zimmer (Produzent)

Von wem stammt die Idee zu dem Projekt?

MARKUS ZIMMER (Produzent):

Die Idee stammt vom Regisseur, Joseph Vilsmaier, der sich schon lange Jahre mit dem Gedanken trug, eine Neuversion des klassischen Stoffs zu drehen. Wir sind zusammen ins Theater gegangen, haben uns eine Inszenierung angesehen und beschlossen: Das müssen wir neu ins Kino bringen!

JOSEPH VILSMAIER (Regisseur):

Genau genommen schleppe ich die Idee schon seit meinem zehnten Lebensjahr mit mir herum … Wir waren uns einig, dass so ein tolles Stück eine Neuauflage verdient.

Wie sehr haben Sie sich an den filmischen Vorbildern orientiert?

JOSEPH VILSMAIER:

Überhaupt nicht. Allerdings muss ich zugeben, dass sowohl im Film von 1949 und in der TV-Fassung von 1975 geniale Schauspieler am Werk waren, die mich ehrlich beeindruckt haben und mein Ehrgeiz war es, dass in meinem Film die Darsteller mindestens genau so gut sein müssen. Ich denke, dass ich mit Franz Xaver Kroetz und Michael Bully Herbig die idealen Schauspieler gefunden habe und Ich bin überglücklich, beide in meinem Film zu haben.

Welchem Genre würden Sie den Film zuordnen?

MARKUS ZIMMER:

Man könnte sagen es ist eine Komödie, aber das wäre nicht genug. Fantasy-Komödie träfe es schon eher, ich denke der Begriff bayrisches Märchen beschreibt den Film am besten.

Wie lange hat es gedauert, bis Sie sich auf die Besetzung geeinigt hatten?

MARKUS ZIMMER:

Die Besetzung war sehr schnell gefunden. Wir hatten das große Glück, dass Franz Xaver Kroetz, der unsere Traumbesetzung war, sehr schnell zugesagt hat. Auch Michael Bully Herbig als Boanlkramer war schnell gefunden, nachdem wir erfahren hatten, dass Bully die Rolle auf seiner Wunschliste stehen hatte. Abgesehen von Detlev Buck, der den Preussen gibt, haben wir ausschließlich bayrische Darsteller gecastet, die allesamt erstaunlich schnell gefunden waren.

Worum geht es in dem Film?

MICHAEL BULLY HERBIG (Boanlkramer):

Es geht um Leben und Tod (lacht).

FRANZ XAVER KROETZ (Brandner Kaspar):

Es ist ein Märchen mit einem sehr renitenten Menschen im Mittelpunkt. Dieser Brandner, den ich gespielt habe, der würde heutzutage wohl Autos klauen und verschieben. Das ist ein kleiner Krimineller, der sein ganzes Leben gewildert hat, der mit der Obrigkeit in Konflikt gerät. Er ist ein Bayer, der nicht so lebt, wie es die Gesetze wollen und der gern so lebt.

LISA MARIA POTTHOFF (Nannerl)

Der Film ist ein bayrisches Märchen, in dem es ein einfacher Mann schafft, den Tod zu überlisten.

ALEXANDER HELD (Kugler):

Es geht um Leben und Tod, es geht um das Unvermeidbare. Albert Einstein hat einmal gesagt: „Der Tod ist nur eine optische Täuschung“ - und ich weiß nicht, ob Einstein die Wirkung des Kirschgeistes kannte. Wenn es bei mir jedenfalls mal so weit ist, würde ich mir einen Boanlkramer wünschen und hoffen, genug Kirschgeist im Haus zu haben.

MARKUS ZIMMER:

Es geht um einen Tegernseer Büchsenmacher, der in seinen 60er Jahren mit dem Tod konfrontiert wird, dem Tod zusätzliche Lebensjahre abluchst, dann aber feststellen muss, dass diese zusätzliche Lebenszeit keine Qualitätszeit ist. Er bringt die weltliche und himmlische Ordnung durcheinander, um dann doch früher als geplant ins Paradies einzuziehen.

JOSEPH VILSMAIER:

Es ist zwar ein Märchen, aber eines mit einer sehr tröstlichen Geschichte, die einem ein wenig die Angst vor dem Tod nehmen soll.

Wann sind Sie das erste Mal mit dem Stück in Berührung gekommen?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Ich glaube, ich war so um die acht Jahre alt, als ich den Brandner Kaspar das erste Mal im Fernsehen gesehen habe und ich empfand das Stück damals schon als sehr tröstend, weil es einem ein wenig die Angst vor dem Tod nimmt. Es ist ja nicht immer einfach, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen, aber wenn es so geschieht, wie in dem Stück und unserem Film, dann ist der Gedanke daran nicht mehr ganz so tragisch. Der Film, es war übrigens die TV-Fassung des Bayerischen Rundfunks und nicht der Film von 1949, hat sich extrem bei mir eingeprägt. Als ich vor einiger Zeit mal gefragt wurde, ob ich nicht einmal Theater spielen wolle, hab´ ich gesagt, wenn ich einmal groß bin (lacht), spiel‘ ich gern mal den Brandner Kaspar oder den Boanlkramer.

LISA MARIA POTTHOFF:

Das muss 1998 gewesen sein. Während meiner Ausbildung habe ich mir das Stück am Resi angeguckt, damals noch mit Toni Berger.

FRANZ XAVER KROETZ:

Das ist lange her. Es müsste so um 1973, 1974 gewesen sein. Das Stück lief am Residenztheater in München, da habe ich es als junger Mann zum ersten Mal gesehen.

ALEXANDER HELD:

Als Jugendlicher habe ich einmal die Aufführung am Residenz-Theater in München gesehen.

MARKUS ZIMMER:

Da ich kein Bayer bin, habe ich das Stück vorher auch nie am Theater gesehen, ich kann mich aber daran erinnern, den Film von 1949 gesehen zu haben und wie mich die eigentümliche Stimmung zwischen den Welten beeindruckte. Das war damals wirklich ein Film, wie es ihn in diesem Genre nicht oft gab. Im Grunde genommen war es ein Fantasy-Film aus Deutschland. Ich mochte den Film sehr und fand es deshalb auch eine sehr gute Idee, den Film noch mal zu machen.

JOSEPH VILSMAIER:

Das war 1949. Mein Vater war damals Fahrer in der Bavaria Filmkunst, als der erste Brandner Kaspar-Kinofilm mit Paul Hörbiger und Carl Wery gedreht wurde. Ich durfte damals, ich war gerade zehn Jahre alt, bei den Dreharbeiten dabei sein. Es ist zwar viel Zeit vergangen seit dem, aber irgendwie hat mich die Geschichte des Brandner Kaspars nie losgelassen.

Was gefällt Ihnen an dem Stück besonders?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Das Tolle an dem Film ist, dass man ihn nicht zuordnen kann. Es ist keine Komödie, es ist aber auch kein ausgesprochenes Drama, es ist ein bisschen Abenteuer-Film, ein bisschen Fantasy und auch eine Liebesgeschichte. Das ist einer der ganz wenigen Filme, die man nicht eindeutig einem Genre zuordnen kann und das finde ich sehr spannend. Man sagt ja, einen guten Film muss man in einem Satz erzählen können, hier braucht man einen sehr langen Satz (lacht).

FRANZ XAVER KROETZ:

Meine Rolle. Ich mag die Figur. Der Brandner ist schräg, komisch und eigenwillig, einer der tut, was er mag, der sich keine Vorschriften machen lässt. Das finde ich spannend. Allerdings scheitert er auch im Wollen alles gut zu machen, was ihn wiederum wie eine tragische Figur erscheinen lässt.

LISA MARIA POTTHOFF:

Dass das ewige Drama um Leben und Tod in all seiner Tragik mit sehr viel Humor behandelt wird.

ALEXANDER HELD:

Dass es ein universeller Stoff ist, dass es uns alle angeht, dass es der Humor schafft, die Ängste, die mit dem Tod einhergehen zu relativieren.

Welche Botschaft will uns der Film vermitteln?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Ich denke die Botschaft des Films lautet: Irgendwann ist es vorbei, das ewige Leben gibt es nicht, also mach das Beste aus der Zeit, die du hast.

LISA MARIA POTTHOFF:

Trinke nie Alkohol, wenn du einen wichtigen Termin hast.

Was macht die Geschichte heute noch zeitgemäß?

LISA MARIA POTTHOFF:

Die Angst vor dem Tod wird immer aktuell sein und die Frage: Was kommt danach? Der Film gibt die Ant-worten. Ist also auch als Aufklärungsfilm zu verstehen (lacht).

MICHAEL BULLY HERBIG:

Jetzt wird’s philosophisch und das ist man von mir ja nicht gewohnt (lacht). Die Auseinandersetzung mit dem Tod beschäftigt die Menschheit seit tausenden von Jahren, insofern ist der Film natürlich auch zeitlos. Der Wunsch nach Unsterblichkeit ist ja bis heute unbefriedigt, noch niemand hat dafür ein Mittelchen erfunden und - ehrlich - ich glaube nicht, dass das gut wäre. Ich bin mir nicht sicher, ob es Spaß macht, 300, 400 und 500 Jahre zu leben. Es ist sicherlich okay, es ein bisschen hinauszuzögern, aber wie der Film zeigt: Das Leben macht halt auch nur solange Spaß, solange die da sind, mit denen man Spaß haben kann.

MARKUS ZIMMER (Produzent):

Das ist eine absolut zeitlose Geschichte, die dem Menschen vermittelt, dass man keine zu große Angst vor dem Tod haben soll. Anders gesagt, man sollte mit dem Tod umgehen wie mit allen anderen Bestandteilen des Lebens auch. Ich jedenfalls würde mir wünschen, dass wir mit unserem Film – neben dem Unterhaltungseffekt – den Menschen auch etwas die Furcht vor dem Tod nehmen können.

Was ist Ihre Rolle in dem Film?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Meine Rolle in dem Film ist absolut tödlich. Ich bin Kramer, Boanlkramer, mit der Lizenz zum Töten (lacht). Und das Schöne daran ist, dass der Film der Auftakt zu einer Trilogie sein könnte. Würde mir sehr gefallen. Im zweiten Teil könnte sich der Boanlkramer beispielsweise verlieben. Der Titel wäre dann DER BOANLKRAMER UND DIE LIEBE. Der Boanlkramer heiratet eine gewisse Bärbel und im dritten Teil lassen sich Bärbel und Boanl wieder scheiden und der Film heißt dann KRAMER GEGEN KRAMER (lacht).

ALEXANDER HELD:

Alois Kugler, der Bürgermeister, ein zeitloser Charakter, einsam, raffgierig, humorlos. So einen würde man heute vielleicht als Immobilien-Kugler im Internet finden.

LISA MARIA POTTHOFF:

Ich spiele das Nannerl, die Enkelin vom Brandner, die in den Toni verliebt ist.

Was hat Sie bewogen, die Rolle anzunehmen?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Ein Grund war sicherlich, mal mit Joseph Vilsmaier zusammenzuarbeiten. Für mich war der Mann bis dahin so was wie eine lebende Legende und als ich ihn dann kennen gelernt habe, gefiel mir auf Anhieb seine Art die Dinge anzupacken. Zum anderen ist das Stück natürlich extrem reizvoll. Wenn einem der Boanlkramer angeboten wird, muss man einfach zuschlagen (lacht).

FRANZ XAVER KROETZ:

Ich wollte einen schrägen, nicht angepassten alten Bayern spielen, der sich auf krummen Touren durchschlängelt, sich dabei aber selbst treu bleibt und am Ende selbst dem Tod in die Augen schaut. Was ich als Mordsleistung empfinde, den Tod in die Augen schauen, es wagen mit ihm Karten zu spielen und ihn

hereinzulegen. Solchen Mut, den bringen doch nur noch irgendwelche Westernhelden auf – solche wie der Brandner, der ist für mich ein echter Westernheld.

LISA MARIA POTTHOFF:

Es gab viele Argumente. Ich durfte mit Franz Xaver Kroetz und Joseph Vilsmaier drehen, das fand ich schon sehr spannend. Dann ist es natürlich immer schön, historisch zu arbeiten, sich in eine andere Zeit zu versetzen.

Wie lange haben Sie gebraucht, um sich zu entscheiden, die Rolle anzunehmen?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Keine Sekunde. Genau genommen hatte ich mich ja schon entschieden, die Rolle anzunehmen, bevor sie mir überhaupt angeboten wurde (lacht).

LISA MARIA POTTHOF:

Vilsmaier rief mich an. Ich sah schon auf dem Display: eine Nummer aus München. das muss jemand von der Produktion sein, der mir ab- oder zu sagt. Ich hebe ab, eine Stimme: „Vilsmaier hier. Ist da die Marie Luise?“ Schreck, was sage ich jetzt? Dann ich: „Naja, also die Lisa Maria.“ - „Ach so, ja. Du, mach mas?“ - „Äh, ja, gerne.“

ALEXANDER HELD:

Ich habe keine Sekunde überlegt, keinen Augenblick gezögert, als Joseph Vilsmaier mir die Rolle angeboten hat. Und das wahrscheinlich, weil sie mir – um mit dem Boanlkramer zu sprechen – aufgesetzet war.

Was haben Sie vom Ihrem ersten Drehtag in Erinnerung?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Mein erster Drehtag war, ehrlich gestanden, ein wenig merkwürdig. Das lag daran, dass der erste Drehtag zwei Monate vor dem offiziellen Drehstart angesetzt wurde. Wetterbedingt mussten wir auf einem Gletscher drehen. Das alles lief sehr spontan ab. Ich bekam einen plötzlichen Anruf, dass zwei Drehtage angesetzt wurden, bei denen ich dabei sein sollte.

Zu diesem Zeitpunkt waren die Vorbereitungen noch gar nicht ganz abgeschlossen, das Kostüm war beispielsweise noch nicht ganz fertig und ich hatte mich auch noch gar nicht auf die Rolle vorbereitet, ich war noch auf einem völlig anderen Trip. Und ich war ganz froh, dass wir diese Szene, die wir zwei Monate früher gedreht hatten, nachsynchronisieren konnten. Ansonsten habe ich diesen ersten Drehtag als so was wie einen Klassenausflug in Erinnerung, weil das Team auch sehr klein war, was ich sehr genossen habe. Wie überhaupt die ganze Drehzeit. Joseph Vilsmaier ist ein Regisseur, der sich tatsächlich an Arbeitszeiten hält. Der fängt pünktlich an und hört pünktlich auf. Das war großartig. Man kann als Schauspieler, wenn man mit Joseph Vilsmaier dreht, tatsächlich mit Feierabend rechnen.

FRANZ XAVER KROETZ:

Daran habe ich eine wunderbare Erinnerung, weil wir in Lienz in Osttirol gedreht haben und weil dort ein Großteil meiner Familie lebt. Meine Mutter ist Lienzerin, ist dort auch gestorben, ich bin zur Hälfte Lienzer, es war sehr schön mal wieder dort gewesen zu sein.

ALEXANDER HELD:

Es war ein sehr kalter Tag, aber ich wurde sehr warm empfangen. Es war ein sehr, sehr schönes Miteinander und das ist auch nicht immer selbstverständlich.

LISA MARIA POTTHOFF:

Wie komisch es ist, alle Kollegen auf 1.800 Metern in historischen Kostümen zu sehen.

JOSEPH VILSMAIER:

An den Tag kann ich mich sehr gut erinnern. Das war der 18. Oktober 2007, das weiß ich noch ganz genau. Das war ein Vordreh in den Lienzer Dolomiten, im Film die Szene am See am Eingang zum Paradies, und von den Schauspielern waren nur der Bully und Franz Xaver Kroetz dabei. Es war ein ganz kleines Team, das Wetter war schön, die Landschaft beeindruckend und die Stimmung gut und man konnte schon spüren, wo die Reise hingeht. Nach diesem Tag war mit klar, dass mit dieser Produktion nichts schief gehen kann, denn die Leute waren voll bei der Sache und standen geschlossen hinter dem Projekt.

Wie viel Zeit haben Sie beim Maskenbildner verbracht?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Er wurde im Laufe der Zeit immer schneller. Ich glaube, anfangs saß ich schon eineinhalb, zwei Stunden in der Maske. Als wir uns eingegroovt hatten, ging es auch schon mal in einer Stunde. Eine Sache allerdings machte mir Angst: Der Maskenbildner hatte mir die Augenbrauen blondiert und ich hatte wahnsinnigen Bammel, dass die so bleiben (lacht).

Wie schwierig oder einfach war es, in Mundart zu spielen?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Das war für mich nicht sonderlich schwierig, ich bin ja des Baierischen einigermaßen mächtig. Wir haben eher darauf geachtet, nicht zu bairisch zu werden, damit der Film auch außerhalb Bayerns zugänglich ist. Sowohl Franz Xaver Kroetz als auch ich haben uns bemüht, einen verständlichen Dialekt zu sprechen, ich nenn ihn gern „Beckenbauer-Slang“ (lacht).

ALEXANDER HELD:

Das war die erste Gelegenheit für mich in einem Kinofilm bairisch zu sprechen und ich muss sagen, ich habe es sehr genossen. Und ich hoffe, es geht den Zuschauern ebenso.

LISA MARIA POTTHOFF:

Beides zugleich. Ich lebe in Berlin, das heißt, ich habe den Dialekt nicht täglich im Ohr. Sobald man aber wieder drin ist, läuft es.

Wie empfanden Sie die Stimmung während der Dreharbeiten?

LISA MARIA POTTHOFF:

Bayrisch, unaufgeregt, herzlich.

MICHAEL BULLY HERBIG:

Die Stimmung war großartig. Das klingt so abgedroschen, weil das natürlich jeder sagen würde, aber hier stimmt es tatsächlich. Die Stimmung war toll, die Dreharbeiten haben riesig Spaß gemacht. Der Joseph Vilsmaier war immer für Vorschläge offen, kann damit umgehen und ist flexibel … Es war eine Riesengaudi.

FRANZ XAVER KROETZ:

Wunderbar, wunderbar, wunderbar. Normalerweise bin ich ja auch Hausmann, muss waschen, bügeln, putzen einkaufen und kochen – meist ist ja auch eines meiner Kinder da. Drehtage sind für mich Feiertage. Man wird in einem schönen Hotel untergebracht, bedeutende Leute beschäftigen sich mit einem, man wird hofiert und muss sich um nichts kümmern. Großartig!

ALEXANDER HELD:

Wir haben versucht der Kälte zu trotzen und ich glaube, dass ist uns ganz gut gelungen.

MARKUS ZIMMER:

Die Stimmung am Set habe ich als sehr heiter und gelöst empfunden. Es gab - soweit ich mich entsinne - überhaupt keine Probleme oder Unstimmigkeiten. Es war wie immer bei Joseph Vilsmaier eine rundum warmherzige und menschliche Erfahrung.

JOSEPH VILSMAIER:

Es war eine Wonne, wirklich wahnsinnig schöne drei Monate Drehzeit. Mein Motto ist immer: Drehzeit ist auch Lebenszeit und sollte nicht verschwendet werden. Seit mittlerweile 48 Jahren bin ich Filmemacher und ich hatte immer Spaß dabei und auch immer darauf geachtet, dass andere Spaß dabei haben. Sicher ist das Schwerstarbeit, aber der Spaß darf nicht zu kurz kommen.

Wie schwierig gestalteten sich die Dreharbeiten?

MARKUS ZIMMER:

Die Dreharbeiten haben sich wie immer bei Joseph Vilsmaier sehr unproblematisch gestaltet – ein Idealfall für jeden Produzenten. Der Dreh verlief reibungslos, sogar der Wintereinbruch kam genau zu vorausgeplanter Zeit. Die Locations waren sehr schnell gefunden und auch als wir kurzfristig in eine neue Halle ausweichen mussten, blieben wir stets im Zeitplan.

JOSEPH VILSMAIER:

Schwierig war es, weil wir häufig in großen Höhen gearbeitet haben und unser ganzes Equipment auf 3000 Meter Höhe schaffen mussten. Das war eine logistische Herausforderung, vor allem weil es kaum ausgebaute Wege und Straßen gab. Hin und wieder hat das Wetter nicht mitgespielt, aber in ernsthafte Schwierigkeiten sind wir nie gekommen. Wir sind in der geplanten Drehzeit fertig geworden und haben das Budget nicht überzogen.

Was war Ihr schönstes Erlebnis während der Dreharbeiten?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Dass ich mich mit Franz Xaver Kroetz so gut verstanden habe. Ich war ja sehr neugierig, weil ihm diese kleinen Gerüchte vorauseilten, er sei schwierig und dergleichen. Aber manchmal wird Professionalität und Genauigkeit mit Schwierigkeit verwechselt und ich muss sagen, mir hat es riesiges Vergnügen bereitet, mit dem Franz Xaver Kroetz zu arbeiten. Es war eine große Ehre für mich, mit so einem Mann spielen zu dürfen.

FRANZ XAVER KROETZ:

Das muss Allerheiligen gewesen sein, wir haben nicht gedreht und ich habe eine kleine Szene geschrieben, die Szene in der Kapelle. Es war ein Monolog, der im Drehbuch nicht vorgesehen war. Ich habe diesen Monolog geschrieben und der Joseph Vilsmaier war tatsächlich so generös und so souverän, dass wir die Szene gleich am nächsten Tag gedreht haben. Es war sehr schön, dass ich so kreativ mitarbeiten durfte, dass darf man als Schauspieler nicht oft.

ALEXANDER HELD:

Die Dreharbeiten!

LISA MARIA POTTFHOFF:

Da gibt es echt einige. Aber eine war tragisch-komisch zugleich. Wenn die Herren Produzenten, inklusive Joseph behaupten, alles lief komplikationsfrei, stimmt das natürlich nicht. Ich werde nie vergessen, wie wir mal wieder im Konvoi die steilen Bergserpentinen Richtung Gipfel hochfuhren, und der Jeep unseres Jägers Andi, der das tote Wild im Anhänger transportierte, innerhalb von fünf Minuten in Flammen stand. Feuer, Hektik, Chaos…

JOSEPH VILSMAIER (Regisseur):

Ehrlich gestanden, es war das Schönste für mich, dass der Film überhaupt zustande gekommen ist. Hierfür meinen Dank an Herbert Kloiber. Ein einzelnes Ereignis zu nennen, dazu bin ich nicht imstande, ehrlich. Ich habe mich während der ganzen Zeit so extrem wohl gefühlt, dass ich keinen Tag, kein Ereignis hervorheben möchte und kann. Ich bin gern zur Arbeit gegangen, jeden Tag.

Welche Leiden hat ein Regisseur und Autor auszuhalten, wenn er ausschließlich als Schauspieler in Erscheinung tritt?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Manchmal juckt es einen tatsächlich in den Fingern. Aber ich halte mich extrem zurück und sage nur was, wenn ich gefragt werde. Zum Glück wurde ich gefragt (lacht).

FRANZ XAVER KROETZ:

Wenn ich nur als Schauspieler unterwegs bin, käme ich nie auf die Idee, in die Inszenierung einzugreifen. Beim Brandner Kaspar hab ich am Manuskript in kleinem Umfang mitgeschrieben, das war aber gewünscht.

Was ist der Reiz an der Schauspielerei?

FRANZ XAVER KROETZ:

Das Reizvolle daran ist, dass ich nicht alleine arbeiten muss. Schreiben ist ja in erster Linie eine manische Beschäftigung, man begibt sich in einen manisch depressiven Zusammenhang mit sich selbst, schreibt und schreibt und schreibt und wenn man irgendwann aufwacht, merkt man, dass sich kein Schwein dafür interessiert, was man geschrieben hat. Bei einem Kinofilm gibt es ein extrem hohes Interesse daran, dass er funktioniert. Hier geht’s um Geld, Förderungen, Menschen setzen ihre Ehre aufs Spiel – kurz man wird gebraucht. Als ein Schauspieler wird man mehr gebraucht als ein Schriftsteller. Das macht die Schauspielerei angenehm. Andererseits ist es der blödere Job, weil als Schriftsteller bin ich König, als Schauspieler nur Angestellter. Deswegen halte ich die Schauspielerei auch in Grenzen und bin doch lieber einsamer König als umgarnter Diener.

Würden Sie, wie der Brandner Kaspar, wissen wollen, wann der Tod Sie holt?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Nein, ich glaube, das versaut einem den Spaß am Leben. Ich glaube, man sollte einfach jeden Tag so genießen.

FRANZ XAVER KROETZ:

Ja, weil es einfach viele Dinge zu regeln gibt. Jetzt, da ich 62 bin, würde ich es gerne wissen, es würde leichter sein, sicher auch vieles schwieriger machen, aber ich habe eine Reihe von Kindern und Verpflichtungen, ich würde gern meine Dinge regeln.

ALEXANDER HELD:

Nein.

LISA MARIA POTTHOFF:

Nein. Vielleicht müsst ich mich dann hetzen.

MARKUS ZIMMER:

Zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht so wahnsinnig gerne. Aber je älter ich werde, desto genauer würde ich wohl wissen wollen – zwecks Lebensplanung – wann ungefähr mein Abgang ist.

JOSEPH VILSMAIER:

Also, wenn es um eine Lebensverlängerung von 21 Jahren geht, dann würde ich sagen, dass hängt vom eigenen Alter ab. Wenn der Tod heute zu mir sagen würde, in 21 Jahren hole ich dich, dann wäre ich zufrieden. Als 20 oder 40-jähriger hätte ich es nicht gern gewusst, dass ich nur noch 21 Jahre vor mir habe (lacht).

Wenn wir alle die Möglichkeit hätten, um unsere Lebenszeit zu zocken, mit welchem Wettbewerb würden Sie den Tod fordern?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Hmm, Elfmeterschießen ist zu risikoreich, ich weiß nicht, wie gut der Boanlkramer im Tor ist, oder als Schütze. Kartenspielen, das kennt er jetzt ja schon. Das könnte böse nach hinten losgehen. Ich glaube im Synchronschwimmen, da könnte ich ihn schlagen – weil er keinen Partner hat (lacht).

FRANZ XAVER KROETZ:

Mit schreiben. Ich würde vorschlagen, dass wir uns beide an die Schreibmaschine setzen, stundenlang, tagelang und wer als erster nicht mehr kann, weil ihm nichts mehr einfällt, der hat verloren.

ALEXANDER HELD:

Ich bin ein völlig unbegabter Zocker. Da hätte ich wohl schlechte Chancen. Ich würde lieber auf die bewährte Kirschgeist-Methode zurückgreifen und dann ohne Antwortvorgaben ein Quiz veranstalten.

MARKUS ZIMMER:

Ich würde wohl das Roulette-Spiel nehmen. Da stehen die Chancen 50 : 50.

JOSEPH VILSMAIER:

Ich glaube, ich würde es genauso machen wie der Brandner Kaspar. Ich habe gern und viel Karten gespielt und auch immer gut betrügen können (lacht).

LISA MARIA POTTHOFF:

Skat.

Wie sehr schreckt Sie der Gedanke an den Tod?

LISA MARIA POTTHOFF:

Der Gedanke an den Tod schreckt mich nicht. Der Gedanke ans Sterben macht mir Angst.

MICHAEL BULLY HERBIG:

Ganz ehrlich, ich habe mich so sehr mit dem Gedanken noch nicht auseinandergesetzt. Nicht aus Verdrängung, sondern weil ich das Leben viel zu sehr genieße. Ich glaube, mit zunehmendem Alter setzt man sich zwangsläufig mehr damit auseinander, aber momentan plagen mich diese Gedanken noch nicht, und da bin ich auch ganz froh.

ALEXANDER HELD:

Der Tod an sich ist für mich kein erschreckender Gedanke. Es ist der Weg dahin. In einem Pflegeheim dahinzusiechen, das erschreckt mich.

FRANZ XAVER KROETZ:

Der Gedanke erschreckt mich immer weniger, weil ich immer mehr spüre, wie mein Körper einfach nachlässt. So vieles funktioniert schlechter als noch vor zehn Jahren, dass mich der Gedanke, ich könnte bis in alle Ewigkeit in dem Körper gefangen sein, der zusehends verfällt, mit Grauen erfüllt. Aber ich würde gern im Bett sterben, ohne davon etwas zu spüren, würde aber auch gern wissen, wann das ist, um meine Angelegenheiten zu regeln. Ich denke viel an den Tod und ich denke, dass ist die schlimmste Herausforderung für den Menschen und dass es grausam ist, diese Herausforderung zu bewältigen. Ich habe sehr viel Angst davor.

JOSEPH VILSMAIER:

Na ja, man weiß zumindest, dass er auf jeden Fall kommen wird. Mit 40 und 50 habe ich noch nicht soviel darüber nachgedacht. Wenn ich mir aber heute mein Alter vor Augen führe, dann werde ich schon manchmal unruhig. Aber der Tod schreckt mich nicht so sehr, wie ein mögliches Dahinsiechen.

Wie stellen Sie sich das Paradies vor?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Das Paradies müsste ein riesiges Set sein, wo man so viel Budget hat wie man nur möchte, um den größten Film aller Zeiten machen zu können (lacht).

FRANZ XAVER KROETZ:

Das gibt es für mich nicht. Das Leben ist vom Nichts nach dem Nichts. Es kann eine spannende Reise sein, mehr aber nicht.

ALEXANDER HELD:

So wie ich es im Film gesehen habe, würde es mir schon gefallen.

LISA MARIA POTTHOFF:

Ich bin keine Katholikin, also gibts für mich leider kein Paradies.

Was haben Sie sich noch fürs Leben vorgenommen?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Ich wollte ja schon als Kind Fußballweltmeister werden – oder Oscar-Preisträger, daran hat sich noch nichts geändert. Auch die Fußballweltmeisterschaft habe ich noch nicht ganz abgeschrieben – vielleicht schaffe ich es ja noch als Masseur. Masseur der Fußballnational-Mannschaft (lacht).

FRANZ XAVER KROETZ:

Ich fühle mich zwar schon recht alt mit 62, möchte aber noch nicht in Rente gehen. Ich möchte nach wie vor inszenieren, ich möchte hin und wieder eine schöne Rolle spielen, ich möchte weiter Kurzgeschichten schreiben und ich möchte mobil bleiben. Ich möchte so lange wie möglich geistig fit bleiben und arbeiten.

ALEXANDER HELD:

Lebendig zu bleiben, um träumen zu können. Neugierig und einigermaßen gesund zu bleiben, um mich und andere weiterhin überraschen zu können.

LISA MARIA POTTHOFF:

Es noch möglichst lange zu erhalten. Und noch etwas Skat zu üben, falls der Tod um die Ecke kommt …

JOSEPH VILSMAIER:

Ich habe mir noch wahnsinnig viel vorgenommen. Gerade bereite ich einen Film mit Reinhold Messner vor, es geht darin um den Tod seines Bruder 1970 am Nanga Parbat. Was ich in fünf Jahren mache, dass weiß ich noch nicht, aber es gibt da durchaus noch ein paar Projekte, die mir auf der Seele brennen.

Warum gefällt gerade der bayrische Dialekt auch den Menschen außerhalb Bayerns?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Ich finde Dialekte grundsätzlich amüsant, ich mag Dialekte sehr und sie machen Filme durchaus glaubwürdiger. Schon als Kind empfand ich hochdeutsch sprechende Menschen in Filmen befremdlich – ich kannte niemanden, der so sprach. Dialekte menscheln ungemein. Das nun gerade bayrisch so gut ankommt, kann ich nicht erklären, hängt vielleicht mit dem Image der Bayern zusammen. Ich glaube, viele Gags funktionieren nur in Mundart.

Was macht den Film auch für Menschen außerhalb Bayerns interessant?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Sie können damit ihre Fremdsprachenkenntnisse aufpolieren. Ich glaube ja, wir gewinnen beim Deutschen Filmpreis als bester nichtdeutschsprachiger Film (lacht).

MARKUS ZIMMER:

Es geht ja vor allem um allgemeingültige Figuren: der Bauer, der Tod. Im Grunde genommen, könnte der Film in jedem anderen Kulturkreis stattfinden. Das Ambiente, die Umgebung, die Landschaft wären dann vielleicht ein bisschen anders, aber die Geschichte könnte überall spielen.

Was bedeutet Ihnen die bayrische Lebensart?

MICHAEL BULLY HERBIG:

Ich mag sie sehr. Egal, wo ich auf der Welt leben würde, den Biergarten würde ich auf jeden Fall sehr vermissen. Ich weiß nicht, ob das jemand versteht, der nicht von hier kommt. Aber einfach mal in den Biergarten gehen, ein halbes Hähnchen oder Weißwürste essen und eine Maß Bier dazu trinken – das hat was ungeheuer Gemütliches.

FRANZ XAVER KROETZ:

Ich habe mit den Bayern ein inniges Liebe-Hass-Verhältnis, ich mag sie, aber ich versteh sie nicht. Ich möchte kein normaler Bayer sein.

ALEXANDER HELD:

Ich bin in München geboren und hatte das große Glück, viel herumzukommen: Ich hab in Italien gelebt, in der Schweiz, in Österreich, sogar in Berlin und Hamburg und seit acht Jahren bin ich jetzt wieder zurück in Bayern. Tatsächlich weiß ich die bayrische Lebensart, das vielleicht weniger visionäre, dafür aber umso revoluzzerische in vielen Lebensbereichen, heute mehr zu schätzen und auch zu genießen als früher. Aber erklärn’s des amoi am Preißn.

JOSEPH VILSMAIER:

Ich bin sehr verwurzelt mit meiner Heimat, ich könnte vielleicht mal kurz auswandern, aber nur wenn meine Freunde mitkommen und wenn es nicht allzu lange dauert. Nein, die bayrische Lebensart ist sehr wichtig für mich.

Über Brandner Kaspar

Da Brandner Kaspar is a Wuiderer vo de Berg. Er war amoi a Bixnmacher aber des is scho lang her. A vareckter Hundling war er oiwei scho, da Brandner …

(Der Brandner Kaspar lebt auf seinem einsamen Berghof nahe dem Tegernsee in erster Linie von der Wilderei. Früher war er Büchsenmacher, aber immer schon kümmerte er sich wenig um das, was die Obrigkeiten von ihm erwarteten.)

Die wahre Geschichte vom Brandner Kaspar

Ursprünglich stammt DIE GESCHICHTE VOM BRANDNER KASPAR vom Münchner Schriftsteller Franz von Kobell (1803 – 1882), ist nur wenige Seiten lang und in altbayerischer Mundart verfasst. 1871 wurde die Kurzgeschichte in der illustrierten Wochenschrift „Fliegende Blätter“ erstmals veröffentlicht.

Basierend auf Kobells Erzählung, verfasste der Schriftsteller Joseph Maria Lutz (1893 –1972) 1934 sein Theaterstück DER BRANDNER KASPAR SCHAUT INS PARADIES, das im gleichen Jahr in Dresden uraufgeführt wurde und bis heute auf über 100 Bühnen gespielt wurde.

Zusammen mit seiner Ehefrau, der Drehbuchautorin Erna Fentsch (1909 – 1997), bearbeitete der Schauspieler Carl Wery (1894 – 1975) das Stück von Lutz für eine Filmversion. Der Streifen kam 1949 unter dem Titel DER BRANDNER KASPAR SCHAUT INS PARADIES in die Kinos und zeigt Carl Wery als Brandner Kaspar und Paul Hörbiger (1894 – 1981) als Boanlkramer.

Der Autor und Regisseur Kurt Wilhelm, Jahrgang 1923, ein Ururneffe von Kobell, nahm sich 1975 des Stückes an, ergänzte es um die himmlischen Szenen und bearbeitete es für das Residenztheater München, wo es noch heute zum Spielplan gehört.

Im gleichen Jahr inszenierte Wilhelm das Stück unter dem Titel DER BRANDNER KASPAR UND DAS EWIG‘ LEBEN für den Bayerischen Rundfunk. In der Fernsehfassung spielen Fritz Straßner (1919 – 1993) den Brandner und Toni Berger (1921 – 2005) den Boanlkramer.

Franz von Kobell: Die G’schicht‘ vom Brandner-Kasper

1. Teil

Der Brandner-Kasper is a‘ Schlosser g’west und hat bei Tegernsee a‘ kloa’s Häusl g’habt, hübsch hoch ob’n a’m Albach, wo mar auf Schliersee ’nübergeht. Da hat er g’haust mit sein‘ Wei‘, die Traudl g’hoaß’n hat und mit seini zwoa Buab’n, mi’n Toni und mi’n Girgl; die san zeiti‘ Seldat’n wor’n und hamm in an‘ Artollerie-Regiment ‚dient in‘ Land d’raußt.

Der Kaspar is a‘ fleißiger braver Mo‘ g’west und lusti‘ und schneidi. G’forcht’n hat er ihm vor gar nix und hat amal an‘ groß’n wininga Hund, der a‘ Dirn umg’rennt hat und hätt’s z’riss’n, frei mit der Hand bei’n Krag’n packt und hat ’n a so an a‘ Mauer hi’g’worfa, daß er nimmer aufg’stand’n is und ’n Hagmoar vo‘ Scharling hat er sei‘ Raaffa und Spetaklmacha bei der Mess‘ auf der Kaiserklaus’n aa‘ vertrieb’n.

Neb’n seiner Schlosserarbet hat er’s Büchs’nmacha guat verstand’n und für d‘ Jaaga d‘ Stutz’n g’frischt und z’amm’g’richt, besser was a‘ Büchs’nmacher in der Stadt. Is aa‘ ’s Jag’n und ’s Scheib’nschieß’n sei‘ größti Freud‘ g’west und hat auf d‘ letzt überall jaagern derfa, denn der Forstmoaster hat an ihm an‘ verlässinga Jagdg’hilf’n g’habt und der nix ‚kost‘ hat.

Wier er auf die Jahr kumma is, is sei‘ Traudl g’storb’n, hat ’n recht g’schmerzt, weil’s gar a‘ guats und taugsams Wei‘ g’wes’n is und jetz‘ hat er halt alloa‘ für ihm a so furtg’lebt und no‘ in sein‘ fünfasieb’zigst’n Jahr hat ihm weiter nix g’feit an der G’sundheit und hat g’jaagert und g’schoss’n wier a‘ fufz’ger.

Jetz‘ sitzt er amal dahoam und hat ihm an‘ Rechblatter z’ammg’richt und probirt, und überdem klopft’s an der Thür. Denkt er, wer muaß denn da draußt sei‘, denn dees A’klopfa is bei’n ihm nit Brauch g’west und ruaft nacha »No‘ eina!« Jetz‘ kimmt da an‘ elendiger Loda ‚rei, zaundürr, daß er grad ‚klappert hat und bloadi und hohlauget, an‘ abscheuliga Kerl.

Der Kasper sagt: »Was geit’s, was willst?«

Na‘ der ander‘: »Kasper, i‘ bi‘ der Boanlkramer und ho‘ Di‘ frag’n woll’n, ob D‘ nit ebba mit mir geh‘ willst?«

»So? der Boanlkramer bist, na‘ Bruader, i‘ mag nit mitgeh‘, g’fallt ma‘ no‘ ganz guat auf der Welt.«

»’Denkt hab‘ i‘ ma’s«, sagt der Boanlkramer, »aber hol’n muaß i‘ Di‘ do‘ amal, was moa’st ebber in‘ Fruajahr?«

»Waar‘ nit aus in‘ Fruajahr, wo der Ho’falz is und der Schnepfastrich und die kloan‘ Vögerln am schönst’n singa, na‘ dees waar‘ ma‘ z’wider.«

»Oder in‘ Summa?«

»Nix Summa, da hon i‘ mit der Rechbirsch Arbet und is aa‘ z’hoaß.«

»Oder in‘ Hirgscht?«

»Ja was fallt Dir denn ei‘, ha‘ narret, soll i‘ d‘ Hirschbrunft hint’lass’n, und die Klopfeter und ’s Oktoberschieß’n, waar‘ nit aus!«

»No‘ also, nacher in‘ Winter?«

»Da mag i‘ aa‘ nit, schau ’s Fuchspass’n und ’s Moderausjag’n is mei‘ extragi Freud‘ und is in‘ Winter aa‘ z’kalt.«

»Ja willst denn Du ewi‘ leb’n? Dees thuat’s nit, Kasper.«

»Boanlkramer, i‘ will Dir ‚was sag’n, mei‘ Vater selig is neunz’g Jahr alt wor’n und so alt will i‘ aa‘ wer’n, na‘ k’ost mi‘ abhol’n. Aber i‘ glaab‘, es is g’scheiter als die Rederei da, wann D‘ mit mir a‘ Glaasl Kersch’ngeist trinkst, i hon an‘ recht an‘ guat’n und Du schaugst ja so elendi‘ aus und sper, daß Dir a‘ Glaasl g’wiß guat thoa‘ werd‘ und a‘ paar Kirternudl hon i‘ aa‘ no‘ dazua.«

Und so geht er an a‘ Wandkast’l hi‘ und holt a‘ Flasch’l raus und a‘ paar Glaasln und die Nudln. ‚N Boanlkramer is ebbas selles no‘ nit passirt und setzt si‘ an‘ Tisch hi‘ und probirt den Kersch’ngeist. Der hat ihm woltern g’schmeckt und a‘ Nudl aa‘ und da trinka die zwoa (der Kasper hat fleißi‘ ei’g’schenkt) und der Boanlkramer is ganz allert wor’n; hat aber do‘ allewei‘ vo‘ die 90 Jahr ebbas abahand’ln woll’n. Da sagt der Kasper: »Woaßt ‚was, mach‘ mar a‘ G’schpielei d’rum, pass‘ auf!« Und geht wieder an dees Kastl, da is a‘ Kart’n g’leg’n und der Grasober just ob’nd’rauf. Den schiebt der Kasper in sein‘ Joppn’irmi und legt na‘ d‘ Kart’n auf’n Tisch.

»Jetz‘ heb‘ Dir a‘ Häuferl aba, Boanlkrama«, sagt er, »dees is des Dei‘ und dees ander‘ is des mei‘. Wann jetz‘ Du in Dein‘ Häuferl ’n Grasober hast, so gehn i‘ mit Dir wann D‘ magst, wann aber i‘ den Grasober in mein‘ Häuferl ho‘, so derfst ma‘ nimmer kemma, bis i‘ 90 Jahr alt bi‘.«

Der Boanlkramer, der scho‘ a bißl an‘ Dampes g’habt hat, hat g’lacht und hebt ihm an‘ woltern Thoal ab und sagt: »Weg’n meiner, es gilt«, denn er hat ihm ‚denkt, weil er die mehrern Kart’n g’habt hat, kunnt leicht der Grasober dabei sei‘. Wier er jetz‘ seini Kart’n nachanander a’schaugt, steckt der Kasper hoamli‘ den Grasober in sei‘ Häuferl ’nei und wie der Boanlkramer mi’n A’schaug’n firti‘ g’west is, broat‘ der ander vor ihm sei‘ Kart’n aus und da geht halt richti‘ aa‘ der Grasober her. »Verdammti G’schicht’«, sagt der Boanlkramer, aber der Kasper lacht und sagt: »Trink‘ no‘ a Glaasl und lass‘ ma‘ den neunz’ger leb’n!«

»I‘ ko‘ nix macha«, sagt der Boanlkramer, »aber ebber reut Di‘ Dei‘ Glück amal und wann’s a so is, derfst mi‘ grad ruafa, bi‘ nacha glei‘ da.«

»Hat guati Weg’«, sagt der Kasper und wie der oa‘ na‘ furt is, hat er ihm no‘ nachg’ruafa, er soll fei‘ Acht geb’n, daß er nit in‘ Bach einifallt, – und is mit den Bsuach ganz z’fried’n g’west. –

2. Teil

‚San schlecht! Zeit’n kemma, der Tyroler Krieg is ausbrocha und hat alli Leut‘ d’erschreckt. Es is a‘ böser Krieg g’west und grausi‘ is s‘ herganga bei Schwatz und auf’n Berg Issl und viel boarischi Seldat’n san ‚blieb’n selm und ’n Kasper seini Süh‘, die er so gern g’habt hat, hat’s aa‘ d’erwischt. Was hat’s g’nutzt, daß s‘ g’lobt wor’n san in‘ Rapport, daß s‘ überall so schneidi‘ g’arbet hamm, der Kasper hat’s halt nimmer g’seg’n und is ihm nachet ‚ganga. Anderni traurigi Sachan und Z’widerheit’n san aa‘ a’g’ruckt, fremdi Leut‘ san daher kemma, hamm überall ’s Holz z’ammakaaft und z’ammag’schlag’n; natürli‘ hamm si‘ die alt’n Wildwechs’l, die er so guat ‚kennt hat, verändert und is mi’n Wildprat aa‘ weniger wor’n, und d‘ Wildschütz’n san mehra wor’n, wie ’s allzeit geht, bal‘ a‘ Krieg is. Der Kasper is freili‘ nit leicht verzagt wor’n, aber an‘ diewei’n hat ihm do‘ d‘ Welt nimmer recht g’fall’n und na‘ hat er wohl aa‘ an‘ Boanlkramer ‚denkt und was der g’sagt hat von »ruafa«, aber g’ruafa hat er’n dengerscht nit. –

Jetz‘ is ebbas b’sunders g’scheg’n. A‘ Sennderinn auf der Gindlalm is von an‘ wild’n Stier g’stocha wor’n und is glei‘ dahi’g’west aa‘. D’erwei‘ aber ihri Leut‘ g’woant und g’jammert hamm, is dees Diendl ganz frisch und wohlauf an der Himmisport’n g’stand’n, hat gar nit g’wißt, wie ’s hi’kemma is.

Der Portner, der Petrus, hat’s glei‘ d’erseg’n und hat’s Thürl aufg’macht, des neb’n der groß’n Port’n g’west is. Er hat an‘ lange‘ graab’n Rock a’g’habt und a‘ blobi Bind’n um d’Schulter und ’s Diendl hat ’n verwundert groß a’g’schaugt.

»Grüß Di‘ Gott, Diendl«, sagt er und weil ’s a‘ bildsaubers Diendl g’west is, hat er ihm denkt, die is taugsam für an‘ schön‘ Eng’l.

»Ja‘ wo bin i‘ denn?« sagt sie ganz d’erschrocka.

»In‘ Himmi bist«, sagt der Petrus, »und wer‘ Di‘ glei‘ ei’weis’n lass’n in’s Paradies, aber z’erscht sag‘ ma‘, wo kimmst denn Du her?«

»I‘ bi‘ vo‘ Tegernsee dahoam und Sennderinn g’west auf der Gindlalm.«

»Ja na‘ kennst ebber aa‘ ’n Brandner Kasper?«

»Den alt’n Kasper moant’s, wer werd‘ den nit kenna. Er kehrt oft ei‘ in meiner Hütt’n, wann er auf d’Jagd geht.«

»Geht er no‘ auf d‘ Jagd, muaß ja scho‘ an‘ achtz’ger sei‘?«

»Ja wißts es, A’sitz’n thuat er halt die mehra Weil, ’s Birsch’n geht freili‘ nimmer recht, aber sonst is er no‘ guat bei’n Zeug.«

»Schau, schau, er sollt‘ schon aa‘ herob’n sei‘, i‘ wart‘ alli Tag d’rauf.«

»Derft’s scho‘ no‘ a‘ Wei‘ wart’n«, sagt’s Diendl, »bal’s wahr is, was an‘ diem oa‘ verzählt hamm.«

»No!? was is denn dees?«

»Sie sag’n halt, i‘ glaab’s aber nit, der Kasper hätt‘ amal mi’n Boanlkramer ‚kart‘ und hätt‘ der verspielt und derfet ’n der’ntweg’n vor sein‘ neunzigst’n Jahr nit furtnehma vo‘ der Welt. Der Kasper is a‘ Lustiga und hat ebba die G’schicht‘ amal oan‘ aufbund’n.«

»Wer woaß, wer woaß«, sagt der Petrus, »kunnt‘ ebbas d’ra‘ sei‘, da muaß i‘ aufpass’n. Aber Diendl, jetz‘ geh‘ da eini, i‘ schick‘ Dir glei‘ an‘ Eng’l nach, der Di‘ weiter führt. Du hast brav und frumm g’lebt auf der Welt, schau‘, der’ntweg’n bist jetz‘ aa‘ in‘ Himmi herob’n.« Und ’s Diendl bidankt si‘ und küßt ihm d‘ Hand und geht hi‘, wo er ihr hi’deut‘ hat; der Petrus aber schreibt glei‘ a‘ Vorladung an Boanlkramer und schickts‘ ihm. –

3. Teil

Den andern Tag in aller Frua is der Boanlkramer daherkemma ganz unterthäni‘ und demüthi‘, dees just nit allewei‘ sei‘ Sach‘ g’west is.

»Habt’s mi‘ ruafa lass’n, Herr Portner«, sagt er, »soll‘ Enk ‚was b’sorg’n?«

Der Petrus schaugt ’n a‘ Weil‘ ernsthaft a‘, na‘ sagt er: »Boanlkramer, was muaß i‘ vo‘ Dir hörn? Du führst Di‘ schö‘ auf, spielst mi’n Brandner-Kasper um’s Leb’n und verlierst no‘ ob’ndrei‘! Was san dees für Sachan, wie ko’st Di‘ so ebbas untersteh‘?!«

»Ja schaugt’s«, sagt der oa‘, »i‘ woaß ja, daß der Kasper da ‚rauf kemma soll und weil’s a so gnua Leut‘ herob’n habt’s, hon i‘ mir ‚denkt, es macht nix aus, wann er a‘ bißl spater kimmt.«

»An dees hast aber nit ‚denkt, gel‘, daß mit meiner Buachführung nix zammageht, bal‘ an‘ jeder ‚raufkimmt, wann er mag. Der Kasper is auf achtzgi ei’g’schrieb’n, is schö‘ gnua, und jetz‘ is er scho‘ d’rüber und Du gibst ihm gar neunzgi!«

Der Boanlkramer hat ‚was sag’n woll’n, aber der Petrus hat’n ganz fuchti‘ a’g’fahr’n: »Staad bist und glei‘ gehst abi und bringst ’n Kaspern ‚rauf oder i‘ jag‘ Di‘ aus’n Dienst, jetz‘ woaßt es.«

Da hat ihm der Boanlkramer nix mehr z’sag’n ‚traut und is ganz daasi‘ abg’schob’n. Die G’schicht hat ’n g’walti‘ verdroß’n. Mei‘ ‚Wort hon i‘ ’n Kaspern geb’n für die 90 Jahr, hat er denkt, und jetz‘ soll i’s nit halt’n; es mag mi‘ a‘ so koa‘ Mensch auf der Welt und wann’s aufkimmt, daß i‘ an‘ schlecht’n Kerl g’macht ho‘, na‘ derf i‘ mi‘ ninderscht mehr segn lass’n. Und hat ihm halt b’sunna hinum und herum, wier er aus den‘ Hand’l kemma kunnt. Er is aber allewei‘ an a’draahter Schlaankl g’west und so is ihm richti‘ ‚was ei’g’fall’n. Dees probirst, hat er ihm denkt, spannt sei‘ Wagerl a‘ und fahrt zum Kaspern. Der hat sei‘ Pfeifei g’raacht und just d’Zeitung g’les’n. Wie der oa‘ ‚rei’kimmt, hat der Kasper sei‘ Brill’n vo‘ der Nas’n abag’schob’n und schaugt halt, wer’s is. Er hat aber ’n Boanlkramer g’schwind d’erkennt, denn der is no‘ grad so zau’dürr g’west und der nämlichi Häuter, wie ’s erstimal, wo er ’n g’segn hat.

»Ja was willst denn Du?« hat er g’sagt, »i ho‘ Di‘ nit g’ruafa und was ausg’macht wor’n is, werst aa‘ no‘ wiss’n oder willst an‘ schlecht’n Kerl macha?«

»Nix, nix, fallt mer nit ei‘ und i‘ woaß, daß D‘ no‘ 9 Jahr‘ guat hast, da feit si‘ nix. I‘ ho‘ just in der Nachberschaft a‘ kloa’s G’schäft g’habt und da hon i‘ Di‘ b’suacha woll’n und schaug’n, was D‘ machst. Und weil i‘ mei‘ Wagerl da ho‘ und auf a‘ Plaatzl fahr’n muaß, wo ma‘ gar schö‘ in’s Paradies einischaug’n ko‘, so is mar ei’g’fall’n, daß i‘ Dir dees sag’n will, wann D‘ ebba mitfahr’n wollt’st.«

»Na‘, i‘ dank‘ Dir recht schö’«, hat der Kasper g’sagt, »i‘ bi‘ nit so neugieri‘, wie D‘ moa’st und bi‘ lieber dahoam, wo i‘ mi‘ auskenn‘, als an an‘ fremd’n Ort, wo i‘ nit woaß, wie’s is.«

»Ja«, sagt der oa‘, »Du moa’st ebba, daß D‘ dort bleib’n sollst, wo i‘ Di‘ hi’führ‘. Vo‘ den is koa‘ Red‘, es is a‘ Spatzierfahrt und in an‘ Stündl san ma‘ wieder da‘, denn mit mein‘ Rößl geht dees leicht.«

»Und ko‘ ma‘ wirkli‘ in’s Paradies einischaug’n?«

»Ja, versteht si‘, wann i’s amal sag‘.«

»Und in an‘ Stündl san ma‘ wieder da?«

»Wann Di‘ nit lang dort aufhalt’n willst, dees steht bei Dir, san mer in an‘ Stündl wieder da, so wahr i‘ Boanlkramer hoaß.«

Jetz‘ hat ’n Kaspern die G’schicht‘ do‘ begieri‘ g’macht, auf a‘ Stündl kann er ja mitfahr’n und a‘ wen’g einischaug’n in’s Paradies, von dem er scho‘ so viel g’hört hat. Und er holt sein guat’n Freund, ’n Kersch’ngeist, her und schenkt a‘ paar Glaasln ei‘.

»Weg’n mei’«, sagt er, »Boanlkramer, i‘ fahr‘ mit und Du bringst mi‘ wieder her! Da trink‘, es is frisch draußt.«

Und sie stöß’n a‘ und trinka und na‘ san s‘ ’naus. Da is a‘ schwarz’s Wagerl g’stand’n wier a‘ Trucha und a‘ Raappi a’g’spannt. Sie steig’n ei‘, der Boanlkramer schnalzt mit der Peitsch’n und jetz‘ san s‘ dahi’g’saust, daß der Kasper kaam ’n Huat d’erhebt hat und is ihm Hör’n und Seg’n verganga. Als wann s‘ der Sturm davo’traget, san‘ s‘ dahi‘ und aufamal is ’s finster wor’n und san Blitz‘ umanandg’fahr’n unter ihna und ober ihna und hat dunnert und ‚kracht, daß der Kasper g’schrie’n hat:

»Was is dees? Kehr‘ um, kehr‘ um!«

Da hat ihm der Boanlkramer in’s Ohr nei‘ g’ruafa: »Da hoaßt ma’s bei die schwarz’n Wolkan, da san die Dunnerwetter z’Haus, mir san aber glei‘ durch, derfst Di‘ nit fercht’n.«

Und richti‘ is ’s g’schwind wieder liacht wor’n und sie halt’n vor an‘ groß’n, groß’n G’schloß in‘ schönst’n Sunnaschei‘. An den G’schloß is a‘ golde’s Thor g’west und bei’n Seit’nthürl hat der Boanlkramer a’g’läut‘ und is glei‘ der Petrus rauskemma.

»No‘, Kasper«, sagt er, »bist amal da, jetz‘ geh‘ no‘ glei‘ eina, i‘ wer‘ Dir ’s Paradies zoag’n und werst a‘ Freud‘ d’ra‘ hab’n.«

Und nimmt ’n Kaspern bei der Hand und führt ’n eini, aber der Boanlkramer hat draußt bleib’n müssen. Und die zwoa stenga jetz‘ in an‘ weit’n Saal mit durchsichtigi Wand wie g’schliffe’s Spieg’lglas und da hat ma‘ weit ’nausg’segn in an‘ Gart’n mit die schönst’n Bloamen in alli Färb’n und mit großi Baam‘ voll‘ Aepfi und Birn und Pfersi‘ und Pomerantsch’n, grad a‘ Pracht, und der Kasper hat nit red’n kinna vor lauter Verwunderung. Und in den‘ Gart’n san die schönst’n Eng’l ‚rumg’wand’lt mit silberni Flüg’l und glanze’di Kranz’ln in‘ Haar, und daneb’n aa‘ viel‘, viel‘ Leut‘, und auf amal springa zwoa Bursch‘ daher und jux’n und ruafa: »Ja, grüß‘ Gott, Vater, grüß‘ Gott!« und er d’erkennt sein‘ Girgl und sein‘ Toni. »Jesses, meini Buab’n« schreit er und fallt ihna um ’n Hals, und da schau! sei‘ Traudl kimmt aa‘ daher und sei‘ Vater und Muatta und a‘ ganz‘ Rud’l vo‘ seiner Freundschaft und is a‘ »Grüß Gott« g’wen hinum und herum und a‘ Freud‘, daß ihm der Petrus, der zuag’schaugt hat, d‘ Aug’n g’wischt hat. Und in den‘ Gewurl fliegt aufamal a‘ kloaner Eng’l daher und sagt zum Kaspern: »Kasper, der Boanlkramer laßt Enk sag’n, er fahret jetz‘ wieder abi, ob’s mitfahrts?«

»Na‘, lieb’s Bübi«, sagt der Kasper, »sag‘ ihm, er soll no‘ alloa fahr’n, i‘ bleib‘ da und will nix mehr wiss’n vo‘ der Welt d’runt‘ und sag‘ Herr vergelt’s Gott tausendmal, daß ma‘ die Gnad‘ wor’n is, daß i‘ daher kemma bi‘.«

Dees is die G’schicht‘ von‘ Brandner-Kasper.

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