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Die Hälfte der Stadt: Teilanimierter Dokumentarfilm über eine polnische Kleinstadt vor dem Zweiten Weltkrieg und heute.

Handlung und Hintergrund

1890 erblickte der polnisch-jüdische Fotograf Chaim Berman in der Kleinstadt Kozienice das Licht der Welt. Bereits in jungen Jahren begann Berman damit, Fotos von dem Leben und den Menschen seiner Heimatstadt zu schießen. Vorzugsweise fertigte er Porträts der Einwohner von Kozienice und hielt damit fest, wie Polen, Deutsche und Juden friedlich miteinander lebten. Ab den 1930-er Jahren begann sich diese einträchtige Koexistenz dann jedoch umzukehren. Der inzwischen zum Gemeindepolitiker aufgestiegene Berman ließ sich von der zunehmend feindlicher werdenden Atmosphäre jedoch nicht davon abhalten, weiterhin seinen Aufnahmen zu machen. Selbst als er von der nationalsozialistischen Besatzungsmacht in ein Ghetto verfrachtet wird, hält er die Geschehnisse um sich herum mit seinen Fotos für die Nachwelt fest. Der Dokumentarfilmer Pawel Siczek nutzt die Fotos Bermans, um dessen Geschichte zu erzählen. In animierten Sequenzen stellt er dafür das Leben von Chaim Berman nach und durchmischt dies mit realen Aufnahmen von Kozienice und dessen Bewohnern. Er zeigt ihnen die Bilder, die für die Verbliebenen zu einer Zeitreise in die Vergangenheit werden. Erinnerungen an den Fotografen und die Umstände, in denen die Aufnahmen getätigt wurden, werden dabei geweckt, sowohl an die schönen als auch an die traurigen Momente.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Pawel Siczek
Produzent
  • Grit Wißkirchen,
  • Nicole Leykauf
Drehbuch
  • Pawel Siczek
Musik
  • Roman Bunka
Kamera
  • Daniel Samer
Schnitt
  • Ulrike Tortora

Kritikerrezensionen

    1. Chaim Berman kommt 1890 im polnischen Städtchen Kozienice zur Welt. Bereits sehr früh begeistert er sich für Fotografie und lernt sein Handwerk vom eigenen Vater. Schon vor dem Ersten Weltkrieg portraitiert er die Bewohner von Kozienice - Polen, Juden und Deutsche, die hier friedlich nebeneinander leben. Berman lebt das Ideal der friedlichen Koexistenz. Seine Überzeugungen stoßen auf Widerstände, als sich das politische Klima in den 1930er Jahren verfinstert und der brutale Chauvinismus sich in Europa immer weiter durchsetzt. Bis zum Schluss weigert sich Berman, Polen zu verlassen, da er an eine friedliche Lösung glaubt. Diese Haltung wird ihm zum Verhängnis, als seine Familie dem Holocaust zum Opfer fällt. Bermans ehemalige Freunde werden plötzlich zu Feinden, während Menschen, die er vorher nicht sonderlich schätzte, zu Rettern werden. Die Suche nach Chaim Berman und seinem Schicksal beginnt für den Regisseur Pawel Siczek mit den Glasnegativen, die Berman hinterlassen hat. Er fragt die Bewohner nach ihren Erinnerungen, er begleitet einen jungen Fotografen und seine Lebensgefährtin bei der Motivsuche im heutigen Kozienice. Und er begibt sich selbst auf die Suche nach dem Menschen, der Chaim Berman zuletzt gesehen hat. Es ist die Tochter von Antoni Kaczor, der die Bermans im Krieg bei sich versteckte. Ergreifend sind die Momente, wenn die nun ältere Dame nach Kozienice zurückkehrt und von damals erzählt, von den Momenten des Schreckens, des ständigen Auf-der-Hut-seins, der permanenten Bedrohung. Um die Erinnerungen zu visualisieren, bedient sich Siczek dem Mittel der Animation. Er nutzt sie auch als ein buntes, lebensbejahendes Mittel, um das zerstörte Leben zu rekonstruieren und über die polnische Welt der Zeit vor dem Krieg zu erzählen Zusätzlich berührt der Film durch die kluge und sensible Montage der einzelnen Szenen. Immer wieder kehrt der Film zu den Negativaufnahmen zurück. Ohne Kommentar lässt er die Fotografien wirken. Und dann kann man sich, ähnlich wie der Fotograf, der Faszination des Mediums nicht entziehen. Denn hinter jeder Fotografie steckt Chaim Berman selbst. Ein Mann, der wie so viele zum Opfer der Nazis wurde. Und der doch durch seine Aufnahmen und seine Überzeugungen unvergessen bleibt. Ein wichtiges filmisches Zeitzeugnis.

      Jurybegründung:

      Dies ist die Geschichte von Chaim Bermann, der 1890 in dem polnischen Städtchen Kozienice geboren wurde und dort bis zum Holocaust als Gemeindepolitiker und Fotograf lebte und wirkte. Sein Einsatz galt vor allem auch dem Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen aus Polen, Deutschen und Juden. Bis sich das politische Klima in der Stadt durch den Nationalsozialismus veränderte…
      Jahrzehntelang porträtierte Bermann die Menschen in seinem Umfeld. Rund zehntausend Porträts auf Glasnegativen sind seine Hinterlassenschaft und der Ausgangspunkt für Regisseur Pawel Siczek, das Leben des Urhebers und auch der Bewohner der Region in unsere Zeit zu übertragen. Ein Schatz von übergroßem Reichtum, der hier gehoben wurde und eine Reise durch eine fast vergessene Epoche. Gleichzeitig die wichtige Aufarbeitung der jüdischen Geschichte einer polnischen Stadt.

      Die filmische Dramaturgie ist außergewöhnlich und auf drei Erzählebenen werden uns die Menschen und ihre Schicksale nahegebracht. Da sind zum einen die noch vorhanden alten Fotos nach den Glasplatten. Dann die Erzählungen der Tochter von Berman und eines alten Ehepaares, ehemalige Nachbarn der Familie. Und zuletzt die bewegten Bilder vom heutigen Kozienice mit einer überraschenden „Bereicherung“. In diese bewegten Bilder werden sehr naive, aber auch reizvolle Animationen eingefügt, die immer etwas mit den Erzählungen der Protagonisten zu tun haben. Eine Form der Animation, welche als Reminiszenz an die naive Malerei der dortigen Region zu werten ist.
      Insgesamt ist dies nach Ansicht der Jury formal nicht nur ein außergewöhnlicher Dokumentarfilm, sondern auch eine außerordentlich verdienstvolle Aufarbeitung von Geschichte.

      Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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    2. Die Hälfte der Stadt: Teilanimierter Dokumentarfilm über eine polnische Kleinstadt vor dem Zweiten Weltkrieg und heute.

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